Seit mehr als 50 Jahren entwickelt Bausch+Ströbel mit Hauptsitz in Ilshofen Verpackungs- und Produktionssysteme für die pharmazeutische und artverwandte Industrie. Auf den Abfüll- und Verpackungsanlagen werden weltweit hochwertige flüssige und pulverförmige Arzneimittel in Spritzen, Vials, Karpulen oder Ampullen abgefüllt. Dies beginnt beim Reinigen und Sterilisieren der Objekte und reicht bis hin zum Etikettieren und zur Spritzenmontage. So trägt beispielsweise die Magaziniereinrichtung ME8081 durch effizientes und stückzahlgenaues Magazinieren unter anderem von Vials zur Optimierung von Produkten und Prozessen bei. Die Maschine bildet in der Regel den Abschluss einer Abfüll- und Verpackungsanlage, speziell für den Hochleistungsbereich mit entsprechend großer Ausbringung und hoher Prozesssicherheit, und kann zusätzlich mit Prüfeinrichtungen oder einer Objektbedruckung kombiniert werden.
Modular und mit Servoantriebstechnik
Zum Kennzeichnen von Vials und ähnlichen pharmazeutischen Behältern kommen Selbstklebeetiketten von der Rolle zum Einsatz. Um diese besonders schnell, prozesssicher und zuverlässig aufzubringen, wurde die Etikettiermaschine ESA1025 mit einem neuen modularen Etikettenspender ausgestattet. Dieser ermöglicht laut Hersteller eine exakte und schonende Etikettierung, eine schnelle werkzeuglose Umrüstung auf andere Objekt- und Etikettengrößen sowie durch die Servoantriebstechnik von Beckhoff auch eine erhöhte Druckqualität. Dabei baut die Anlage äußerst kompakt, da die gesamte Elektrik sowie die Steuerungskomponenten platzsparend in die Maschine integriert werden konnten.
Die hohen steuerungstechnischen Anforderungen lassen sich allein schon an der Komplexität des Prozessablaufs erkennen:
- Objekt-Durchtransport: Die Vials werden über eine Einlaufschnecke eintransportiert, die bei laufender Anlage auf den Haupt-Stern ein- und ausgekuppelt wird – aufgrund der Massenträgheit bei reduzierter Geschwindigkeit. Der Haupt-Stern kann, abhängig von der Objektgröße, unterschiedliche Sternteilungen (Übersetzungen) aufweisen, was bei der Kopplung mit der Einlaufschnecke und beim elektronischen Nockenschaltwerk relevant ist. Die Auslaufräder sind mechanisch mit dem Haupt-Stern gekoppelt und verfügen über keinen eigenen Antrieb.
- Massierung: Diese wird mit konstanter, vom Etikettenspender abgeleiteter Geschwindigkeit betrieben. Hier ist ein guter Gleichlauf erforderlich, um eine Faltenbildung zu vermeiden.
- Etikettierung: Der Etikettenspender wird getaktet betrieben, das heißt, der getriebelose Etikettenbandvorzug wird bei voller Geschwindigkeit alle 75 ms erneut gestartet. Der Stopp des Etikettenbandvorzugs erfolgt anhand eines Sensors, welcher die Lücke zwischen den einzelnen Etiketten erfasst. Eine spezielle Logik sorgt dafür, dass eine korrekte Positionierung auch bei fehlenden Etiketten (ausbleibende Trigger) erfolgt. Der Servoverstärker des Etikettenbandvorzugs generiert unterschiedliche, hochgenaue Triggersignale, die zur Ansteuerung der Vision- und Drucksysteme erforderlich sind.
- Optionen: Bei Bedarf lässt sich ein weiterer Antrieb integrieren, um die Bedruckung vom Etikettierprozess zu entkoppeln und so ein kontinuierlich laufendes Etikettenband zu ermöglichen. Für die Rundum-Vision-Inspektion kann zudem über eine mit dem Haupt-Stern per elektronischem Getriebe gekoppelte Rollierung erreicht werden, dass die Objekte bei jeder Maschinengeschwindigkeit im gleichen Winkel gedreht werden.
Die beim Transport von pharmazeutischen Behältern zusätzlich zu beachtenden Besonderheiten erläutert Gerald Kreft, Programmierer im Bereich Softwareentwicklung/Standardisierung bei Bausch + Ströbel: „Die Etikettiermaschine kann auch Objekte verarbeiten, die sehr dünnwandig wie Vials oder brüchig wie Ampullen mit Brechring sind. Außerdem darf am etikettierten Objekt kein kosmetischer Schaden, beispielsweise der Bedruckung, auftreten. Der Durchtransport muss also möglichst stressfrei erfolgen.“ Beim Etikettieren ist der aktuelle Trend weg von papierbasierenden Trägermaterialien hin zu Trägern aus möglichst dünnwandigem Kunststoff zu berücksichtigen, wie Gerald Kreft ergänzt: „Träger aus Kunststoff sind viel instabiler, also dehnbarer als Träger aus Papier. Dies erschwert die Verarbeitung im Hochgeschwindigkeitsbereich erheblich. Bei unserem neuen Etikettenspender kann die Bedruckung jedoch über einen separaten Servoantrieb vom Etikettierprozess entkoppelt werden, sodass wir auch bei Kunststoffträgern eine schnelle und exakte Positionierung der Bedruckung erreichen.“
Träger aus Kunststoff sind viel instabiler, also dehnbarer als Träger aus Papier.
Zentrale Steuerungsarchitektur
Beim Vorgängermodell der ESA1025 erfolgte die Ansteuerung der Servomotoren für den Etikettenspender und für den Durchtransport über jeweils separate Servoverstärker. Das Optimierungspotenzial durch die mit PC-based-Control realisierte zentrale Bewegungssteuerung erläutert Gerald Kreft folgendermaßen: „Bei der getrennten Ansteuerung mussten mehrere Kommunikationswege aufgebaut, verwaltet und gepflegt werden. Außerdem gab es mehrere Softwareprojekte, die separat gehandhabt und dokumentiert werden mussten. Mit der Zusammenführung aller Servoachsen in eine zentrale Twincat-Steuerung und einen höheren Standardisierungsanteil erreichen wir hier einen geringeren Gesamtaufwand. Außerdem wird mit PC-based-Control von Beckhoff der aufgrund des integrierten Schaltschranks ohnehin begrenzte Bauraum optimal genutzt.“
Die ESA1025 ist mit bis zu 48.000 Teilen pro Stunde ein sehr schneller Etikettenspender. Dazu Gerald Kreft: „Die tatsächlich erreichbare maximale Leistung hängt vom zu verarbeitenden Material, beispielsweise von der Vial-Größe und Etikettenlänge, ab. Die Abhängigkeit vom Etikettenmaterial konnte mit dem neuen Spender jedoch verringert werden. Die Zusammenführung aller Servoantriebe in einer zentralen Motion-Steuerung hat hier entscheidenden Anteil daran, und das wie erwähnt bei minimiertem Platzbedarf.“ Ein weiterer Vorteil liege im soft- und hardwareseitig modularen Aufbau. Dadurch könne das Etikettiersystem einfach auch auf anderen Maschinentypen eingesetzt werden. Zudem ließen sich bei Bedarf ohne großen Aufwand weitere Antriebe für Sonderlösungen einbinden, beispielsweise für die Objektübergabe an eine nachgeschaltete Maschine, heißt es.
Kern der zentralisierten Bewegungssteuerung bilden ein Beckhoff Embedded-PC CX2062 mit 8-Core-Prozessor und der Software Twincat sowie das Multiachs-Servosystem AX8000. Letzteres ist modular aufgebaut aus einem Einspeisemodul AX8620 sowie drei Doppelachsmodulen AX8206, welche die OCT-Servomotoren der Reihe AM8000 ansteuern. Das eingesetzte Spektrum an PC-based-Control komplettieren verschiedene Ethercat-Klemmen sowie die Bedieneinheit, bestehend aus einem Multitouch-Control-Panel CP3918 und dem per Einkabellösung CP-Link-4 angeschlossenen Schaltschrank-Industrie-PC C6930.