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(Bild: Beckhoff Automation Frankreich)

L’Oréal, ein führender Kosmetikhersteller, produziert und vertreibt weltweit Parfums, Make-up-, Körper-, Hand-, Gesichts- und Haarpflegeprodukte bekannter Marken. Speziell im wachsenden Luxussegment stellen Trends, wie eine zunehmende Individualisierung und geringe Fertigungsmengen, zusätzliche Herausforderungen an die Produktion. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, setzte sich der Vorstand der L‘Oréal-Gruppe das strategische Ziel, mehr Agilität in der Produktion zu erreichen.

Neuausrichtung der Produktion

Die Anlage für Make-up-Foundations im Werk Caudry bestand bislang aus mehreren Maschinen unterschiedlicher Hersteller, die in einem konventionellen Materialfluss durch Förderbänder und Zwischenspeicher verbunden waren. Die wachsende Bandbreite an Produktvarianten konnte diese Linie jedoch aufgrund ihrer begrenzten Flexibilität nicht abdecken, ebenso wenig die kostendeckende Produktion kleinerer Losgrößen.

Daher wurde eine grundlegende Neuausrichtung beschlossen: die Bereitstellung einer innovativen Linie mit optimierten Herstellungskosten, welche die Produktion aller Formate bei schnellstmöglichem Formatwechsel sicherstellen kann. Diese Linie Agile F24 wurde bei L’Oréal von einem neunköpfigen Team unter der Regie von Franck Lefort, Projektmanager bei der Division Luxe, geplant. Das Anforderungsprofil der Anlage wurde zusammen mit dem Maschinenbauer Secad entwickelt. Nach Evaluierung verschiedener Systemlösungen fiel die Entscheidung, die vorhandenen Maschinen durch eine einzige Linie basierend auf dem intelligenten Transportsystem XTS zu ersetzen.

Die größte Herausforderung bei der Neuimplementierung bestand laut Lefort darin, den Fertigungsprozess von der starren Maschinentaktung zu lösen: „War dies zuvor mit Förderbändern und Speichern zwischen den Maschinen gelöst worden, bestand ein Schlüsselvorteil des XTS in der individuellen Steuerung der Mover. Hierdurch wird eine Entkopplung des Maschinentaktes von der Dauer einzelner Bearbeitungsschritte ermöglicht, indem zeitaufwendige Stationen einfach entlang des Transportweges mehrfach ausgeführt werden. Das optimiert den Materialfluss und steigert die Produktivität.“

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Das kompakt bauende XTS mit 22 m umlaufender Streckenlänge und 40 Movern reduziert den Anlagenfootprint um 30 Prozent. (Bild: Beckhoff Automation Frankreich)

XTS als Kernelement

Das neue Anlagenlayout besteht im Kern aus einem XTS mit einer umlaufenden Länge von 22 m und 40 Movern. Die verschiedenen Stationen für die Abfüllung der Foundations sind entlang des intelligenten Transportsystems angeordnet. Dabei besteht die Abfüllung aus sechs Prozessschritten: das Zuführen der Flaschen, das Befüllen, das Anbringen von Dosierpumpe, Kappe und Etikett sowie die Entnahme des fertigen Produkts. Unterstützt wird die Zuführung durch einen Handlingroboter, der jeweils zwei oder drei leere Flaschen aus bereitgestellten Trays entnimmt und diese in die Halterung auf einem Mover setzt. Nachfolgende Arbeitsstationen übernehmen mit Robotern oder Handlingeinrichtungen die Befüllung, das Einsetzen einer Dosierpumpe oder je nach Produkttyp einer Pipette, das Verschrauben des Spenders sowie das Aufsetzen einer Kappe. Anschließend wird eine Laserkennzeichnung mit Farbton, Losnummer und Haltbarkeitsdatum sowie ein Etikett aufgebracht. Am Ende werden die gefüllten Behälter in leere Trays eingesetzt und einem Kartonierer zugeführt.

Reduzierter Anlagenfootprint und größere Flexibilität

Ein Schlüsselvorteil des XTS liegt in der individuellen Bewegung der Mover. So wird jede Flasche auf einem einzelnen Mover durch die Stationen transportiert. Entsprechend der erforderlichen Bearbeitungsdauer macht der Mover halt und kann nach dem Ende des Arbeitsschritts mit der Flasche in Richtung des nächsten Prozessschrittes beschleunigen. Die Notwendigkeit der Aufteilung unterschiedlich getakteter Bearbeitungsschritte auf einzelne Maschinen sowie aufwendiger Schnittstellen und Zwischenspeicher entfallen dadurch. Stattdessen sind mittels des XTS die vorherigen fünf Maschinen in eine einzelne Anlage integriert. Hierdurch und aufgrund der kompakten Bauweise des XTS wurde der Anlagenfootprint um 30 Prozent reduziert. Gemeinsam mit einer erhöhten Ausbringung der Anlage ergibt sich eine deutliche Steigerung der Flächenproduktivität. So kann L’Oréal auch in Zukunft einen steigenden Bedarf an Luxuskosmetik ohne eine Erweiterung der Produktionsfläche decken. Die sich hieraus ergebende Investitionssicherheit wird durch einen weiteren Kernvorteil des XTS, die gesteigerte Flexibilität, gestützt.

Durch die softwarebasierte Steuerung mittels Twincat kann XTS anhand entsprechender Parametersätze unterschiedliche Produktvarianten abbilden. Dies ermöglicht beispielsweise eine Verarbeitung verschiedener Formate, wodurch sich die Anzahl der erforderlichen Maschinen reduziert. Ein weiterer Nutzen entsteht in Bezug auf die Fertigung von minimalen Losgrößen: „XTS ist Kern einer neuen Lösung für das Unternehmen, der es uns erlaubt, in Sekundenschnelle auf einen anderen Farbton umzustellen, auf diese Weise die Losgrößen zu reduzieren und die Kundenanforderungen zu erfüllen“, führt Jean-Yves Vey, Betriebsleiter im Werk Caudry, weiter aus. Die für einen Formatwechsel benötigte Zeit konnte halbiert und die Verfügbarkeit der Anlage erhöht werden. An derselben Anlage können nun Losgrößen von wenigen hundert bis hin zu einigen Millionen Stück sowie sieben verschiedene Formattypen mit nur 40 statt bisher 300 Transportbehältern produziert werden. Zudem nennt Vey weitere Vorteile des durch Twincat gesteuerten XTS im Rahmen der Qualitätssicherung: „Das XTS-System wird zentral gesteuert, was die Aufgaben der Bedienung und besonders des Qualitätsmanagements wesentlich vereinfacht. Dazu gehören die Probenentnahme, das Leerfahren der Linie bei Bedarf und das Kontrollwiegen – alles Aufgaben, die RFID-unterstützt und vollautomatisch erfolgen.“

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Franck Lefort, Projektmanager bei der Division Luxe von L’Oréal, demonstriert den einfachen Zugriff auf die zentrale Liniensteuerung an einem der komfortablen Multitouch-Control-Panel von Beckhoff. (Bild: Beckhoff Automation Frankreich)

Ganzheitliche Automatisierungslösung

Neben dem XTS werden weitere Automatisierungsaufgaben in Twincat realisiert, sodass sich für die gesamte Anlage eine einheitliche und zentrale Steuerungsplattform ergibt. So sind zusätzlich die Ablaufsteuerung mit SPS-Software und die integrierte Achssteuerung, eine Cloud-Anbindung und weitere Maschinenfunktionen, beispielsweise Robotik und HMI, in Twincat realisiert. Zusätzliche Beckhoff-Komponenten finden unter anderem mit den platzsparenden, schaltschrankinstallierten HD-Ethercat-Klemmen oder den Ethercat-P-I/O-Modulen in Schutzart IP 67 Verwendung. Die direkt in der Nähe der Sensoren und Aktoren positionierbaren Ethercat-P-Komponenten leiten Kommunikation und Power über nur eine Leitung weiter und vereinfachen so die Verkabelung.

Für den Aufbau der Linie liefert Automatisierungstechnik-Hersteller Beckhoff zudem 39 Servomotoren AM8000, die zusammen mit den Ethercat-Servomotorklemmen EL7211 beziehungsweise den Servoverstärkern AX5000 als Antriebsachsen in verschiedenen Handlingeinrichtungen dienen. Hier wird der Verkabelungsaufwand durch die One Cable Technology (OCT) – Übertragung von Power und Feedbacksignalen in einer Standard-Motorleitung – reduziert.

Zusammenarbeit mit Zukunftspotenzial

Mithilfe von XTS und PC-based Control konnte eine Produktionslinie entwickelt werden, die eine flexible, zukunftssichere Kosmetikherstellung gemäß hohen Qualitätsanforderungen und neuen Verbrauchererwartungen ermöglicht. Der Bediener kann den gesamten Prozess mitsamt aller Qualitätskontrollen und Stichproben selbstständig steuern und einen Formatwechsel schnell und einfach durchführen. Nach diesem ersten Erfolg hat sich die L’Oréal-Gruppe entschlossen, die Zusammenarbeit mit Beckhoff in einer langfristigen Partnerschaft für die Implementierung von weiteren modular aufgebauten, agilen Produktionslinien fortzuführen.

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Unternehmen

Beckhoff Automation GmbH & Co. KG

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