Rasant und immer individueller – so lässt sich der Wandel der Konsumententrends in der Getränkeindustrie am besten beschreiben. Was heute Konjunktur hat, ist morgen schon wieder uninteressant für die Verbraucher. Wurde früher über einen langen Zeitraum lediglich der Schokodrink konsumiert, ist es heute der Schokochino in der Light-Variante, morgen vielleicht der laktosefreie Joghurt-Drink und übermorgen der vegane Mandelmilch-Latte-Macchiato. Die Industrie muss hier mithalten und entsprechend Maschinen zur Herstellung und Abfüllung der Getränke im Turboprinzip umrüsten. Viele häufige Produktwechsel sind gefragt, genauso wie kleine Chargen und Bechermengen. Das bringt aber auch einen höheren Reinigungsaufwand und wachsende Reinigungszyklen mit sich – wofür die Maschinen und Komponenten ausgelegt sein müssen.
Jedoch nicht nur der Konsumentenwunsch nach Abwechslung, sondern auch das Thema Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung. Verpackt und versiegelt die horizontale Füll- und Verschließmaschine heute noch Getränkebecher mit Aludeckel, wachsen die Ansprüche an die Getränkehersteller: nachhaltige Verpackungen aus Glas sind dabei ebenso gefragt wie Becher aus Monomaterial, beispielsweise wiederverwendbares Polypropylen. Damit verändern sich aber auch die Maßstäbe für den Versiegelungsprozess, wie die benötigte Zeit zum Versiegeln und die verwendete Temperatur. Wie können Maschinenbauer diese Anforderungen erfüllen und Maschinen für die Getränkeindustrie auf den Markt bringen, die ein schnelleres Umrüsten in der Abfüllung ermöglichen und dabei die hygienischen Vorschriften erfüllen?
Flexibel an Marktanforderungen anpassen
SEW-Eurodrive hat diesen Wandel im Blick und darum eine ganzheitliche Automatisierungslösung kontinuierlich entwickelt, die es ermöglicht, Maschinen schneller umzurüsten und die gestiegenen Ansprüche in puncto Hygiene und den Versiegelungsprozess zu realisieren. „Unser Starterset Horizontal Fill and Seal progressive – Hygienic 637 eignet sich für den aseptischen Bereich und erfüllt somit die hohen Ansprüche der Getränkeindustrie“, kommentiert Alexander Hack, Strategic Portfolio Manager bei SEW-Eurodrive. „Die enthaltenen Komponenten sind perfekt aufeinander abgestimmt – was es Maschinenbauern ermöglicht, schnell die einzelnen Automatisierungskomponenten zu nutzen und dadurch Maschinen flexibel marktgerecht anzupassen.“ Dabei wurde das Starterset mit speziellen Komponenten für den aseptischen Bereich ausgestattet.
Um Anforderungen an hygienische Reinigbarkeit, wie die einfache Reinigungsfähigkeit und Resistenz gegen Reinigungsmittel zu erfüllen, setzt SEW-Eurodrive im neuesten Starterset auf Edelstahl-Servomotoren der Baureihe CM2H. Diese sind speziell für den Einsatz in Maschinen der Lebensmittel- und Getränkeproduktion geeignet und wurden in einem hygienischen Design ohne Ecken, Kanten oder Hohlräume konzipiert. Sie erfüllen damit die hohen Ansprüche der Hygiene, sind langlebig und leicht zu reinigen.
Die kompakten Einheiten aus Synchron-Servomotoren und Planetengetriebe sind IP69K-zertifiziert und damit resistent gegen Hochdruck, Heißdampf und korrosive Reinigungsmittel. Die Antriebe lassen sich auch für wirksame, aber für Antriebskomponenten herausfordernde, automatisierte Reinigungsverfahren wie Cleaning in Place (CIP) und Sterilizing in Place (SIP) einsetzen.
Hygiene beginnt bei der Software
„Darüber hinaus haben wir auch eine weitere Besonderheit bei der Abfüllung von Flüssigkeiten im Blick“, erklärt Hack. Denn hier besteht die Gefahr, dass die Flüssigkeit durch den Taktbetrieb der Maschine aufschwingt und überschwappt. Das kann beispielsweise zu Siegelproblemen durch Verschmutzungen führen – was den Ausschuss erhöht und so die Gesamtanlageneffektivität (OEE) senkt.
„Natürlich wäre es auch möglich, die Taktrate zu reduzieren. Das hätte dann aber wiederum eine negative Auswirkung auf die Produktivität – kein wünschenswerter Zustand für die Betreiber und Maschinenbauer“, so Hack.
Gezielt für die horizontale Füll- und Verschließmaschine hat SEW-Eurodrive darum spezielle Softwarefunktionen entwickelt: Das Softwaremodul Movikit Antislosh. „Dieses Modul reduziert das ungewünschte Schwappverhalten erheblich – es verkürzt also die Zeit, die eine Flüssigkeit nach einer Bewegung zur Beruhigung benötigt“, erläutert Hack. In der Praxis bedeutet das: Die Getränkeabfüllung in Becher kann weiterhin in hoher Taktzahl erfolgen, ohne dass es zum Überschwappen und zur Verschmutzung kommt – was sich positiv auf die OEE auswirkt.
Automatisierungslösung aus einer Hand
„Mit dem Starterset Horizontal Fill and Seal progressive – Hygienic ist es uns gelungen, die hohen Anforderungen des aseptischen Bereichs mit den vielfältigen Vorteilen des Starterset zu verbinden“, erklärt Alexander Hack. Dieses besteht aus einer Art modularem und fein skalierbarem Baukasten – und ist somit als durchgängige Automatisierungslösung sofort einsetzbar und flexibel erweiterbar.
Die enthaltenen Software- und Hardwarepakete sind aufeinander abgestimmt – Kunden bekommen so die gesamte Automatisierungslösung aus einer Hand. Durch diese Vorselektion der Grundkomponenten können Maschinenbauer den Aufwand für Projektierung und Programmierung und somit die gesamte Projektlaufzeit um mehrere Wochen verkürzen.
Das Starterset enthält neben den erwähnten Edelstahl-Servomotoren der Baureihe CM2H die übergeordnete Steuerung Movi-C Controller für die Automatisierung und Bewegungssynchronisationen, maschinentypische I/O-Module, ein webbasiertes HMI-Operator-Panel zur einfachen Maschinenbedienung sowie für die applikative Umsetzung in der Steuerung das Movikit-Bundle Fillseal.
Dieses Softwarebundle besteht aus 15 Movikit-Softwarebausteinen, zu denen auch das Movikit Antislosh zählt. Diese Bausteine decken alles an Funktionalitäten ab, was für die Automatisierung von horizontalen Füll- und Verschließmaschinen benötigt wird: Lizenzen für das Programmiertemplate Automation Framework, Web-Visualisierung, OPC UA-Datenserver, Kurvenscheibenfunktionalität, schwingungsfreie Bewegungsprofile, Unterstützung von Feldbus-Master und weitere maschinentypische Funktionen (Wickeln, Schneiden und Siegeln).
Ein weiterer Vorteil: Die Movikit-Module sind vorprogrammiert und können so in kurzer Zeit einfach in Betrieb genommen werden, in dem sich wichtige Funktionen schnell durch Parametrierung realisieren lassen.
SEW-Eurodrive arbeitet darüber hinaus mit einer frei programmierbaren Codesys-Umgebung, die es Maschinenbauern ermöglicht, spezifische Anpassungen vorzunehmen. So kann das individuelle Know-how des Maschinenbauers mit in die Maschinen einfließen, Programmieraufwand für Standardfunktionen hingegen entfällt.
Durchgängige Kommunikation
Für Verpackungsmaschinen besonders hervorzuheben ist der Softwarebaustein Movikit Automation Framework. Dieser nach Packaging Machine Language (Pack ML) standardisierte State- und Mode-Manager bildet eine „Hülle“ für das Anwenderprogramm. Somit arbeiten alle im Automation Framework enthaltenen Softwaremodule mit dem gleichen Zustand (State) – sie begeben sich zusammen in Warteposition oder starten gemeinsam. Wird ein neues Modul integriert, ist es Teil dieser Synchronisierung. Das vereinfacht Anlagenerweiterungen oder -veränderungen deutlich und spart am Ende Zeit und Kosten bei der Inbetriebnahme und Diagnose.
Um eine durchgängige Kommunikation zu unterstützen, gibt es im Pack ML-Standard die Schnittstelle Packtag, die ermöglicht, dass ein- und ausgehende Maschineninformationen standardisiert sind. Datenzugriffe nach externen Schnittstellen werden mithilfe des Softwarebausteins Movikit OPC UA ermöglicht. „Somit kommunizieren Maschinen innerhalb einer Produktionslinie mit derselben Sprache und nachfolgende Aufgaben wie externe Datenvisualisierung sind einfach möglich“, erklärt Hack.