Es scheint (fast) ein Wundermittel zu sein: Hyaluron-Gel gilt als wahrer Jungbrunnen für die Haut. Der Grund: Das Gel führt der Haut gezielt Feuchtigkeit zu. Das funktioniert gut, weil nur 1 g des Grundstoffs,, Hyaluronsäure,, bis zu 6 l Wasser binden kann. So entsteht ein Wasserspeicher, der die Haut elastisch macht.
Entsprechend begehrt ist das Gel, und die Zellwag Pharmtech AG – ein Unternehmen der Schweizer Rychiger AG – hat eigens für diesen Wirkstoff eine vollautomatische Füll- und Verschließanlage entwickelt. Die Anlage vom Typ Z-810 R-2 füllt unter Reinraumbedingungen Spritzen mit HA-Gel und verschließt sie. Beide Prozesse finden unter Vakuum statt – logisch, denn Luft unter die Haut zu spritzen ist höchst gefährlich und muss daher vermieden werden.
Mit diesem Projekt bewegt sich Zellwag in seinem zentralen Kompetenzbereich, denn das Unternehmen mit Sitz in Frauenfeld (/ Schweiz) hat sich auf die Entwicklung und Herstellung von Füll- und Verschließanlagen für die Pharma-, Healthcare- und Kosmetikindustrie spezialisiert. Weltweit ist die Zellwag Pharmtech AG für die Planung und den Bau von kundenspezifischen Multiformat-Maschinen bekannt und wird aufgrund des ressourcenschonenden und hoch automatisierten Betriebs der Anlagen geschätzt.
Abfüllen von Kosmetik unter Vakuum
Bei der Konzeption der „Z-810 R-2“, die das Schweizer Unternehmen an einen russischen Hersteller von Kosmetikprodukten geliefert hat, steht ein blasenfreies Mischen, Auspressen und Abfüllen im Vordergrund. Ohne Lufteintrag wird das Gel zur Abfüllanlage transportiert und mit einer aufgesetzten Auspressplatte unter Vakuum sicher zugeführt.
Ein weiteres Kennzeichen der Multiformat-Anlage ist das hohe Maß an Flexibilität. Auf ein und derselben Abfülllinie lassen sich genestete und sterile Gebinde mit unterschiedlichen Formaten wie Spritzen, Vials und Kartuschen aus Glas oder Kunststoff verarbeiten.
Roboter für Handling steriler Abfüllungen
Durch den Einsatz des Sechsachs-Roboters Stäubli TX2-90 Stericlean konnte ein platzschonendes Anlagenlayout zum Handling von Spritzen, Vials und Cartridges konzipiert werden. Im Arbeitsraum des Roboters wird ein verschlossener Tub mit 100 vorbereiteten und sterilen Spritzen bereitgestellt. Ein Linearsystem entfernt die Tyvec-Folie, ein zweites Linearsystem hebt die in einem Nest befindlichen Spritzen an.
Der Roboter greift das Netz mit den Spritzen und führt sie in einem 90°-Schwenk der Abfüllstation zu. Dort hält er die Spritzen präzise unter das Abfüllventil und zwar so, dass jeweils zwei gleichzeitig befüllt werden. Nach 50 Zyklen sind alle Spritzen gefüllt. Der hochdynamische Stericlean-Roboter stellt sie zurück in den Tub, der von einem Fördersystem zur Weiterverarbeitung transportiert wird.
Auf diese Weise werden Abfüllleistungen bis 2.200 Spritzen pro Stunde erreicht, wobei die Grenzen hier von der Viskosität des Gels gesetzt werden und nicht vom Roboter: Bei wasserähnlichen Flüssigkeiten sind bis zu 6.000 Abfüllvorgänge in der Stunde möglich.
Von Grund auf für Sterilbedingungen entwickelt
Der gesamte Prozess findet in einer sterilen Umgebung statt – der Einsatz konventioneller Roboter wäre unter diesen Bedingungen schlicht unmöglich. Die weltweit einmaligen Stäubli Stericlean-Ausführungen jedoch können auch in keimfreien Umgebungen arbeiten. Diese Roboterbaureihe wurde speziell für den kritischen Einsatz in aseptischen Produktionsbereichen der GMP-Klasse A entwickelt und haben sich inzwischen tausendfach bewährt.
Die Kinematik der Stericlean-Sechsachser ist voll gekapselt und mit Spezialdichtungen abgedichtet, die Verkabelung innenliegend. Es gibt keine Toträume, sondern stattdessen glatte Oberflächen, die die Bildung von Verunreinigungen von vorneherein verhindern. Mit diesem Eigenschaftsprofil können den „Pharma-Robotern“ selbst regelmäßige Sterilisations- und Dekontaminationsprozesse mit Wasserstoffperoxid (H2O2) nichts anhaben.
Integration spart Programmieraufwand
Eine weitere besondere Eigenschaft der TX2-Baureihe ist bei diesem Einsatz ebenso vorteilhaft. Die Rede ist von der Unival PLC-Schnittstelle. Sie ermöglicht das Programmieren des Roboters über Speicherprogrammierbare Steuerungen der bekannten Hersteller, in diesem Fall einer Siemens-SPS. Damit entfallen aufwendige Subsysteme und schwierig durchschaubare Schnittstellen, von der Programmierung bis zur Qualifizierung. Damit können Programmierer weiterhin in ihrer bekannten Umgebung arbeiten, ohne sich die Roboter-Programmiersprache aneignen zu müssen.
Da Zellwag das TIA-Portal von Siemens nutzt, ist die Arbeitserleichterung nochmals größer: Der Stäubli-Roboter lässt sich, basierend auf einer TIA-Bibliothek, im Engineering-Tool von Siemens programmieren. Diese zentrale Programmierung reduziert nicht nur – aufgrund der geringeren Anzahl an Subsystemen und Schnittstellen – den Programmieraufwand massiv. Sie steigert auch die Funktionalität und Effizienz der Anlage. Und sie bietet beste Voraussetzungen für Prozessanpassungen und Formaterweiterungen auch nach der Inbetriebnahme. Darüber hinaus ist sie offen für wachsende Anforderungen an die Datenerfassung, Datenverarbeitung und Qualifizierung.
Ahmad Asraf, Teamleiter Automation bei Zellwag, ist von den Vorteilen dieser integrierten Lösung überzeugt: „Die Applikation hat die Programmierung der Anlage massiv erleichtert.“ Ohne sie hätten die Kollegen den Roboter für jedes Gebindenest separat konfigurieren müssen, was einen sehr großen Aufwand bedeutet hätte. „Bereits bei der Programmierung für das erste Spritzennest haben wir mithilfe der Applikation 30 Prozent der Zeit eingespart. Bei jedem weiteren Gebindenest, dass wir der Anlage zuweisen, sind wir nun sogar doppelt so schnell wie früher.“ Zudem, so Ahmad Asraf, sei die Applikation selbsterklärend – eine kurze Einführung bei Siemens reichte aus.
Mit dem Stäubli Stericlean-Roboter konnte Zellwag eine effiziente Lösung für die Abfüllung von Hyaluron-Gel realisieren – unter sterilen Bedingungen, auf kompaktem Raum, bei hoher Flexibilität und mit minimalem Programmieraufwand. Die pharmagerechte, hygienekonforme Ausführung des Roboters und die Unival PLC-Schnittstelle schaffen dafür wesentliche Voraussetzungen.
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