
Ralf Schubert sieht großes Potential für den Einsatz von KI im Maschinenbau – auch in Sachen Nachhaltigkeit. (Bild: Gerhard Schubert GmbH)
neue verpackung: Herr Schubert, wir wollen uns heute ein wenig über die Rolle von KI im Maschinenbau unterhalten. In welchen Bereichen spielt die KI bei Schubert bereits eine Rolle?

Ralf Schubert: Künstliche Intelligenz (KI) ist sicher kein Allheilmittel für die heutigen Anforderungen in der Verpackungsbranche, kann aber, sinnvoll eingesetzt, Prozesse vereinfachen und beschleunigen. Ich sehe überall dort Chancen für den Einsatz von KI, wo die Programmierung mit Algorithmen nicht funktioniert, Algorithmen zu aufwendig oder zu langsam sind. Ein anschauliches Beispiel, wie KI auf Basis neuronaler Netze für ein einfaches Handling und hohe Flexibilität beim Kunden sorgt, ist der Schubert-Cobot Tog 519.
Als Grundlage für die Steuerung des Tog 519 nutzen wir eine selbst entwickelte, KI-gestützte Bildverarbeitung. Sie erkennt sowohl die Produkte beim Aufnehmen als auch die Umgebung, in der sie platziert werden sollen. Dafür benötigen wir keine hochpreisige 3D-Kamera, eine übliche 2D-Kamera reicht vollkommen aus. Selbst für das Bin-Picking, denn hier erzeugt die KI die für den Cobot notwendigen 3D-Bilder einfach aus den gelieferten Kamerabildern. Das neuronale Netz des Cobots ist so umfassend trainiert, dass der Roboter neue Produkte aus derselben Produktgruppe sofort verarbeiten kann.
Bei Schubert verhilft KI nicht nur dem Cobot zum „Sehen“, sondern den Robotern in den Verpackungsmaschinen auch zu besseren Bahnen. Genauer gesagt, zu effizienteren Bewegungsabläufen, genannt Schubert Motion. Mit der KI-gesteuerten Software lassen sich die Bewegungen der Verpackungsroboter auf Schnelligkeit, signifikante Schwingungreduktion oder sogar Energieeffizienz optimieren. Schubert Motion bedeutet, dass wir die Bahnen der Roboter mithilfe einer KI erzeugen und auf diese Weise verbessern. Gegenüber programmierten Roboterbahnen von Menschen sind diese Bewegungsabläufe bis zu 20 Prozent schneller, sparsamer im Energieverbrauch und schonender für die Mechanik, die weniger belastet wird.
Für mich ist und bleibt Einfachheit der Schlüssel für die Verpackungstechnologie und damit auch für die Maschinen der Zukunft. Was in dem Zusammenhang hochinteressant sein könnte, ist KI zur Programmierung, zur Problemlösung und zum Wissensmanagement.
neue verpackung: Wissensmanagement – das ist in Zeiten des Fachkräftemangels ja besonders relevant. Wie gehen Sie hier vor?
Schubert: Absolut, darum haben wir unseren Schubert Machine Finder entwickelt. Diese Software dokumentiert alle Maschinen der Firma Schubert – inklusive ihrer Performance, Verpackungstypen und weiteren Daten. So können Konstrukteure einfach auf frühere Projekte zurückgreifen. Wir arbeiten aktuell daran, dies noch einfacher zu gestalten, etwa durch KI-gestützte Suchfunktionen ähnlich einer Google-Abfrage.
Ein gutes Beispiel aus der Praxis: Während der Coronapandemie hatten wir ein Projekt, an dem wir an einer bestimmten Stelle alle ins Knobeln kamen und bestimmt zwei Stunden lang Lösungen entwickelten und wieder verwarfen. Dann erinnerte sich plötzlich jemand in der Runde, dass wir vor rund 20 Jahren eine ganz ähnliche Maschine gebaut hatten. Einen Anruf beim damaligen Konstrukteur später konnten wir uns die technische Zeichnung von damals ansehen und feststellen, dass das genau die Lösung war, die wir vorher lange gesucht hatten. Hier könnte uns KI künftig noch schneller machen.

neue verpackung: Wenn Maschinen im Einsatz sind, liefern sie wertvolle Daten. Könnte KI hier helfen, den Betrieb nachhaltiger zu gestalten?
Schubert: Ja, das Potenzial ist hier prinzipiell groß. Bei unseren rund 700 Maschinen im Feld, die über unser GS-Gate im Datenaustausch mit uns stehen, könnte eine KI häufige Fehler analysieren und beispielsweise die Top-Ten-Probleme identifizieren. So könnte ein Betreiber dann, sollte etwas nicht funktionieren wie gewünscht, direkt von der Maschine Hinweise bekommen, was das Problem sein könnte. Ich glaube aber, dass es am Ende doch immer einen Menschen brauchen wird. Denn wenn beispielsweise eine Schachtel schlecht verschlossen wird, dann kann dies extrem viele Ursachen haben: Das Aufrichten der Schachtel ist ein wenig schief, das Verschließwerkzeug defekt, die Zuschnitte sind feucht und so weiter… damit die Maschine hier selbst entscheiden könnte, was definitiv der Fehler ist, bräuchte es Unmengen an verbauten Sensoren. Und das würde die Maschine dann wieder komplexer und damit fehleranfälliger machen – also das Gegenteil von dem, was wir eigentlich erreichen wollen.
Daneben sehen wir auch bei der Optimierung von Energieeffizienz und Materialausbeute Chancen. Aktuell ist jedoch die Datenmenge, die uns zur Verfügung steht, oft noch zu klein, um wirklich umfassende KI-Lösungen zu entwickeln. Herausfordernd kommt hinzu, dass unsere Maschinen in aller Regel Unikate sind, was Ableitungen von einer auf die andere Maschine schwierig macht. Wir nutzen aber bereits KI-Ansätze, um beispielsweise die Analyse von Mitarbeiterfeedback und Betriebsdaten zu verbessern.
neue verpackung: Wo sehen Sie die Zukunft des Maschinenbaus, wenn immer ausgereiftere KI zum Einsatz kommt? Wird sie künftig Konstrukteure ersetzen?
Schubert: KI kann und wird unsere Konstrukteure unterstützen – aber nicht ersetzen. Unsere Maschinen sind sehr individuell, und die Datenmenge, die wir pro Jahr generieren, reicht schlicht nicht aus, um KI vollumfänglich einzusetzen. Die Expertise und Kreativität der Menschen bleiben also essenziell. KI ist ein Werkzeug, kein Ersatz. Dennoch sehe ich große Chancen darin, wie KI den Entscheidungsprozess und die Optimierung künftiger Lösungen unterstützen kann.
neue verpackung: Abschließend: Welchen Tipp würden Sie anderen Unternehmen geben, die KI in ihre Prozesse integrieren möchten?
Schubert: Es ist wichtig, den Mitarbeitern die Freiheit zu geben, Neues auszuprobieren, und die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Der Einstieg sollte über praktische Anwendungen erfolgen, bei denen der Nutzen klar erkennbar ist. So bleibt die Hemmschwelle gering, und der Fortschritt wird Schritt für Schritt erlebbar. Und natürlich ist es entscheidend, dabei den Fokus auf echte Mehrwerte für Kunden und Prozesse zu legen. Gerade am Anfang sollte man aber vor allem nicht allzu akademisch an die Sache herangehen. Meine Empfehlung: einfach machen.
Ralf Schubert auf der Packaging Machinery Conference
Wenn Sie das Thema KI im Maschinenbau auch spannend finden und mehr dazu von Ralf Schubert hören und sehen möchten, dann sollten Sie gleich Ihr Ticket für die Packaging Machinery Conference lösen, die am 4. und 5. Juni 2025 in München stattfindet. Hier wird Schubert die Inhalte des Interviews noch einmal vertiefen, aktuelle Entwicklungen vorstellen – und natürlich auch in den Dialog mit dem Publikum treten.
Weitere Infos zu Veranstaltung und den Link zu Eventseite finden Sie im Kasten unter diesen Zeilen.
Packaging Machinery Conference 2025 – jetzt anmelden

Nach der erfolgreichen Erstausgabe der Packaging Machinery Conference am 11. und 12. Juni 2024 stand schnell fest, dass unsere Veranstaltung für den Verpackungsmaschinenbau in die zweite Runde geht. Und zwar am 04. und 05. Juni 2025 in München.
Auch in diesem Jahr haben wir mit unserem Fachbeirat, bestehend aus Richard Clemens, Geschäftsführer Fachverband Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen des VDMA, Verpackungsexpertin Valeska Haux, Jana Götz, Strategic Business Development Manager bei SEW-Eurodrive, Prof. Dr.-Ing. Matthias Niemeyer, CEO der Uhlmann Group, sowie Christian Traumann, CEO und Sprecher der Geschäftsführung der Multivac Group, spannende Themen und Speaker gefunden, die auf aktuelle Herausforderungen des Verpackungsmaschinenbaus eingehen.
Das Programm mit den Themenblöcken Nachhaltigkeit, Automatisierung/Digitalisierung, Regularien sowie Globalisierung finden Sie auf der unten verlinkten Event-Seite.
Infos zur Veranstaltung, inklusive Rückblick und Anmeldung für 2025 gibt es hier.