Eine maßgeschneiderte Verpackung aus ESD-Kunststoff für eine Elektronikplatine.

Schutz für die wertvolle Elektronik: Eine maßgeschneiderte Verpackung aus ESD-Kunststoff für eine Elektronikplatine. (Bild: Klaus Vollrath)

Um optimalen Schutz zu bieten und zugleich wirtschaftlich zu sein, sollten antistatische Trays und Verpackungen maßgeschneidert ausgelegt werden, weiß Reto Grütter, Geschäftsführer der Grütter Kunststoff und Formen AG in Hombrechtikon, Schweiz. Statische elektrische Spannungen zwischen Kunststoffflächen und geerdeten Komponenten können schnell einige 100 bis 1.000 Volt erreichen. Durch Überschlag (ESD, ElectroStatic Discharge) kann es zu Schäden an elektronischen Bauteilen oder Baugruppen kommen. Schutz bieten leitfähige Unterlagen oder Verpackungen. Dabei sollten die betreffenden Teile jedoch nicht wie Schüttgut behandelt werden. Insbesondere bei automatisierten Prozessen, die eine lagerichtige Zuführung erfordern, werden solche Teile in der Produktion meist in passend geformten Trays transportiert. Für den Versand gibt es ebenfalls maßgeschneiderte Verpackungen.

Entscheidende Voraussetzung für ihre Herstellung ist die Leitfähigkeit der verwendeten Kunststoffe. Diese wird in der Regel erreicht, indem nicht leitfähigen Kunststoffgrundmassen bei der Herstellung feines Graphitpulver zugemischt wird. Das Rohmaterial wird zumeist in Form von Halbzeug (Folien oder Platten) geliefert, die anschließend tiefgezogen oder geprägt werden. Bei dickwandigen, hohlen Teilen kann auch das Rotationsgießen eingesetzt werden. Hierbei wird leitfähiges Kunststoffgranulat in eine Metallform gefüllt. Darin wird es zunächst aufgeschmolzen und anschließend unter ständiger taumelnder Bewegung abgekühlt. In der Form entsteht so ein Hohlkörper mit der gewünschten Geometrie. Auch hierbei ist die Verwendung von ESD-Kunststoffen möglich.

Reto Grütter (links) und Jannis Petros vor einer modernen Tiefziehanlage.
„Zum Design moderner Produkte gehört heute auch die Auslegung der entsprechenden Prozessketten und Produktions-Hilfsmittel“, Reto Grütter (links) und Jannis Petros vor einer modernen Tiefziehanlage. (Bild: Privat)

Werkstoffe für ESD-Verpackungen

„Aufgrund bestimmter Eigenschaften der ESD-Kunststoffe gibt es nur eine Handvoll Unternehmen, die überhaupt ESD-Verpackungen anbieten“, ergänzt Jannis Petros, Leiter Vertrieb und Technische Beratung bei Grütter. Das Unternehmen beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit diesem Thema und erzielt damit dank seines breiten Know-hows rund 20 % seines Umsatzes. Übliche Werkstoffe sind PS und PET, Copolymere sowie bei Schaumstoffen Polyethylen. Letzterer kommt vor allem in geschlossenporiger Form für formangepasste Einlagen zum Einsatz, mit denen das Innere von Trays oder Verpackungen ausgepolstert wird. Um Kunden schnell bedienen zu können, werde im Unternehmen eine ganze Reihe von Tiefziehwerkstoffen mit unterschiedlichsten Eigenschaften in einer Vielzahl von Wanddicken auf Lager gehalten. Auf Wunsch sind auch kundenspezifisch maßgeschneiderte Mehrschichtfolien beziehungsweise -platten mit zwei oder gar drei Schichten erhältlich. Für die Beschaffung kann sich Grütter auf ein weitgespanntes und leistungsfähiges Netzwerk bewährter Lieferanten stützen, sodass auch größere Materialmengen oft kurzfristig bereitgestellt werden können.

Aufgrund der Graphitbeimengung sind diese Werkstoffe zumeist schwarz, mit Ausnahme zum Beispiel dünner PET-Folien, die durchsichtig-rauchig erscheinen. Das Material wird je nach Erfordernis in Form von Folien oder Platten bezogen und durch Tiefziehen oder Prägen geformt. Attraktiv ist dabei unter ESG-Gesichtspunkten der hohe Anteil an Regenerat, der in vielen Fällen bei 80 % liegt. Im Hause anfallende Materialreste werden sortenrein erfasst und direkt wieder an spezialisierte Recycler verschickt.

Tray aus ESD-Kunststoff.
Individuell für das jeweilige Produkt ausgelegtes Tray aus ESD-Kunststoff. (Bild: Klaus Vollrath)

Beratung ist das A und O

„Solche Verpackungen müssen oft gleichzeitig unterschiedlichste Zwecke erfüllen. Die Ermittlung des sowohl technisch als auch kostenmäßigen Optimums erfordert daher viel Erfahrung und Know-how“, verrät Reto Grütter. Das beginne bereits mit der Festlegung der Anforderungen und der Auswahl des für den Anwendungsfall geeignetsten Werkstoffs. Dabei gehe es um Werkstoffwissen ebenso wie darum, wie die Kosten für individuelle Anpassungen insbesondere bei kleineren und mittleren Stückzahlen im vertretbaren Rahmen gehalten werden können. Das beste Ergebnis finde sich in der Regel dann, wenn sich der Kunde so früh wie möglich im Entwicklungsprozess neuer Produkte mit den Spezialisten von Grütter zusammensetze. Im Team werden dann alle mit der Produktions- und Versandlogistik zusammenhängenden Fragen gemeinsam geklärt. Zunächst gehe es dabei um die erforderliche Stabilität beziehungsweise Belastbarkeit sowie den Schutz vor Stoßbelastungen. Weitere Fragen betreffen die Stabilität beim Stapeln im gefüllten Zustand in der Produktion oder auch der Transportkostenminimierung durch Raumersparnis beim Rücktransport leerer Gebinde. Zusätzliche Aspekte sind die Sicherheit gegen Verwechslungen oder die Eindeutigkeit der Orientierung. Bei automatisierten Prozessen sind außerdem die zulässigen Lagetoleranzen zu klären. All dies beeinflusst die Wahl des Werkstoffs und der erforderlichen Wanddicke. Um die Eignung der Entwürfe abzusichern, kann Grütter vorab Prototypen für Versuche im 3D-Druckverfahren erzeugen, noch bevor teure Werkzeuge angefertigt werden. Der dann für den 3D-Druck eingesetzte Werkstoff ist leitfähig und somit für ESD-Anwendungen geeignet.

Variabilität als Kostenbremse

„Wenn diese Punkte geklärt sind, rücken Kostenfragen in den Vordergrund. Tiefzieh- oder Prägewerkzeuge werden aus Metall gefertigt und sind entsprechend kostenträchtig“, sagt Jannis Petros. Hier empfehle sich bei unterschiedlichen Produkten beispielsweise die Verwendung eines Grundrahmens mit jeweils angepassten Einsätzen. Dies habe unter anderem den Vorteil, dass Standfläche und Stapeleigenschaften aller Trays im Unternehmen einheitlich mit den Gegebenheiten an den Produktionseinrichtungen übereinstimmen. Für unterschiedliche Produkte könne man dann beispielsweise einheitliche Trays verwenden, die an das jeweilige Produkt durch entsprechend geformte Einsätze aus Schaumstoff adaptiert werden. Manchmal ließen sich Einsätze auch so auslegen, dass sie für unterschiedliche Bauteile verwendbar sind. In anderen Fällen ergebe es Sinn, jeweils angepasste Trays zu erzeugen, indem in den Formrahmen entsprechende Einsätze eingelegt werden. Dabei sei es je nach den Gegebenheiten auch möglich, statt kostenaufwendiger metallischer Einsätze preiswertere keramische Formbestandteile zu verwenden, die im 3D-Druckverfahren hergestellt werden. Dank langjähriger Erfahrung verfüge die Grütter-Mannschaft über viel Know-how, was derartige Tricks und Kniffe für kostengünstige Lösungen angehe.

Entwicklungspartner mit Nah-Vorteil

„Bei der Entwicklung und auch bei der Herstellung können wir unseren Kunden einen entscheidenden Vorteil bieten: Gebündelte Kompetenz in ihrer Nähe“, bekräftigt Reto Grütter. Man habe eine eingespielte Mannschaft von langjährig erfahrenen Fachleuten aus allen Bereichen, auf die es ankomme. Dazu gehören die Konstruktionsabteilung, der im eigenen Unternehmen angesiedelte Formenbau und die Spezialisten aus der Produktion. Diesen Mitarbeitern stehen moderne IT-Tools sowie verschiedene 3D-Drucksysteme für die Herstellung von Prototypen oder Vorrichtungen zur Verfügung. Der Kunde finde daher auf allen Ebenen hoch qualifizierte Ansprechpartner, die untereinander bestens vernetzt sind und an einem Strang ziehen. Da alles aus einer Hand komme, gebe es keine Schnittstellen zu anderen Unternehmen. Auch sprechen die Mitarbeiter dieselbe Sprache, kommen aus dem gleichen kulturellen Umfeld und haben die gleichen Arbeitszeiten. Abgerundet wird das Ganze durch ein leistungsfähiges, nach ISO 9001: 2015 zertifiziertes Managementsystem.

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