Die Styroporbox der Iceguerilla ist für vier Becher ausgelegt. Daneben sind die Trockeneis-Packs zu sehen.

Die Styroporbox der Iceguerilla ist für vier Becher ausgelegt. Daneben sind die Trockeneis-Packs zu sehen. (Bild: Schaumaplast)

Speiseeis mit der Post versenden – geht nicht? „Das muss gehen", sagte sich Ralf Schulze aus dem brandenburgischen Beeskow, als er die Gründung der „Iceguerilla.de" plante. Sein Onlineshop ist bisher der einzige in Europa, der den Kunden die Möglichkeit bietet, eigene Eiskreationen zusammenzustellen und sie sich ins Haus liefern zu lassen. Das Vorhaben war anspruchsvoll: Es geht

um Transportzeiten bis 56 Stunden und sommerliche Umgebungstemperaturen im Paketauto bis 70 °C. Selbst dann dürfte die Temperatur im Inneren des Pakets circa -14 °C nicht überschreiten, denn sonst würde die Eiscreme zu unansehnlicher Soße zerlaufen. Schnell war klar, mit einem Karton, auch wenn er innen gut isoliert wäre, könnte das Projekt nicht gelingen. Die Wahl fiel auf eine individuell gestaltete Verpackung aus Styropor, denn dieses Material bietet gute Isolationseigenschaften zu akzeptablen Kosten. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Styropor macht den wirtschaftlichen Versand von kühlpflichtigen Produkten überhaupt erst möglich. Und das Produktdesign kann die großen Freiheiten bei der Formgebung perfekt nutzen.

Vom Standard bis zum individuellen Engineering

Die Versandverpackung der Iceguerilla ist eine Spezialanfertigung von Schaumaplast in Nossen und patentrechtlich geschützt. Darin finden vier Eisbecher und die Beutel mit Trockeneis Platz. Kühlbehälter sind ein wachsender Unternehmenszweig von Schaumaplast. Der international tätige Hersteller von Formteilen aus Partikelschäumen entwickelt Kühlverpackungslösungen für temperatur- und stoßempfindliche Produkte für Pharma, Food und Industrie. Der Komplettservice umfasst die Lieferung von Thermoboxen, Kühlelementen, Phase Change Materials (PCM), GDP-konformen und pre-qualifizierten Kühlsystemen sowie das Engineering und die thermische Auslegung. Das Unternehmen greift dabei auf ein 90 Größen umfassendes Standard-Behälterprogramm zurück. Dennoch gestaltet der Anbieter in vielen Fällen, wie auch dem der Iceguerilla, den Behälter exakt auf die Kundenbedürfnisse hin. „Für uns war der Kontakt mit Schaumaplast ein Glücksgriff. So konnten wir in sehr kurzer Zeit unsere Idee in die Realität umsetzen. Die einmalige Unterstützung der Mitarbeiter von Schaumaplast bei Versuchen und Messungen ist super professionell", kommentiert Schulze rückblickend.

Über 800 Lebensmittel-Onlinehändler versenden derzeit in Deutschland ihre Ware im Paket, knapp 180 davon Frischeprodukte. Für diese Gruppe wird eine stringente Temperaturführung zum qualitätsbestimmenden Merkmal. Geregelt sind die zulässigen Temperaturen in der DIN10508:2012-03. Markus Hoffmann koordiniert bei Schaumaplast Vertrieb und Technik. Er empfiehlt allen Akteuren in diesem Business, sich mit den Risiken des Versandes von Frischeprodukten zu beschäftigen und die Möglichkeiten moderner Kühlverpackungslösungen kennen zu lernen.

Weltneuheit: Styropor aus Biomasse

Schaumaplast ist das erste Unternehmen, das Thermoboxen aus dem neuen Rohstoff „Biomass Balance Styropor" der BASF anbietet. Styropor respektive „Airpop" ist expandierbares Polystyrol, kurz EPS, das aus Naphtha entsteht, bis dato ein Erdölprodukt. Zum Herstellen von Biomass Balance Styropor kommt Bio-Naphtha zum Einsatz, bei dem der Hersteller die fossilen Rohstoffe vollständig durch Biomasse, wie pflanzliche Abfälle, pflanzliche Öle oder Gase, ersetzt. Im Gegensatz zu PLA-basierten Partikelschäumen ist Biomass Balance Styropor mit seinem fossilen Pendant bezüglich Rezeptur und der mechanischen und thermischen Eigenschaften absolut identisch.

Für den Anwender ändert sich nichts, denn er kann auch diese Styroporteile über die gewohnten Kanäle, wie Gelber Sack oder Wertstofftonne, dem Recycling zuführen. Derzeit findet bereits etwa die Hälfte der im Umlauf befindlichen Styropor-Verpackungen in Deutschland den Weg zurück in die stoffliche Verwertung, der Rest wird energetisch verwertet. Die Iceguerilla beabsichtigt, ihre Eisverpackung künftig auf das neue Material umzustellen. „Es ist fabelhaft, dass Styropor, das so ideal für Kühlverpackungen geeignet ist, jetzt auch aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden kann", begründet Schulze seine Absicht. Die Thermobox aus Biomasse-Styropor trägt zur CO2-Einsparung bei und unterstreicht die Einzigartigkeit des Iceguerilla-Konzepts.

Die Umweltvorteile des Werkstoffs sind nicht nur etwas für Eis-Gourmets: 1 kg Biomasse-Styropor Granulat spart etwa 1,25 kg fossiles Naphtha beziehungsweise etwa 1,64 kg CO2-Äquivalent ein. Das Ganze funktioniert ähnlich wie Ökostrom. Jedes Kilogramm Biomass Balance Styropor muss durch die entsprechende Menge von nachwachsenden Rohstoffen bilanziert werden. Eine unabhängige Zertifizierung durch den TÜV stellt sicher, dass BASF die für das biomassenbilanzierte Produkt benötigten Mengen an fossilen Rohstoffen zu Beginn der Produktion durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt hat.

Komplexe Planung, maßgeschneiderte Lösung

Zu Beginn eines Projektes klären die Fachleute von Schaumaplast die Anforderungen ab: Geht es um eine Einweg- oder eine Mehrweg-Lösung? Sind es immer vier Becher Speiseeis? Oder mal eine einzelne Wurstpackung und beim nächsten mal 5 kg Joghurt? Welchen Temperaturbereich gilt es einzuhalten und inwieweit sind Unter-/Überschreitungen zulässig? Kann der Kunde Außentemperaturprofile zur Verfügung stellen, auf die der Anbieter das System auslegen soll? Wodurch ist der „Worst-Case" beschrieben? Wie lange dauert der Transport, 24 Stunden, 48 Stunden? Gibt es mögliche Ausnahmen von dieser Transportdauer? Dazu gehört: Empfänger nicht angetroffen, Retoure, Zwischenlagerung am Wochenende. Gibt es für diese Ausnahmen eine logistische Lösung, oder sollen auch diese Ausnahmen über das passive Kühlsystem abgedeckt werden? Je mehr Ausnahmen und Sonderfälle mit dem gleichen System abzudecken sind, desto aufwendiger fällt die Lösung aus.

Es ist einfacher, wenn Schaumaplast für den Sommer andere Verpackungen planen kann als für den Winter. Eine (aufwendigere) Alternative sind Ganzjahres-Bestückungen. Hoffmann dazu: „Hier gilt, dass das System dann deutlich robuster ausgestaltet werden muss, da die Unter-/Obergrenzen beispielsweise bei -10 °C Außentemperatur genauso eingehalten werden wie bei 50 °C und das mit identischer Bestückung und Box." Der Wunsch nach einer Ganzjahres-Bestückung wird sehr häufig geäußert („scheinbar einfacher"). „Wenn allerdings auch bestimmte Temperaturuntergrenzen nicht unterschritten werden dürfen, und wir dann aufzeigen, wie viele gefrorene und temperierte Kühlelemente und welche Wandstärken erforderlich sind, ändert der Interessent häufig seine Meinung...", schmunzelt Hoffmann.

Die Wahl des Materials hängt überwiegend davon ab, ob die Box nur einmal oder öfter unterwegs ist. Bei Einwegverpackungen ist EPS das bevorzugte Material. Mit einer Wärmeleitfähigkeit von etwa 0,034 W/mK gehört EPS zu den Schaumkunststoffen mit den besten Isolationseigenschaften. Raumgewichte von 20 bis 30 kg/m3 sind bei EPS-Boxen die Regel. Expandiertes Polypropylen, EPP, ist mechanisch robuster, also eine gute Wahl bei Mehrwegverpackungen. Die Isolationseigenschaften sind ebenfalls exzellent und reichen mit etwa 0,036 bis 0,040 W/mK fast an die von EPS heran.

Ob fossile oder nachwachsende Rohstoffe: am Endprodukt ist kein Unterschied festzustellen.
Ob fossile oder nachwachsende Rohstoffe: am Endprodukt ist kein Unterschied festzustellen. (Bild: Schaumaplast)

Coole Begleiter für sichere Transporte

Die Überlegung, die sich daran anschließt, betrifft die Auswahl der Kühlelemente. Das Angebot reicht von Gelpacks für den Einwegversand, Kühlkissen mit individueller Größe, über Mehrweg-Hartschalenakkus bis zu Foam Bricks, das sind formstabile Kühlelemente mit Schaumkern. Die unterschiedlichen Schmelzpunkte des Mediums in den Kühlelementen entscheiden über die zu erzielenden Temperaturbereiche.

Tests in der Klimakammer stellen sicher, dass die geforderten Werte eingehalten werden.
Tests in der Klimakammer stellen sicher, dass die geforderten Werte eingehalten werden. (Bild: Schaumaplast)

Jetzt kommt es in jedem Projekt an den Punkt, wo entschieden werden muss, ob es möglich ist, die Anforderungen mit Standardkomponenten umzusetzen, oder ob eine individuelle Box und spezielle Kühlelemente notwendig sind. Wann sich die Serienfertigung lohnt, hängt sehr vom Einzelfall ab. Hoffmann: „Wir haben schon Werkzeuge gemacht für Abrufe von nur 50 Serienteilen. Aber selten sind es weniger als 500 bis 1.000 Boxen, für die ein eigenes Werkzeug gebaut wird. Bei geringen Mengen würden wir in erster Linie versuchen, auf unser Standardprogramm von über 90 Boxengrößen zu gehen. Der Kunde muss dann bei kleinen Serien nicht in ein Werkzeug investieren."

Erfahrung ist gut, Berechnung ist besser

Die Ingenieure von Schaumaplast haben bei der Auslegung der Behälter zwar ein sicheres Gespür entwickelt, orientieren sich aber am Ende an der thermischen Berechnung. Diese erfolgt unter Berücksichtigung der einzuhaltenden Temperaturgrenzen des Produkts, der erforderlichen Transportdauer und dem Außentemperaturprofil. Als Temperaturprofile werden kundeneigene oder Standards wie ISTA oder AFNOR herangezogen.

Für die praktische Erprobung fräsen die Ingenieure einen Prototyp aus einem massiven Block des entsprechenden Partikelschaums, der dann kurzfristig für Praxistests zur Verfügung steht. So können sie die Leistung der neu entwickelten und mit Kühlelementen bestückten Thermobox schon vor dem Serienstart in einem Klimakammertest überprüfen. Hierbei kooperiert Schaumaplast auch mit ISTA-zertifizierten Laboren. In der hauseigenen Klimakammer kann das Unternehmen Temperaturprofile von -20 bis 50 °C „fahren". Der Kunde erhält eine schriftliche Dokumentation zur Performance seiner neuen Thermoverpackung. Reale Versuche in der Logistikkette des Kunden überwachen Datenlogger.

Gibt der Kunde grünes Licht, baut das Unternehmen die Schäumwerkzeuge. Mit den ersten damit geschäumten Boxen werden in der Regel nochmals Klimakammertests durchgeführt und alle Parameter validiert. Ist alles im grünen Bereich, kann die Serienfertigung beginnen.

Für Sie entscheidend

Ressourcenschutz mit Biomasse Styropor
Der Einsatz von 1 t Biomasse-Styropor spart im Vergleich zu „herkömmlichem" Styropor ein Äquivalent von circa 1,7 t CO2 ein. Dies entspricht in etwa einer 10.000 km langen Autofahrt (bei einem Verbrauch von 6,9 l Benzin pro 100 km). 

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