neue verpackung: Automatisierung mittels Robotik wird in den kommenden Jahren beim Packaging weiter rasant zunehmen. Wie vermuten Sie, wird sich hier die Nachfrage zwischen klassischen Applikationen wie fest verbauten Pick & Place Robotern und mobilen Cobots aufteilen?
Daniel Navarro: Wir beobachten, dass globale Entwicklungen – etwa der Arbeitskräftemangel, der Kundenwunsch nach mehr Personalisierung oder steigende Nachhaltigkeitsanforderungen – die robotergestützte Automatisierung beschleunigen. Neben Produktivität und Qualität sind heute vor allem Flexibilität und Einfachheit ausschlaggebend. Dabei kommt es auf eine kluge Kombination an: Mit Industrierobotern als auch mit flexiblen kollaborativen und autonomen mobilen Robotern (AMR) schöpfen Unternehmen das volle Automatisierungspotenzial aus.
ABB ist das einzige Unternehmen, das ein komplettes Portfolio an Lösungen für Maschinenautomatisierung, Robotik und mobile autonome Roboter anbietet. Wir liefern, auch dank der Übernahme von B&R im Jahr 2017, das gesamte Spektrum an integrierten Hardware- und Softwarelösungen rund um Steuerung, Antrieb, Robotik, Sensorik sowie Analytik und Elektrifizierung. Kurzum: Wir sind der One-stop-shop-Anbieter für Lösungen in den Bereichen Verpackung, Verarbeitung und Palettierung. Welcher Robotertyp bei Verpackungsprozessen zum Einsatz kommt, hängt individuell zum Beispiel vom verfügbaren Platz, der eigentlichen Aufgabe sowie dem Grad der Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden ab.
Mit flexibel einsetzbaren Robotiklösungen lassen sich Anpassungen bei Verpackungsprozessen schnell umzusetzen. Damit können Unternehmen beispielsweise auf kürzere Produktlebenszyklen, sich ständig weiterentwickelnde Verpackungsdesigns sowie viele Produktvariationen reagieren. Dies betrifft sowohl die Kommissionierung, die eigentliche Verpackung als auch das Palletieren verpackter Produkte. Neue Technologien und Software-Innovationen helfen zudem dabei, dass Roboter schnell in Prozesse integriert und einfach programmiert werden können.
Ein Beispiel ist unser Robotic Depalletizer: Die Lösung ist schnell einsatzfähig und kombiniert Industrieroboter, Bildverarbeitung und Software zu einem leistungsstarken Gesamtpaket, um komplexe Depalettieraufgaben zu bewältigen. Dank der vollintegrierten Software und Bildverarbeitungstechnologie kann der Depalettierroboter eine Vielzahl von Palettengrößen, Kartons oder Palettierungsmustern verarbeiten. Das schafft Entlastung für die Mitarbeitenden und ein Plus an Wettbewerbsfähigkeit für Unternehmen.
Bei der Investitionsentscheidung gilt es, neben dem Anschaffungspreis, wichtige Faktoren wie eine einfache Programmierung zur schnellen Inbetriebnahme, die Flexibilität des Roboters oder innovative Service- und Support-Angebote des Herstellers mit einzubeziehen.
neue verpackung: Den Unternehmen fehlen nicht nur die Fachkräfte an der Linie, sondern auch solche, die einen Roboter aufwendig programmieren können. Welche Rolle spielen darum intuitive Teaching-Funktionen und KI bei der Entwicklung neuer Robotik-Lösungen bei ABB?
Navarro: Um die Automatisierung auch bei Unternehmen voranzutreiben, die bisher kaum oder wenig automatisiert haben, ist eine einfache Programmierung zur schnellen Inbetriebnahme sowie Bedienung für eine hohe Akzeptanz bei den Mitarbeitenden entscheidend. Ganz ohne spezielles Programmier-know-how erfolgt die Programmierung von ABB-Robotern etwa mit Wizard Easy Programming, das auf einfachen grafischen Blöcken basiert, die Aktionen repräsentieren. Auf diese Weise gelingt es schnell und intuitiv, eine Reihe einfacher Prozesse zu erstellen, die der Roboter ausführt. Bei Lead Through Programming führt der Mensch den Roboterarm, etwa der Cobots Yumi oder Swifti, intuitiv an die gewünschten Positionen und speichert diese über eine grafische Benutzeroberfläche ab. Aufgrund der immer komplexeren Automatisierung wird es zunehmend wichtiger, solch intuitive Instrumente bereitzustellen.
Uns ist wichtig, die Einstiegshürden für Robotik zu reduzieren. Herkömmliche Roboter benötigen etwa aufwendig installierte Zellen mit Schutzzäunen, Lichtschranken oder ähnlichem. Mit sicherheitszertifizierter Software, wie Safemove von ABB, kann jeder Roboter in eine kollaborative Anwendung integriert werden. Mitarbeitende können so direkt mit Industrierobotern interagieren, ohne dass weitere Schutzmaßnahmen notwendig sind.
wickelt sich in der Robotik stetig weiter. Sie ermöglicht heute bereits, gesammelte Daten in nützliche Informationen umzuwandeln, sodass Roboter langfristig autonom, selbstlernend oder selbstoptimierend sein werden. Es geht nicht darum, menschliche Fähigkeiten zu kopieren. Wir wollen Roboter in die Lage versetzen, in unstrukturierten Umgebungen zu arbeiten. Dazu ist es wichtig, dass sie bestimmte Muster erkennen und in der Lage sind, ihre Fehler selbstständig zu korrigieren. KI wird insgesamt dazu beitragen, Verpackungsprozesse effizienter, zuverlässiger und produktiver zu machen – davon profitieren alle. Dank Machine Vision und künstlicher Intelligenz (Vision AI) kommissionieren Roboter etwa Objekte verschiedener Form und Größe eigenständig und ohne vorherige Detail-Programmierung. Zudem etablieren sich selbstlernende Roboter zunehmend.
Daniel Navarro im Profil
Daniel Navarro ist Leiter der Business Line Consumer Segments and Service Robotics bei ABB Robotics. Er hat diese Funktion seit Juli 2022 inne und war zuvor als Chief Operating Officer (COO) der Business Line tätig. Davor leitete er die globale Business Line Packaging und war General Manager von ABB Robotics in Polen. Daniel Navarro kam 1998 zu ABB und hatte verschiedene lokale und globale Positionen im Unternehmen inne, unter anderem im Projektmanagement, in der Geschäftsentwicklung, im Vertrieb, im Marketing und im Management lokaler Divisionen. Er verfügt über einen Abschluss in Automatisierungs- und Elektrotechnik sowie über einen Master-Abschluss in Maschinenbau und Robotik von der Universitat Politècnica de Catalunya (Spanien).