Nach erfolgreicher Risikobeurteilung können Cobots direkt neben dem Menschen arbeiten.

Nach erfolgreicher Risikobeurteilung können Cobots direkt neben dem Menschen arbeiten. (Bild: Universal Robots)

Ob am Ende der Fertigungslinie, in Lagerhallen oder Handwerksbetrieben: Wo Waren palettiert werden, ist das Bewegen schwerer Lasten an der Tagesordnung. Nicht selten müssen mehrere Tonnen pro Schicht gewuchtet werden. Unter solchen Belastungen leidet nicht nur die Gesundheit der Angestellten, sondern auch die Produktivität des Betriebs. Schließlich sind Rückenschmerzen der häufigste Grund für krankheitsbedingte Fehlzeiten im Job, wie Krankenkassen-Statistiken zeigen.

Lösungen zur automatischen Palettierung von Produkten, die auf herkömmlichen Industrierobotern basieren, sind bereits seit Langem am Markt verfügbar. Doch häufig sind sie sperrig, kostspielig, kompliziert zu inte­grieren und anzupassen. Ihre Anschaffung ist vor allem für kleine und mittlere Unternehmen daher oft keine Option. Für sie schließen kollaborierende Roboter die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit bei der Automatisierung. Sie können exakt und stabil Kartons, Kisten, Trays und vieles mehr palettieren und depalettieren. Möglich ist ihr Einsatz am Ende der Fertigungslinie und auch in Lagerhallen oder Handwerksbetrieben. Insbesondere Cobots, die für höhere Traglasten konzipiert sind, decken dabei ein breites Anwendungsspektrum ab.

Der dänische Cobot-Hersteller Universal Robots hat die Traglast seines neuen UR10E deshalb von 10 auf 12,5 kg angehoben. Denn die Kombination aus höherer Traglast und der Reichweite von 1.300 mm ermöglicht einen flexiblen Einsatz des Roboters. Er lässt sich variabel bei unterschiedlichen Anwendungen wie Materialumschlag, Verpacken und Palettieren einsetzen, bei denen schwerere Teile und Produkte gehandhabt werden.

Fünf Bausteine für den Erfolg

Damit die Automatisierung mit Cobots die gewünschten Ergebnisse im Hinblick auf die Entlastung der Mitarbeiter und die Produktivitätssteigerung liefert, muss die Lösung im Vorfeld gründlich geplant werden. Dazu gilt es, die richtigen Bausteine zu finden und sie Stück für Stück zusammenzufügen. Fünf Faktoren sind für den erfolgreichen Praxiseinsatz entscheidend:

Der Cobot: Die Basis für die Automatisierung von Palettieraufgaben ist der kollaborierende Roboter. Hier ist ein einfach zu bedienender, leistungsfähiger Cobot mit großer Reichweite und hoher Traglast die richtige Wahl.  Er kann mehrere Kartons gleichzeitig handhaben, wodurch sich der Durchsatz der Anwendung erhöht. Bei der Entscheidung für das passende Modell sind der Arbeitsbereich und das Gewicht der Kartons zu berücksichtigen.

Die Greiftechnik: Auch mit Blick auf das Greifer-Modell sind mehrere Aspekte zu beachten. Zum einen muss der Greifer in Kombination mit dem Roboterarm die erforderliche Traglast ermöglichen. Zum anderen muss er den gewünschten Kartontyp verarbeiten können. So sind manche Produkte nur bedingt dafür geeignet, Wellpappe oder Leichtkarton zu fassen. Darüber hinaus ist die Antriebsart des Greifers zu bedenken: Verfügt eine Anlage bereits über saubere Druckluft, kann ein pneumatisches Modell sinnvoll sein. Einige Greifer benötigen eine externe Stromversorgung, die eingeplant werden muss.

Die Stellfläche: Häufig sind die Platzverhältnisse in der Produktion beengt. Bei einem gut durchdachten Layout nimmt nicht der Cobot, sondern die Palette den meisten Raum ein. Um das zu erreichen, muss im Vorfeld überlegt werden, wo der Karton ankommt und wo er abgestapelt werden soll. Die meisten Applikationen sind als platzsparende Doppelpaletten-Setups eingerichtet. Ist eine Palette fertig bestückt, beginnt der Cobot sofort mit der Arbeit an der nächsten. Das steigert Auslastung und Durchsatz der gesamten Anlage, denn der Mitarbeiter kann die fertige Palette bereits abholen, während der Cobot kontinuierlich weiterarbeitet. Möglich wird dies beispielsweise mithilfe von Bereichsscannern. Sie verlangsamen die Bewegung des Cobots, sobald ein Bediener in seinen Arbeitsbereich tritt.

Das Stapelmuster: Um Paletten sicher bis zur maximal zulässigen Höhe bestücken zu können, ist das Stapelmuster entscheidend. Steht das Muster fest, muss es in die Koordination des Roboters übersetzt werden. Hier sind Cobots mit integriertem Palettierassistenten eine große Hilfe. Dieser führt den Anwender durch wenige Schritte, um Stapelmuster, Abmessungen der Palette, Anzahl der Positionen und Musterbewegungen zu programmieren. Anschließend erzeugt der Palettierassistent automatisch alle Bahnen und Roboterbewegungen der Palette.

Das Sicherheitssystem: Wo Mensch und Roboter zusammenarbeiten, verlangt das Thema Sicherheit besondere Aufmerksamkeit. Cobots in Palettieranwendung bewegen häufig schwere Lasten in einem möglichst effektiven Tempo auf Augenhöhe. Potenzielle Risiken sind unter Einhaltung geltender Vorschriften zu beurteilen und zu mindern.  Hier können Integratoren Unternehmen mit ihrer Expertise unterstützen. Gegebenenfalls kann der Einsatz von Schutzvorrichtungen um die Palettiereinheit herum sinnvoll sein.

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Kollaborierende Roboter bewegen ohne Ermüdungserscheinungen schwere Lasten und arbeiten dabei mit hoher Präzision. (Bild: Universal Robots)

Schnelle Integration durch vorausschauende Planung

Sind die Komponenten ausgewählt und geliefert, geht es an die Umsetzung. Wie lange die Integration im Einzelfall dauert, ist von den entsprechenden Produktionsanforderungen des Betriebs abhängig. Der Zeitaufwand für die Definition neuer Schnittstellen zwischen Cobot und Maschine und das Ergänzen weiterer Automatisierungsschritte ist je nach Komplexität unterschiedlich. Die reine mechanische Eingliederung eines Cobots – ohne notwendige Vorarbeiten – kann jedoch bereits an einem Arbeitstag erfolgen.

Generell gilt: Für eine schnelle Integration ist Vorbereitung der Schlüssel zum Erfolg. Um kollaborierende Roboter rasch zu integrieren, sollten Unternehmer sich vorher Gedanken machen, wie der zu automatisierende Arbeitsprozess abläuft. Dabei ist es hilfreich, einzubeziehen, welche Handgriffe die Mitarbeiter bislang ausgeführt haben, um die Aufgabe zu erledigen. Je genauer der zu automatisierende Arbeitsprozess definiert ist, desto rascher ist der Cobot einsetzbar. Bei komplexeren Projekten, die sich durch unterschiedliche Funktionen auszeichnen, sollten die gewünschten Prozesse detailliert analysiert und Integratoren früh in die Überlegungen mit eingebunden werden – eine Simulation der künftigen Anlagen kann hier außerdem hilfreich sein.

Um Palettieranwendungen passgenau und gleichzeitig unkompliziert zu gestalten, sind Plattformen wie das UR+ Ökosystem von Universal Robots hilfreich. Es listet Greifer, Visionsysteme, Software und weiteres Zubehör. Darunter finden sich auch komplette Anwendungs-Kits, die speziell für die Palettierung entwickelt wurden. Sie enthalten passende Greifer, vollintegrierte Achsen, Systeme für das Kabelmanagement, Verankerungssätze und die sogenannte UR-Cap Software. Sie ermöglicht es Anwendern, die Peripherie direkt über die Bedienoberfläche des Cobots zu steuern, ohne Schnittstellen vorab selbst zu konfigurieren. So bleibt der Integrationsaufwand überschaubar. 

Druckerei Geiselberger verdoppelt Produktivität mit Palettierlösung

Der Fachkräftemangel in der Region war für die Druckerei Gebr. Geiselberger GmbH, Altötting, ein zentraler Grund, ein neues Kapitel in der Firmengeschichte aufzuschlagen: Die Druckerei entschied sich, Palettieraufgaben mithilfe von kollaborierenden Robotern zu automatisieren. Kaum geliefert, waren die beiden Cobots des Typs UR10E von Universal Robots bereits nach wenigen Tagen einsatzbereit. Seitdem packen sie an je einer Falzanlage kräftig mit an. Diese falzt Bogen auf ein Verarbeitungsformat, die später durch eine andere Maschine weiterverarbeitet werden müssen. Vor der Automatisierung mussten diese Bogen von einem Mitarbeiter aufgenommen, auf einen Stapel gelegt und dieser dann auf eine Palette transportiert werden. All das erledigen nun die beiden Cobots von UR. „Während früher vier Personen für zwei Schichten im Einsatz waren, sind es heute nur noch zwei Mitarbeiter. Damit sind wir doppelt so produktiv“, erklärt Matthias Manghofer, Geschäftsführer der Gebr. Geiselberger GmbH, und ergänzt: „Unsere Mitarbeiter würden die zwei Roboter nicht mehr hergeben.“

Mit Vorbereitung zur optimalen Anwendung 

Kollaborierende Roboter bewegen ohne Ermüdungserscheinungen schwere Lasten und arbeiten dabei mit hoher Präzision. Damit sind sie geeignet, Palettieraufgaben zu übernehmen und Mitarbeiter sowohl körperlich als auch zeitlich zu entlasten. Gerade kleine bis mittlere Unternehmen profitieren von Palettierlösungen mit leistungsfähigen Cobots, da sie einfach zu integrieren sind und sich schnell amortisieren. Im Vorfeld sollten Unternehmen Zeit in die Planung investieren. Denn von Rahmenbedingungen, wie dem zu handhabenden Produkt oder den Platzverhältnissen, hängt die optimale Auslegung der Anwendung vom Cobot bis zum Sicherheitssystem ab. Eine gründliche Vorbereitung gewährleistet nicht nur, dass die Erwartungen an die Lösung erfüllt werden, sie zahlt sich auch durch eine schnelle Inbetriebnahme aus. 

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