Vom Himmel fallende Umzugskartons vor Kalksandsteinwand

Paxly hat eine SaaS-Lösung für die verpackende Industrie entwickelt. (Bild: Lichtfexx – stock.adobe.com)

Es ist 21:00 Uhr an einem Freitagabend, als Torsten Beyenbach Zeit für unseren Call findet. Genau genommen ist es 21:00 Uhr an einem Freitagabend in Neuseeland, wo Beyenbach gerade seinen Urlaub genießt, als er sich Zeit für unseren Call nimmt. Es ist der Vorteil eines IT-Unternehmens, dass man auch mal vom anderen Ende der Welt aus arbeiten kann. Es ist das Engagement eines Startup-Unternehmers, dass man auch im Urlaub mal arbeiten muss.

Beyenbach hat 2019 gemeinsam mit Thomas Auer und Alexander Dür Paxly gegründet – einen Software-Anbieter für die Verpackungsindustrie.

Über Knox

Knox ist eine Unternehmens- und Personalberatungsgesellschaft, deren Engagement der Verpackungs- und Druckindustrie gilt, sei es in der Produktion, im Handel oder im Dienstleistungsbereich. Das Team von Knox berät seit nahezu 20 Jahren in Deutschland, Europa und darüber hinaus Unternehmen in diesem Branchenumfeld bei strategischen Herausforderungen, insbesondere auch durch die umfängliche Betreuung und den erfolgreichen Abschluss von Unternehmenstransaktionen.

Erfolgreiche Investorenrunden

Nach seinem Studium ist er in die Verpackungsbranche reingerutscht, wie Beyenbach selbst sagt. Nach verschiedenen Stationen war er Account-Manager bei einem großen Verpackungskonzern und wunderte sich regelmäßig, dass seine Kunden, die privat längst alles online bestellten, für ihren geschäftlichen Bedarf Verpackungen weiterhin mit einem Fax-Formular orderten.

Es war klar, dass dieses Prozedere sich ändern würde. Und nach umfassenden Recherchen war für die angehenden Gründer offensichtlich, dass sie es selbst ändern mussten. Es gab keine adaptierbare Standardsoftware für den Verpackungseinkauf. So ging 2019 Paxly an den Start – als Marktplatz für Verpackungen aus Wellpappe. Gegründet wurde das Unternehmen mit dem bescheidenen Kapital der drei Jungunternehmer und der Unterstützung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt.

„An Investorengeld haben wir gar nicht gedacht. Wir hätten nicht erwartet, dass die Verpackungsbranche spannend für Frühphaseninvestoren ist“, erläutert Beyenbach. Doch die Investitionsbank lud Paxly wiederholt zu Veranstaltungen ein, präsentierte das junge Unternehmen aus Leuna (inzwischen Halle an der Saale) gerne. Und über diesen Weg kam man immer wieder mit Investoren ins Gespräch, realisierte, auf welches Interesse man stieß, und durfte schließlich in 2021 vermelden, dass sich neben der IBG Sachsen-Anhalt auch Seed & Speed aus dem Umfeld von Carsten Maschmeyer, Smart Infrastructure Ventures sowie zwei Business Angel mit einem hohen sechsstelligen Betrag beteiligt haben. Zwischenzeitlich hat eine weitere Finanzierungsrunde mit den gleichen Investoren den Betrag deutlich siebenstellig werden lassen – und immer noch halten die Gründer die Anteilsmehrheit an der von ihnen entwickelten Geschäftsidee.

„Mehrfach sind wir auch mit Branchenunternehmen ins Gespräch gekommen, die gerne in Paxly investiert hätten. Doch um unserer Aufgabe gerecht zu werden, müssen wir unabhängig bleiben, weshalb wir diese Angebote immer wieder zurückweisen mussten und uns bewusst auf eine Skalierung mit Finanzinvestoren konzentriert haben“, so Beyenbach.

Dabei hat das Gründungsteam durchweg gute Erfahrungen aus der Partnerschaft mit seinen Investoren gemacht. Nicht nur, dass die Finanzspritze half, das Wachstum zu beschleunigen, auch durch ihr Netzwerk, ihre Erfahrungen und nicht zuletzt ihr Vertriebs-Know-how stehen die Venture Investoren Paxly bis heute zur Seite. So zufrieden wie Paxly mit seinen Investoren ist, sind diese es auch mit dem mittlerweile gut etablierten Jungunternehmen.

Torsten Beyenbach, Gründer und CSO, Marius Beckmann, Sales, Sascha Möller, Head of Customer Success, und Thomas Auer, Gründer und CEO.
Das Team von Paxly: Torsten Beyenbach, Gründer und CSO, Marius Beckmann, Sales, Sascha Möller, Head of Customer Success, und Thomas Auer, Gründer und CEO. (Bild: Paxly)

120.000.000 m2 Wellpappevolumen pro Jahr

„In den letzten Jahren war für uns wie für die gesamte Branche alles dabei“, resümiert Sascha Möller, Head of Customer Success bei Paxly. Corona, Versorgungsengpässe, verlängerte Lieferzeiten und jetzt plötzlich eine Phase zurückhaltender Nachfrage und entsprechender Überkapazitäten bei Verpackungsherstellern. „Während wir in der Beschaffungskrise vielen Kunden über unsere Plattform helfen konnten, noch ausreichende Mengen zu bekommen, haben wir mittlerweile eine Zeit erreicht, in der die Hersteller mehr und mehr realisieren, dass wir einen bedeutenden Kundenzugang für sie bieten können“, ergänzt Beyenbach.

So hat Paxly inzwischen in puncto Wellpappe nahezu alle Hersteller in Deutschland, Österreich und der Schweiz als Lieferanten gelistet, kennt deren Leistungsspektrum, Maschinen-Set-up und Kapazitäten. Auf dieser Basis bietet das 11-köpfige Team aus Halle an der Saale seinen Kunden – Lebensmittelherstellern, Logistikunternehmen, Markenartiklern, Onlinehändlern etc. – in wenigen Minuten einen Zugriff auf den gesamten Wellpappmarkt – ohne dass Mengen, Preise und Lieferzeiten telefonisch oder per Mail angefragt werden oder gar Bestellungen gefaxt werden müssen.

Auf der Kundenseite hat Paxly im riesigen und sehr preisdynamischen Verpackungsmarkt dagegen noch viel Raum für Wachstum, auch wenn man mit dem mittlerweile erreichten Volumen von zuletzt 120.000.000 m2 Wellpappe pro Jahr ohne Weiteres ein ganzes Wellpappwerk auslasten könnte. Eine beachtliche Menge, die Verpackungskunden über die Lösung von Paxly abwickeln und für das junge Unternehmen ein Volumenzuwachs von 85 % gegenüber Vorjahr – und das in einem aktuell nicht einfachen Marktumfeld. In 2024 geht das Start-up davon aus, nochmals einen Wachstumsschub in vergleichbarer Größenordnung vermelden zu können.

Vom Marktplatz zur SaaS-KI-Lösung

Obwohl erst seit fünf Jahren am Markt, hat sich Paxly in dieser Zeit bereits neu erfinden müssen. Das ursprüngliche Geschäftsmodell, als Marktplatz Angebot und Nachfrage zusammen zu bringen und dabei sich selbst eine Marge als Händler zu verdienen, hat sich gerade in der preissensitiven Lebensmittelindustrie als schwierig erwiesen.

Heute ist die Lebensmittelindustrie einer der wichtigsten Kundenkreise von Paxly. Das junge Unternehmen hat sich vom Online-Marktplatz zum Software-Anbieter gewandelt. Kunden zahlen heute für die Nutzung der Paxly-Lösung als Software-as-a-Service-Angebot und können die über Paxly erzielten Einkaufseffekte komplett für sich verbuchen.

„Dabei geht unsere Arbeit weit darüber hinaus, Wellpappe zum günstigsten Preis zu beschaffen“, stellt Möller heraus. „Wenn beispielsweise ein Kunde aus dem Bereich E-Commerce umfassende Daten über seine Produkte und seine Bestellhistorie hat, kann unsere Software den bevorstehenden Bedarf an Verpackungsmengen und -größen vorausberechnen, dadurch die Bestände optimieren und vor allem auch die Verpackungen so bereitstellen, dass durch Übergrößen nicht regelmäßig Luft verschickt wird.“ Paxly bringt somit nicht nur beachtliche Arbeitserleichterungen und Kosteneffekte (gerne 15 % und mehr) für seine Kunden, sondern liefert durch den Verbrauch passgenauerer Mengen auch einen bedeutenden Beitrag zur Nachhaltigkeit.

Die Frage, ob On Demand Packaging-Anbieter wie Packsize dabei ein Konkurrent für Paxly sind, verneint Möller. Tatsächlich kann auch Endloswellpappe über die cloudbasierte Software-Plattform von Paxly gesourced werden und ein Kunde dadurch seine Packsize-Anlage bestücken. „Für diesen Bedarf wie auch für jeden anderen Kundenbedarf an Wellpappe sehen wir unsere Aufgabe darin, die digitale Transformation in der Branche voranzutreiben. Dabei unsere Software zu nutzen, um nach den Kundenanforderungen die Verpackungsportfolios zu optimieren und den Prozess auf Herstellerwerke zu skalieren, die die Anforderungen am besten erfüllen können. So ist Paxly mit seiner Software ein Partner für Endkunden und Verpackungshersteller, ohne dabei die Rolle eines Händlers zu übernehmen. Der Einkauf findet immer direkt zwischen den Parteien statt“, erläutert Beyenbach.

Und bei der Wellpappe soll es nicht bleiben: Die Vision von Paxly ist es, der führende Einkaufskanal von Sekundär- und Tertiärverpackungen im DACH-Raum zu werden – und perspektivisch auch darüber hinaus. Dabei sind Vollpappe und Flexible Verpackungen die nächsten Produktsegmente, mit denen man sich beschäftigt und die Ende diesen Jahres beziehungsweise Anfang 2025 über Paxly verfügbar sein werden.

Mit der bestehenden Software-Plattform, einem umfassenden Lieferantennetzwerk und Kundenreferenzen wie Burda, Fiege, Flaconi sowie verschiedenen Unternehmen aus der Molkereibranche, sieht Paxly sich gut für diesen Weg gewappnet. „Nichtsdestotrotz, weitere Investitionsmittel können nie schaden und würden unser Wachstum zusätzlich beschleunigen“, bleibt Beyenbach offen für eine weitere intensive Zusammenarbeit mit Investoren.

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