Offene Automatisierungsplattform auf der Packaging Machinery Conference
„Maschinenbau bedeutet heute Softwareentwicklung“
Auf der Packaging Machinery Conference 2024 sprach Steffen Winkler, CSO der Business Unit Automation bei Bosch Rexroth, über die Zukunft der Verpackungsautomatisierung. Dabei wurde klar: Offenheit und Zusammenarbeit sind die Schlüssel zum Erfolg in der modernen Automatisierungswelt.
Winkler begann seinen Vortrag mit einer Einschätzung der gegenwärtigen globalen Herausforderungen, die nicht nur wirtschaftlicher Natur sind, sondern auch geopolitische Spannungen und immer striktere regulatorische Vorgaben umfassen. „Wir leben in einer Welt massiver Veränderungen und Herausforderungen wirtschaftlicher Art“, erklärte Winkler. „Und dann haben wir auch noch viele neue Regularien, wie den Cyber Resilience Act und Nachhaltigkeitsvorgaben.“
Eine zentrale Botschaft seines Vortrags war darum auch die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit. „Es geht eigentlich nur gemeinsam.“ Erst durch eine Öffnung und Kooperation aller Beteiligten sei die Vielzahl an Herausforderungen im Bereich der Automatisierungstechnik in der Verpackungsindustrie zu bewältigen.
Rechenleistung als Enabler von IoT & Co
Rechenleistung wird weiterhin immer bezahlbarer und damit verfügbarer, was neue Möglichkeiten für die Automatisierung eröffnet. „Moore’s Law gilt immer noch. Die Rechenleistung verdoppelt sich alle 18 Monate“, kommentierte Winkler und hob die Bedeutung dieser technologischen Entwicklung hervor. Denn diese ständige Verbesserung der Rechenleistung und der Kommunikationsbandbreite – auch wenn diese in Deutschland noch nicht optimal sei – bilde die Grundlage für Fortschritte in Bereichen wie IoT, Big Data und künstlicher Intelligenz.
Ein weiterer wichtiger Punkt seines Vortrags war die IT-OT-Konvergenz, also die Verschmelzung von Informationstechnologie und Betriebstechnik. „Das ist nicht nur eine technische, sondern auch eine demografische Herausforderung“, so Winkler. Eine neue Generation, die mit digitalen Technologien aufgewachsen ist, trete in die Unternehmen ein. Die sogenannten „Digital Natives“ seien mit Technologien wie der Metaquest oder dem Metaverse vertraut und brächten damit nicht nur neue Fähigkeiten, sondern auch Erwartungen an ihre Arbeitsumgebung mit.
Maschinenbau im Wandel
Denn die traditionellen proprietären Tools und Technologien, wie sie bisher im Maschinenbau zu Einsatz kamen (und an vielen Stellen noch kommen) seien nicht mehr zeitgemäß und würden von den neuen Generationen weder verstanden noch akzeptiert, argumentierte Winkler. Aber nicht nur die neue Generation im Arbeitsmarkt mache ein Umdenken nötig: „Maschinenbau bedeutet heute Softwareentwicklung. Trotzdem sind die aktuellen Automatisierungssysteme oft noch geschlossen und proprietär, was die Komplexität und den Aufwand bei jeder Entwicklungsarbeit erhöht. Salopp gesagt war früher der mechanische Konstrukteur der mächtigste Mensch im Unternehmen. Wenn er mit seiner Arbeit fertig war, durften sich die Elektriker beispielsweise um den Schaltschrank kümmern und ganz am Ende, quasi schon in der Inbetriebnahme, saßen dann ein paar Leute mit Laptops vor der Maschine und programmierten. Heute sieht dies optimalerweise anders aus: Am Anfang steht eine Software-Plattform, und erst im zweiten Schritt startet die mechanische Konstruktion der Maschine.“
CTRLX: Ökosystem für den Maschinenbau
Ein zentraler Bestandteil seines Vortrags war darum auch die Vorstellung von „CTRLX“, einer offenen Automatisierungsplattform von Bosch Rexroth. Diese basiert auf einer Linux-Architektur und nutzt App-Technologie sowie Microservices, um eine flexible und erweiterbare Lösung zu bieten. „Wir haben damit eine Industriesteuerung geschaffen, die man sich vorstellen muss wie ein Smartphone“, erklärte Winkler.
Die Steuerung ist webbasiert und ermöglicht die Programmierung mit nahezu jeder Programmiersprache. Das eigentliche Herausstellungsmerkmal, dass Peter Koller vom Automatisierungstitel IEE bei der Einführung als „Apple-Moment der Automatisierung“ bezeichnete, ist die Möglichkeit, die Software auf Hardware von Drittanbietern laufen zu lassen und Unternehmen eigene Apps entwickeln und im CTRLX-OS-Store anbieten können. So sind mittlerweile mehr als 100 Unternehmen, darunter Branchengrößen wie Kuka, Sick und Wago, Teil des Ökosystems und über 70 Apps verfügbar – die Hälfte davon von Drittanbietern.
Winkler ist sich sicher: „Zusammenarbeit und das Denken in Ökosystemen wird die neue Kultur in der Automatisierungswelt.“