Wie GEA die Lebenszyklusanalyse für Abfüllsysteme nutzbar macht

Wie funktioniert eine LCA im Maschinenbau?

Wie lässt sich eine LCA im Maschinenbau erstellen? Darum ging es beim Vortrag von Manfred Weidlich.
Wie lässt sich eine LCA im Maschinenbau erstellen? Darum ging es beim Vortrag von Manfred Weidlich.

Auf der Packaging Machinery Conference 2025 stellte Manfred Weidlich von der GEA Group ein Thema ins Zentrum, das in der Verpackungsmaschinenbranche zunehmend an Bedeutung gewinnt: die Lebenszyklusanalyse (LCA). Wie lässt sich eine solche Analyse durchführen – und welche Konsequenzen zieht man daraus?

Die GEA Group ist einer der größten Systemanbieter für die Nahrungsmittel-, Getränke- und Pharmaindustrie – weltweit wird jede vierte Packung Spaghetti mit Technologie von GEA hergestellt. Seit 2024 verfolgt das Unternehmen die Mission „Engineering for a better world“. Dabei steht Nachhaltigkeit im Zentrum der Konzernstrategie.

Bis zum Jahr 2040 will die GEA Group klimaneutral werden.
Bis zum Jahr 2040 will die GEA Group klimaneutral werden.

Diese Strategie stellt explizit in Aussicht, dass alle neuen GEA-Lösungen ab 2030 komplett kreislauffähig sein sollen – also Energie, Wasser, Materialien und Abfall gleichermaßen berücksichtigen. Außerdem will das Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt 125 Mio. t CO2e-Emissionen sparen. Eine wesentliche Herausforderung dabei: Rund 95 % der durch Maschinen verursachten Emissionen entstehen erst bei deren Betrieb durch die Kunden.

Warum eine LCA im Maschinenbau?

Manfred Weidlich bei seinem Vortrag auf der Packaging Machinery Conference.
Manfred Weidlich bei seinem Vortrag auf der Packaging Machinery Conference.

Weidlich brachte es kurz und knapp auf den Punkt: „Die LCA ist kein Selbstzweck. Sie muss Konsequenzen haben.“ Ziel sei es, aus belastbaren Umweltkennzahlen konkrete Verbesserungsschritte abzuleiten – und dies transparent gegenüber Kunden und Regulierungsbehörden darzustellen.

Zur besseren Veranschaulichung beschrieb Weidlich den Praxisfall eines sogenannten Aseptic Blow Fill Block (ABF), bei dem PET-Rohlinge zunächst aufgeblasen und dann aseptisch befüllt werden. Die Analyse von GEA orientierte sich an den ISO-Standards 14040/44 und erfolgte in vier Schritten:

  1. Zieldefinition & Systemgrenze
  2. Sachbilanz aller Stoffströme
  3. Wirkungsabschätzung in acht Umweltkategorien (u.a. CO₂, Wasser, Versauerung, Ozonabbau)
  4. Interpretation & Ableitung von Handlungsfeldern.

Ein besonders interessanter Befund: In sieben von acht betrachteten Wirkungskategorien zeigte die Nutzungsphase das größte Verbesserungspotenzial. Besonders energieintensive Faktoren waren dabei die elektrische Energie, die Druckluft sowie der Prozessdampf.

Vorbild ISO-Norm 14021: das Umweltlabel „Add Better“

Aus der LCA entwickelte GEA das Umweltlabel „Add Better“, das sich auf konkrete Einsparungen bei Ressourcen wie Energie, Wasser oder Materialien bezieht. Das Label orientiert sich an der ISO-Norm 14021 und wird vom TÜV Rheinland unabhängig validiert. Damit kennzeichnet der Hersteller Lösungen, die nach transparenten Kriterien besser sind als ihre Vorgängermodelle oder Vorgängerprozesse.

Beispielhaft konnte das Abfüllsystem ABF 2.0 durch Rückgewinnung von Druckluft eine Energieeinsparung von bis zu 30 % erzielen – und erhielt dafür das Add-Better-Label. „Wir haben die Druckluft in diesem Prozess schlichtweg zweimal verwendet“, so Weidlich. Ein einfacher, aber wirkungsvoller Ansatz im Sinne der Circular Economy.

Um was geht es in der ISO-Norm 14021?

Die ISO-Norm 14021 regelt freiwillige, selbst deklarierte Umweltkennzeichnungen auf Produkten und Verpackungen – ohne externe Zertifizierung.

Geltungsbereich:

Für alle Produktarten und Branchen, weltweit gültig.

Grundprinzipien:

  • Aussagen müssen wahr, nachprüfbar und spezifisch sein
  • Keine Irreführung durch vage oder übertriebene Begriffe
  • Relevanz und Transparenz sind Pflicht
  • Aussagen regelmäßig überprüfen und aktualisieren

Unzulässig laut ISO 14021:

  • Unbelegte Begriffe wie „umweltfreundlich“
  • Selbstverständlichkeiten („FCKW-frei“)
  • Verharmlosende oder ablenkende Aussagen

Geregelte Begriffe (mit Anforderungen an Nachweise):

  • Recyclingfähig
  • Recycelt (Post-Consumer oder Pre-Consumer)
  • Wiederverwendbar
  • Biologisch abbaubar
  • Kompostierbar

Symbolverwendung:

  • Mobius-Schleife (♻️) nur mit klarer Bedeutung
  • Ggf. mit Materialangabe oder Prozentwert kombinieren

Beispiel für unzulässige Kennzeichnung:

„Umweltfreundliche Verpackung – 100 % grün!“

Beispiel für korrekte Kennzeichnung:

„Verpackung aus 80 % recyceltem Kunststoff, recyclingfähig im haushaltsüblichen Sammelsystem.“

Zielgruppe der Norm:

Produktentwickler, Verpackungsverantwortliche, Marketing, Nachhaltigkeitsbeauftragte

Welche Rolle spielt der digitale Produktpass?

Weidlich machte deutlich, dass der Aufwand für die Datenerhebung beträchtlich sei – insbesondere, wenn Primärdaten von Lieferanten eingefordert werden müssen. Doch regulatorische Entwicklungen wie die Ökodesign-Richtlinie und der digitale Produktpass könnten diese Dynamik beschleunigen. „Wir erwarten, dass der Product Carbon Footprint verpflichtend wird“, erklärte Weidlich. GEA engagiert sich aktiv in der entsprechenden Standardisierungsarbeit.

Welche Vorteile bringt eine LCA?

Die Vorteile einer LCA liegen laut Weidlich auf der Hand: Sie bietet eine umfassende Wirkungseinschätzung, hilft bei der Identifikation kritischer Umweltaspekte und schafft fundierte

Entscheidungsgrundlagen für Produktentwicklungen. Doch dem stehen Herausforderungen gegenüber:

  • Aufwändige Datenerhebung
  • Unterschiedliche Datenquellen
  • Komplexität der Ergebnisse
  • Notwendigkeit von Nachhaltigkeitsexpertise.

Aktuell baut GEA in den verschiedenen Geschäftsbereichen eigenes Know-how auf und arbeitet an softwaregestützten Tools zur teilautomatisierten Bewertung über das ERP-System. Ziel ist es, den Aufwand deutlich zu senken.

Ist LCA ein Differenzierungsmerkmal?

In der anschließenden Fragerunde zeigte sich großes Interesse an der praktischen Umsetzung: Inwiefern fließt beispielsweise der Packstoff in die Analyse ein? Laut Weidlich ist auch dies möglich – immer abhängig davon, wie die jeweilige Systemgrenze gezogen würde: „Wenn Sie generalistisch alle Stoffströme betrachten, die in das System rein- und rausgehen, dann gehört der eingesetzte Packstoff auch dazu.“

Auf die Frage, ob die LCA bereits ein Differenzierungsmerkmal sei, antwortete er: „Wettbewerber sind ähnlich unterwegs, aber nicht so konsequent wie GEA. Das Label ist ein strategisches Mittel.“ Besonders für energie- und wasserseitige Opex-Optimierungen beim Kunden sei das ein starkes Argument.

Was bedeutet Opex-Optimierung?

Begriffserklärung:

Opex steht für Operating Expenses – also laufende Betriebsausgaben eines Unternehmens (beispielsweise für Personal, Energie, Wartung, Miete oder IT-Dienstleistungen).

Eine Opex-Optimierung zielt darauf ab, diese wiederkehrenden Kosten systematisch und nachhaltig zu reduzieren oder effizienter zu gestalten.

Ziele einer Opex-Optimierung:

  • Kostensenkung im laufenden Betrieb
  • Steigerung der operativen Effizienz
  • Schaffung finanzieller Spielräume für Investitionen
  • Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ohne Qualitätseinbußen

Typische Ansatzpunkte:

  • Automatisierung von Abläufen (beispielsweise durch Software, Robotik)
  • Outsourcing oder Zentralisierung von Services
  • Reduktion von Energie- und Materialverbrauch
  • Digitalisierung und Datenanalysen zur Prozessoptimierung
  • vorausschauende Wartung statt reaktiver Instandhaltung
  • Optimierung der Lieferkettenlogistik

Abgrenzung zu Capex:

Im Gegensatz zu Capex (Capital Expenditures), also Investitionen in langfristige Vermögenswerte, betrifft Opex-Optimierung ausschließlich laufende Kosten.

Relevanz in der Praxis:

Opex-Optimierungen sind besonders in wettbewerbsintensiven oder margenschwachen Branchen ein strategisches Instrument zur Sicherung der Rentabilität – oft auch mit Blick auf Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz.

Ein gemeinsames Label für die Branche?

Ein letzter Gedanke kam aus dem Publikum: Sollten nicht Verpackungsmaschinenhersteller gemeinsam ein branchenweites Label entwickeln, um Vergleichbarkeit zu schaffen und Greenwashing zu verhindern? Weidlich begrüßte diesen Impuls ausdrücklich und verwies auf die kommende Green Claims Directive, die unabhängige Herausgeber und Validierer fordert. „Es wäre ein logischer nächster Schritt, ein solches Label auf Verbandsebene zu etablieren.“