Growing sustainability. LCA-Life cycle assessment concept. hand

Südpack hat mit seinen Kunden bereits erste LCAs durchgeführt. (Bild: Pcess609 – stock.adobe.com)

Fundierte Antworten finden Unternehmen beispielsweise bei Südpack: Mit seinem neuen LCA-Tool (Life Cycle Assessment, dt. Lebenszyklusanalyse) setzt der Folienhersteller konsequent auf eine ganzheitliche und vor allem faktenbasierte Betrachtungsweise entlang der Prozesskette – statt ausschließlich auf die Beurteilung des End-of-Life-Szenarios seiner Produkte.

Dabei geht es nicht nur um die einzelne Verpackung und ihre sinnvolle Entsorgung nach dem Ende ihres Lebenszyklus – es geht „ums Ganze“. Die derzeit geführte Debatte um Fluch und Segen von Verpackungen, insbesondere von Kunststoffverpackungen, braucht nach Ansicht von Südpack neue Impulse – am besten in Form von belastbaren Fakten und Zahlen.

Zwar ist der erforderliche Transformationsprozess angestoßen und in den verschiedenen Gesetzgebungen sowie dem Green Deal der EU verankert, doch für einen erfolgreichen Paradigmenwechsel sind noch immer elementare Aspekte weitgehend ungeklärt: Wie definiert man Nachhaltigkeit bei einer Verpackung? Wie können die ambitionierten Rezyklatquoten erreicht werden? Welche nachhaltigen Alternativen bieten sich insbesondere im Bereich der Lebensmittel-, Pharma- und Medizingüterverpackungen? Mit welchen Technologien und Infrastrukturen ist eine funktionierende Kreislaufwirtschaft für bis dato nicht recycelfähige Verbundstrukturen wirtschaftlich umsetzbar?

Mit Fakten Zukunft schaffen

Valeska Haux, Vice President Strategic Marketing bei Südpack.
Valeska Haux, Vice President Strategic Marketing bei Südpack. (Bild: Südpack)

Als einer der führenden Hersteller von Hochleistungsfolien und Verpackungskonzepten steht Südpack momentan im intensiven Austausch mit politischen Vertretern, Gremien und Verbänden. Mit einem eigenen Wertstoffmanagement, der konsequenten Neuausrichtung des Portfolios hin zu ressourcenschonenden und zugleich recyclingfähigen Verpackungsalternativen sowie den Investitionen in die Technologie des chemischen Recyclings hat das Unternehmen aus Ochsenhausen in den vergangenen Monaten Fakten geschaffen – und eine funktionierende Kreislaufwirtschaft für Produkte in seinem Einflussbereich realisiert.

In einem weiteren Schritt wurde nun ein Tool entwickelt, das Verpackungskonzepte ganzheitlich entlang der Prozesskette beurteilt. Südpack-Kunden bietet sich damit die Gelegenheit, bestehende Verpackungslösungen wie auch nachhaltigere Alternativen auf den Prüfstand zu stellen. Denn anhand der verschiedenen Szenarien und Hochrechnungen lässt sich so je nach Zielsetzung ein optimales Verpackungskonzept für den jeweiligen Bedarf ermitteln.

Wie definiert die PPWR Nachhaltigkeit?

Ein wichtiger Aspekt betrifft die Vermeidung von Überverpackungen. Demnach ist bereits beim Design einer Verpackung darauf zu achten, dass nur das notwendige Minimum an Material verbraucht wird, um einen optimalen Produktschutz zu ermöglichen. Die Maxime lautet: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.

Der zweite Ansatz fokussiert sich auf das Design-for-Recycling: Verpackungen müssen so gestaltet sein, dass sie mit der bestehenden Recycling-Infrastruktur rezykliert werden können – hier ist das richtige Stichwort „Recycling at scale“. Zudem sieht der aktuelle Gesetzesentwurf einen Mindestrezyklatanteil in Verpackungen vor, der in Abhängigkeit des Packstoffs und dessen Einsatz variiert. Denn: Durch den Einsatz von Rezyklaten bei der Verpackungsherstellung lassen sich die Kunststoffe im Kreislauf halten.

Doch es sind gerade die geforderten Rezyklateinsatzquoten, insbesondere für kontaktsensitive Verpackungen, die Südpack Anlass zur Sorge geben. Denn im europäischen Binnenmarkt stehen bis dato keine ausreichenden Mengen an Rezyklaten zur Verfügung, die für den Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen sind. „Nach heutigem Stand der Technik sind die ambitionierten Ziele nur durch den Einsatz von chemischem Recycling als komplementäre Recyclingtechnologie zu erreichen. Hierfür müssen dann aber entsprechende Rahmenbedingungen, ein Massenbilanzierungsansatz und nicht zuletzt Investitionssicherheit und Infrastrukturen geschaffen werden“, unterstreicht Valeska Haux, Vice President Strategic Marketing bei der Südpack Gruppe.

Kreislauffähigkeit als ultima ratio?

Erschwerend kommt hinzu: Die PPWR zielt grundsätzlich auf die Implementierung einer Kreislaufwirtschaft ab. „Die Kategorisierung von Verpackungskonzepten fokussiert sich aus unserer Sicht zu sehr auf deren Kreislauffähigkeit und weniger auf die Bewertung der tatsächlichen Umweltauswirkungen. Hier sehen wir erheblichen Diskussionsbedarf“, gibt Haux zu bedenken.

Ein anschauliches Beispiel ist die Bewertung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen in ihrer Gesamtstruktur anhand des Anteils an „Fremdstoffen“, also an Stoffen, die nicht dem Wertstoffstrom zuordenbar sind. Je höher der Anteil des recyclingfähigen Kunststoffs und je geringer der Anteil an diesen Fremdstoffen ist, umso höher ist die Recyclingfähigkeit. Ersetzt man nun zugunsten der Recyclingfähigkeit diese Fremdstoffe durch andere Polymere, ergibt sich, so Haux, „unter Umständen eine ganz neue Problematik. Denn es könnte durchaus sein, dass die Gesamtdicke der Folie erhöht werden müsste, um die gewünschte Schutzfunktion zu erzielen. Eine dickere Folie allerdings resultiert in einem höheren Verpackungsgewicht. Und ein höheres Verpackungsgewicht wiederum bedeutet: mehr negative Umweltauswirkungen.“

Daher sollte Südpack zufolge eine ganzheitliche Lebenszyklusanalyse die Grundlage für die Beurteilung der Nachhaltigkeit von Verpackungen sein. Denn „nur wenn die Umweltauswirkung einer Verpackung vom Herstellungsprozess angefangen bis zum Ende ihrer Nutzungsphase berücksichtigt wird, lässt sich eine fundierte Aussage und anhand der Fakten eine Entscheidung für ein optimales, nachhaltiges Verpackungskonzept treffen.“

Der Life Cycle stellt dar, welche Umweltauswirkung einer Verpackung über deren gesamten Lebenszyklus berücksichtigt werden.
Der Life Cycle stellt dar, welche Umweltauswirkung einer Verpackung über deren gesamten Lebenszyklus berücksichtigt werden. (Bild: Südpack)

CO2-Fußabdruck ist eine der wichtigsten Kenngrößen

Für eine solche Entscheidung sind jedoch weitaus mehr Wirkungskategorien als der CO2-Fußabdruck für Südpack relevant: Hierzu zählen unter anderem die Versauerung von Böden, der fossile Ressourcenverbrauch, die Entstehung von Feinstaub, die photochemische Ozonbildung als Gefahr für die menschliche Gesundheit sowie die Ökotoxizität von Frischwasser – um nur einige wenige zu nennen.

Berücksichtigt man alle relevanten Faktoren, können bei einer Produktentwicklung unter Umständen bestimmte Verpackungskonzepte zwar in Bezug auf CO2 nachhaltiger scheinen, hinsichtlich anderer Umweltauswirkungen aber eine weitaus schlechtere Bilanz aufweisen. „Ein interessantes Beispiel ist der Vergleich von Kunststoffen aus fossilen und Werkstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen. Letztere haben einen weitaus geringeren CO2-Fußabdruck, ganzheitlich betrachtet stehen sie aber schlechter da. Man denke etwa an Anbauflächen, Bewässerung, Ernte, Transport oder Verarbeitung“, erklärt Haux.

Verwertungsoption entscheidend

Für die flexiblen Folien beziehungsweise Produkte von Südpack liegen (bei einer durchschnittlichen Recyclingquote von bis dato 46 % und einer thermischen Verwertungsquote von 54 %) etwa 15 % des CO2-Fußabdrucks in der Phase nach deren Nutzung, also im „End-of-Life“.  Durch den Einsatz des mechanischen Recyclings als Alternative zur thermischen Verwertung kann der CO2-Fußabdruck um bis zu 80 % gesenkt werden. Beim Einsatz des chemischen Recyclings liegt die Differenz zur thermischen Verwertung bei etwa 50 %. Südpack hat deshalb bei der Konzeption des LCA-Tools bewusst unterschiedliche End-of-Life-Szenarien modelliert, um Kunden ganzheitlich beraten und die entsprechende Entscheidung mit harten Fakten untermauern zu können.

Es wurden bereits gemeinsam mit Kunden erste LCAs durchgeführt. Ab Ende 2023 wird das Tool dann allen Kunden flächendeckend angeboten. Darüber hinaus dient es auch im Entwicklungsprozess für Produkte, um schon hier die Umweltauswirkungen der Verpackungskonzepte ganzheitlich beurteilen und so auch optimieren zu können. Erste Projekte befinden sich bereits in der Umsetzung.

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