Im Rahmen des Green Deals fördert die Europäische Union den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft durch eine Vielzahl von Initiativen. Ein zentrales Ziel ist es, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Die europäische Entwaldungsverordnung (EU Deforestation Regulation, kurz EUDR) ist ein weiterer Baustein des Green Deals und unterstützt die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Sie zielt darauf ab, den Import und Handel von Produkten zu unterbinden, die zur Entwaldung und Waldzerstörung beitragen. Dies zahlt direkt auf den Klimaschutz ein, denn Wälder speichern große Mengen an CO₂.
Die EUDR ist bereits im Juni 2023 in Kraft getreten. Große Unternehmen haben noch bis zum 30. Dezember 2024 Zeit, ihre Prozesse anzupassen und die geforderten Nachweise zu erbringen. Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist der Stichtag der 30. Juni 2025. Faktisch dürften jedoch auch KMU im Sinne eines Kaskadeneffekts von großen Unternehmen in die Pflicht genommen werden, die EUDR-relevanten Informationen bereits vorher bereitzustellen. Die EUDR sieht strenge Folgen vor, die bis zum Verbot des Inverkehrbringens der betroffenen Produkte reichen. Unternehmen drohen bei Verstößen oder fehlerhafter Umsetzung Bußgelder in Höhe von bis zu 4 % ihres Gesamtumsatzes. Zusätzlich können sie von öffentlichen Vergabeverfahren ausgeschlossen werden und erhebliche Reputationsschäden erleiden, die das Vertrauen der Verbraucher und Geschäftspartner nachhaltig beeinträchtigen können.
Diese Produkte sind betroffen
Die EUDR konzentriert sich zunächst auf eine Reihe von Rohstoffen und daraus hergestellten Produkten, die typischerweise zur Entwaldung und Waldschädigung beitragen. Die abschließende Liste der nach EUDR relevanten Rohstoffe umfasst neben Holz auch Kaffee, Kakao, Rind, Ölpalme, Soja und Kautschuk. Diese Rohstoffe werden weltweit in großen Mengen produziert, benötigen Platz für Anbauflächen oder Weideland und stehen daher oft in Verbindung mit der Abholzung von Wäldern. Daneben sieht die EUDR auch Sorgfaltspflichten für verschiedene Folgeprodukte vor, die diese Rohstoffe enthalten und deren Zolltarifnummer (HS-Code) in Anhang I der EUDR aufgeführt ist. Ausgangslage für alle Unternehmen ist deshalb eine Betroffenheitsanalyse, also die Frage, welche Waren von der EUDR betroffen sind und welche Anforderungen in Folge erfüllt werden müssen.
Verpackungen verdeutlichen beispielhaft die Komplexität der EUDR, da sie in bestimmten Fällen EUDR-Pflichten begründen, in anderen Fällen jedoch außerhalb des Anwendungsbereichs liegen. Wenn eine Verpackung als eigenständiges Erzeugnis (also als eigenständiges Produkt) und nicht als Verpackung für ein anderes Erzeugnis in Verkehr gebracht oder ausgeführt wird, fällt sie unter die Verordnung und es gelten daher Sorgfaltspflichten. Wird eine Verpackung jedoch dazu verwendet, ein anderes Erzeugnis zu stützen, zu schützen oder zu tragen, fällt sie nicht unter die EUDR.
Darüber hinaus bereiten in der Praxis verschiedene Umsetzungsfragen Schwierigkeiten, wie die Behandlung von Werbematerialien, Papieranleitungen und Beipackzetteln, Lagerware sowie recyceltem Material. In diesen Fällen ist eine Einzelfallbetrachtung erforderlich.
Umfangreiche Sorgfaltspflichten für Unternehmen
Die Sorgfaltspflichtenregelung der EUDR besteht im Wesentlichen aus drei Schritten: der Sammlung von Informationen zu den Produkten, einer Risikoanalyse sowie gegebenenfalls notwendigen Maßnahmen zur Risikominderung und schließlich der Abgabe einer produktbezogenen Sorgfaltserklärung. Die Sorgfaltserklärung muss kontinuierlich für jedes Produkt beziehungsweise jede Lieferung abgegeben werden, die auf den Markt gebracht wird.
Die Risikobetrachtung im Rahmen der EUDR verlangt einen doppelten Standard. Unternehmen müssen nicht nur die Entwaldungsfreiheit anhand von Geodaten nachweisen, sondern auch bestätigen, dass kein oder nur ein vernachlässigbares Risiko von Verstößen gegen die Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes besteht. Wichtige Aspekte hierbei sind der Schutz von indigenen Völkern und Menschenrechten, einschließlich der Arbeitnehmerrechte. Die EUDR umfasst mehr als nur die Übermittlung von Geodaten. Die Maßnahmen sowie die hierfür im Unternehmen umgesetzten Prozesse müssen im Rahmen eines wirksamen Risikomanagements dokumentiert und in Form eines Jahresberichts berichtet werden.
Wie KI und Analytics Unternehmen unterstützen
Das Herzstück der EUDR-Umsetzung ist das Datenmanagement. Dies umfasst die Sammlung aller relevanten Daten gemäß EUDR, um das Unternehmen zur Durchführung einer fundierten Risikoanalyse zu befähigen.
Der Nachweis der Entwaldungsfreiheit erfolgt durch das Sammeln detaillierter Herkunftsdaten, unter anderem der Geolokalisierungsdaten der Grundstücke, auf denen die Rohstoffe erzeugt wurden. Kommt es beispielsweise zu einer Vermischung, müssen die Informationen zu allen im Endprodukt enthaltenen Rohstoffen zusammengetragen und gesammelt an die Behörde übermittelt werden.
Doch nicht jedes Unternehmen ist in der Lage, geografische Koordinaten und moderne Fernerkundungsdaten wie Luft- oder Satellitenbilder zu erheben und zu verifizieren. Flächen zu identifizieren, auf denen Zulieferer Wald in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt haben, ist besonders anspruchsvoll. Es genügt nicht, einfach festzustellen, ob eine Fläche bewaldet oder unbewaldet ist; vielmehr müssen Unternehmen nachvollziehen, dass es seit dem 31. Dezember 2020 nicht zu einer Entwaldung oder Waldschädigung gekommen ist.
Dieser Prozess kann durch technologische Hilfsmittel wie Datenanalyse- und KI-Lösungen vereinfacht werden, da diese in der Lage sind, große Datenmengen effizient zu verarbeiten und problematische Muster zu erkennen.
Zur Reduzierung des Aufwands bieten spezialisierte Anbieter automatisierte Lösungen für das Datenmanagement an. Damit können die Daten von den Zulieferern über Nutzeraccounts eingespielt werden. Eine Prüfung der Entwaldungsfreiheit sowie der Legalität der Produkte erfolgt nach festgelegten Parametern. Schließlich werden die Daten an die zuständige Behörde beziehungsweise an Geschäftspartner, die ihrerseits auf die Herkunftsdaten angewiesen sind, übermittelt.
Zusammenarbeit mit Lieferanten entscheidend
Um die Anforderungen der EUDR zu erfüllen, sollten Unternehmen verschiedene Mechanismen zur Mitwirkung der Zulieferer und zur Überwachung implementieren. Dazu gehört die vertragliche Verpflichtung zur Einhaltung der Vorgaben der EUDR sowie die Schaffung notwendiger Informations- und Mitwirkungspflichten über einen Code of Conduct. Ein effektives Mittel zur Risikoerkennung und -minimierung ist die Implementierung von Frühwarnsystemen. Diese Systeme können Unternehmen dabei unterstützen, schnell auf Anzeichen von Entwaldung in ihren Lieferketten zu reagieren. Dazu sollten digitale Plattformen und Softwarelösungen für das Supply Chain Management (SCM) eingeführt werden, um mehr Transparenz in der Lieferkette zu ermöglichen. Mit solchen Technologien lassen sich Daten in Echtzeit überwachen und Probleme zeitnah identifizieren. Weitere Präventionsmaßnahmen wie Lieferantenfragebögen, regelmäßige Audits sowie die Schulung und Unterstützung kleinerer Lieferanten vor Ort tragen außerdem dazu bei, Probleme frühzeitig zu erkennen und zu beheben und auf diese Weise die Haftungsrisiken zu reduzieren.