Büsing eröffnete seinen Vortrag mit der Vision von Nestlé: „Keine unserer Verpackungen soll als Abfall in der Umwelt oder auf einer Mülldeponie landen.“ Diese Zielsetzung stellt eine immense Herausforderung dar, insbesondere in Regionen wie zum Beispiel Südostasien, wo die notwendige Infrastruktur zur Abfallbewältigung oft fehlt.
Um diese Vision trotzdem verwirklichen zu können, hat sich Nestlé gleich mehrere konkrete Ziele gesetzt. Ein zentraler Punkt ist dabei das recyclinggerechte Design von Verpackungen: „Wir haben uns zum globalen Ziel gesetzt, bis 2025 mehr als 95 Prozent unserer Kunststoffverpackungen recyclinggerecht zu gestalten. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, 100 Prozent zu erreichen.“, betonte Büsing. Die Recyclingfähigkeit hängt nicht nur vom Design, sondern auch von der verfügbaren Infrastruktur ab. Und diese gestaltet sich aktuell noch sehr heterogen. „Deshalb setzen wir jetzt den Fokus auf den Aspekt, den wir unmittelbar beeinflussen können und das ist das recyclinggerechte Design unserer Verpackungen“, betonte Büsing. Per Ende 2023 waren weltweit 83,5 % von Nestlés Kunststoffverpackungen für das Recycling geeignet oder wiederverwendbar.
Ein weiteres bedeutendes Ziel ist die Reduktion des Einsatzes von Neukunststoff: „Wir haben uns verpflichtet, ein Drittel weniger Neukunststoff bis 2025 einzusetzen“, erklärte Büsing. Diese Größenordnung basiert auf den Verbrauchszahlen von 2018 Darüber hinaus strebt Nestlé an, die eigenen Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2030 zu halbieren, um dann bis 2050 netto null Emissionen zu erzielen.
Die Verpackungs-Strategie hat Nestlé auf fünf Säulen gestellt:
- Reduktion von Verpackungsmaterial
- skalierbare Mehrweg- und Nachfüllsystem
- Verbesserung der Verpackungen, vor allem in Sachen Recyclingfähigkeit
- Ausbau der Infrastruktur für eine abfallfreie Zukunft
- neue Verhaltensweisen in den eigenen Betrieben, bei den Lieferanten, im Handel und bei den Verbrauchern.
Reduktion von Verpackungsmaterial
Nestlé hat bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen, um Verpackungsmaterial zu reduzieren. Ein Beispiel ist die Reduktion der Wandstärken bei Kaffee-Kapseln der Marke Nescafé Dolce Gusto um 20 %, was bereits zu einer Einsparung von über 1.000 t Plastik pro Jahr führte. Auch bei Glasverpackungen wie der Maggi-Würze-Flasche konnten durch Wandstärkenreduzierung 683 t pro Jahr eingespart werden. „Plastikreduktion kann durch klassische Reduktion von Wandstärken oder durch Substitution erfolgen“, erläuterte Büsing. Ein Beispiel hierfür ist die Umstellung der Smarties-Verpackungen auf recyclinggerechtes Papier, wodurch 191 t Kunststoff eingespart wurden. Was direkt auf den nächsten Punkt überleitet.
Substitution von Verpackungsmaterialien
Eine wichtige Strategie ist die Substitution von Kunststoffen durch alternative Materialien wie zum Beispiel Papier – „Paperization“ also. Nestlé konnte hiermit bereits erste Erfolge erzielen, wie die Umstellung der Smarties-Verpackungen auf recyclinggerechtes Papier zeigt. „Papier ist ein sehr spannendes Material“, kommentierte Büsing, betonte aber gleichzeitig die Herausforderungen und unausweichlichen Lernkurven bei der Umstellung. Ein weiteres Beispiel ist die Umstellung von Maggi-Transportverpackungen von nicht recyclingfähigen EPS-Trays auf Papier-Pulp-Trays, was zu erheblichen Kunststoffeinsparungen führte.
An dieser Stelle hatte Büsing auch konkrete Wünsche an den Verpackungsmaschinenbau: „Der Aufbau von Kompetenz in der Papierverarbeitung sollte Priorität haben, also beispielsweise beim Siegeln in engen Temperaturfenstern sowie die schonende Handhabung von Verpackungsmaterialien.“
Einsatz und Verarbeitung von Rezyklaten
Der Einsatz von Recyclingmaterialien ist ein weiterer zentraler Bestandteil der Strategie. Dabei hob Büsing die Bedeutung von Recyclingmaterialien, insbesondere bei Transportverpackungen und Schrumpffolien, hervor. Die Umstellung von PP auf PET für Squeeze-Flaschen ist ein weiteres Beispiel, das die Herausforderungen und Fortschritte im Bereich Recyclingmaterialien verdeutlicht.
Auch hier hatte Büsing Hausaufgaben für die Lösungsanbieter: „Die Maschinen müssen sich schnell an variierende Materialeigenschaften einstellen können, um gleichbleibende Qualität gewährleisten zu können. Weiterhin sinnvoll wäre eine ‚elektronische Nase‘, die potentielle Verunreinigungen identifizieren kann.“
Skalierung von Mehrweg- und Nachfüllsystemen
Nestlé sieht großes Potenzial in der Skalierung von Mehrwegsystemen und Nachfüllsystemen, um den Bedarf an Einwegverpackungen zu reduzieren. Büsing betonte hier die Notwendigkeit einer sinnvollen Standardisierung und Pool-Lösung, um diese Systeme effizient gestalten zu können. „Wir brauchen eine sinnvolle Standardisierung und ein offenes System für Marken und Produkte“, erklärte er. Ein Beispiel hier war im letzten Jahr das Pilotprojekt des Unternehmens in Zusammenarbeit mit dem Startup Circolution und deren Mehrweglösung „Anita in Steel“, die in ausgewählten Supermärkten getestet wurde und vielversprechende Ergebnisse erzeugt habe.
„Hier brauchen wir Lösungen für 100-%-ige Inline-Inspektionen. Sowohl, um die nötige Hygiene garantieren zu können. Aber auch für eine optische Qualitätskontrolle, um Mehrwegbehälter gegebenenfalls ausschleusen und dem Recycling zuführen zu können. Außerdem benötigen wir kleinere, dezentrale Abfüll- und Verpackungsanlagen, um eine flächendeckende Infrastruktur realisieren und damit die Transportwege möglichst kurz halten zu können.“
Verbesserte Recyclingfähigkeit der Verpackungen
Die Umstellung auf recyclingfähige Materialien und die Verbesserung der Verpackungen sind essenziell, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Büsing betonte, dass 96 % der aktuellen Verpackungen von Nestlé Deutschland bereits recyclingfähig seien: „Wir haben noch vier Prozent vor uns. Und das ist keine Überraschung: Auch hier sind die flexiblen Verpackungen eine Herausforderung.“. Beispiele hierfür sind die Umstellung von PET-Aluminium-PE-Beuteln auf Monomaterialien wie Mono-OPP bei Maggi-Suppen und -Soßen.
„Hier sollten Möglichkeiten geschaffen werden, bestehende Verpackungslinien für die Verarbeitung von D4R-Materialien umrüsten zu können – und zwar unter Beibehaltung der bis dahin bestehenden Maschineneffizienz,“ forderte Büsing.
Kreislauf nur in Kooperation
Zum Ende seines Vortrags betonte Büsing, dass die Maschinenbauunternehmen proaktiv sein und mit Nestlé zusammenarbeiten müssen, um Lösungen zu entwickeln. „Die Maschinenlieferanten müssen mehr in den aktiven als in den reaktiven Modus kommen“, kommentierte er und unterstrich die Bedeutung der Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. „Kooperation ist der Schlüssel zum Erfolg“, betonte er.
Dabei spiele ein Miteinander von Lieferanten, Handel, Wettbewerbern, NGOs und nicht zuletzt Regierungen eine zentrale Rolle. „Wir brauchen die richtigen Gesetze, um ein Level-Playing-Field zu schaffen“, erklärte Büsing und schloss seinen Vortrag mit einem eindringlichen Appell: „Die größte Gefahr besteht darin zu glauben, dass jemand anderes die Welt retten wird. Es ist Zeit für Veränderungen und eine Transformation – und dafür brauchen wir alle.“
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