Diese von der britischen Regierung umgesetzte Regelung, besteuert zukünftig Kunststoffverpackungen mit weniger als 30 % Rezyklat pauschal mit 200 britischen Pfund pro Tonne. Die Steuer soll einen Anreiz schaffen, Kunststoffrezyklate und alternative, plastikfreie Materialien einzusetzen. Es soll dazu führen, dass die Kreislaufwirtschaft gestärkt und die Umwelt entlastet wird.
In Deutschland wurde eine Verpackungssteuer in Tübingen gerade erst gerichtlich gekippt.
Von der neuen Steuer betroffen sind britische Hersteller und Importeure von Kunststoffverpackungen sowie deren Geschäftskunden. Dabei zählen als Kunststoffverpackungen all jene Verpackungen, die nach Gewicht überwiegend aus Kunststoff bestehen. Das gilt auch für importierte Verpackungen, unabhängig davon, ob sie zu diesem Zeitpunkt gefüllt oder ungefüllt sind.
Unternehmen müssen deshalb einmal im Quartal Gesamtgewicht und Rezyklatanteil ihrer Kunststoffverpackungen an die Steuerabteilung der britischen Regierung melden. Außerdem können sie ihre Materialien und Verpackungen von unabhängigen Dritten zertifizieren lassen und dadurch für Abnehmer sowie Verbraucher beispielsweise den Rezyklatanteil einer Verpackung in Form eines Siegels kommunizieren.
Nachhaltige Verpackungen: der große Überblick
Sie wollen alles zum Thema nachhaltige Verpackungen wissen? Klar ist, dass der Bedarf an nachhaltigen Verpackungen in den kommenden Jahren stark steigen wird. Aber das Thema ist komplex: Wann gilt denn überhaupt eine Verpackung als nachhaltig und welche Kriterien müssen dabei künftig erfüllt sein? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.
Eines dieser Unternehmen, das Prüfsiegel vergibt, ist Flustix. Es bietet anderen Unternehmen als Dienstleistung an, Produkte und Verpackungen auf ihren Plastikgehalt, aber auch die Art der verwendeten Kunststoffe zu untersuchen und anschließend mit einem zertifizierten Siegel zu versehen. Es gibt verschiedene Kategorien, nach denen das Unternehmen kennzeichnet: das Gesamtprodukt, die Verpackung, das Produkt ohne Verpackung, Produktinhalt ohne Mikroplastik und Produkte aus Sekundärkunststoffen. Für jede Kategorie gibt es ein eigenes Siegel.
Flustix ist von der EU als Good Practice auf ihrer Plattform für Kreislaufwirtschaft gelistet sowie von der Bundesregierung, verschiedenen NGO und Verbraucherschutz-Organisationen anerkannt.
Drei Fragen an Malte Biss von Flustix
Wir haben mit Malte Biss, dem Gründer von Flustix über die Plastiksteuer in Großbritannien gesprochen.
neue verpackung: Gilt die Steuer auch für Verpackungen aus biologisch abbaubarem Kunststoff, für den es ja im Grunde kein Rezyklat geben sollte?
Malte Biss: Ja, Biokunststoffe zählen im Rahmen der UK Plastic Tax auch ganz klar zu den Kunststoffen. Hier dürfte es sehr schwer werden 30 Prozent Rezyklatanteil zu erreichen. Unter die UK Plastic Tax fallen unter anderem auch chemisch modifizierte Materialien auf Zellulosebasis, beispielsweise Zelluloseacetat. Des Weiteren gelten als Kunststoffe auch Polymere, die biologisch abbaubar, kompostierbar oder oxo-abbaubar sind.
Was ist Bioplastik?
Der Begriff Bioplastik ist nicht geschützt und umfasst sowohl biobasierten Kunststoff, also Kunststoff der aus nachwachsenden Rohstoffen anstatt fossilen hergestellt wird, als auch biologisch abbaubaren Kunststoff. Allerdings sind biobasiert und biologisch abbaubar keine Synonyme. Kunststoffe aus fossilen Rohstoffen können genauso biologisch abbaubar sein, wie biobasierte Kunststoffe. Und dann wäre da noch die Kompostierbarkeit. Auch hier gilt: biologisch abbaubar heißt nicht gleich kompostierbar. Der Unterschied? Der Faktor Zeit. Biologisch abbaubar heißt schlicht, dass ein Material sich durch Mikroorganismen oder Enzyme in die Moleküle CO2 und H2O zersetzen lässt, wie viel Zeit dafür vergehen muss, ist nicht definiert. Beim Attribut kompostierbar hingegen schon, nämlich in der DIN13432. Wobei da auch noch zwischen dem heimischen Komposthaufen und der industriellen Kompostieranlage unterschieden wird, denn in der Anlage herrschen höhere Temperaturen, wodurch die Zersetzung beschleunigt wird.
neue verpackung: Gibt es– außerhalb der EU – bereits von anderen Ländern ähnliche Bestrebungen, eine solche Abgabe einzuführen?
Biss: Bisher gelten in Europa Spanien, Italien und England als Vorreiter mit einer eigenen Kunststoff-Steuer, die sich auf den Einsatz von Rezyklaten oder die Recyclingfähigkeit von Verpackungen fokussiert. Auf dem afrikanischen Kontinent gibt es mehrere Länder, die sehr rigoros Verbote durchsetzen, doch Abgaben und/oder Steuern sind mir bisher nicht bekannt. Ich rechne am ehesten im asiatischen Raum mit Abgaben und Steuern auf nicht recyclingfähige Verpackungen wie auch auf Verpackungen, die ohne Rezyklat-Anteil in Verkehr gebracht werden. Hier richtet sich klar der Blick in Richtung Europa, in Asien ist man derzeit auch an einem Pendant zur SUPD dran.
neue verpackung: Wer zahlt – voraussichtlich – am Ende die Zeche: Packmittelhersteller, Inverkehrbringer/Markenartikler oder der Verbraucher?
Biss: Das wird die Praxis zeigen, und kann derzeit sicher noch nicht pauschal beantwortet werden. Aber, betrachtet man die Plastikabgabe, welche die EU im Januar 2021 zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft eingeführt hat, so gibt es je nach EU-Mitgliedstaat die unterschiedlichsten Herangehensweisen. Die einen halten Töpfe dafür vor, andere geben es weiter an die Wirtschaft, die wiederum schlagen es auf die Produkte drauf. Someone has to pay the bill. Doch auch wenn uns jetzt im ersten Moment der Aufbau einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft als teuer erscheint, so kann diese einen Segen darstellen und viele Produkte auch wieder erschwinglicher machen. Insbesondere für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland, im Rahmen der derzeitigen Preistendenzen bei jeglichen Rohstoffen.
Malte Biss war letztes Jahr einer der Vortragenden auf unserem Packaging Summit. Wer dieses Jahr mit dabei ist, erfahren Sie auf unserer Veranstaltungsseite - schauen Sie doch mal vorbei: