
Verpackungen aus Papier, Kunststoff-Monomaterial oder auch Rezyklat sind weiterhin stark gefragt. (Bild: Syntegon)
neue verpackung: Herr Sauer, das wohl größte Thema der Branche und damit auch der Fachpack ist die mittlerweile im EU-Parlament verabschiedete PPWR (Packaging and Packaging Waste Regulation). Wie gut sind Ihre Kunden eigentlich darauf vorbereitet – und welche Rolle kann ein Verpackungsmaschinenbauer wie Syntegon konkret bei der Umsetzung spielen?

Torsten Sauer: Das ist eine sehr wichtige Frage. Erst einmal muss ich sagen, dass die Situation sehr unterschiedlich ist. Es gibt eine Gruppe von Kunden, die schon seit Langem an der Umstellung arbeitet. Für diese Kunden bedeutet die Verabschiedung der PPWR im Grunde eine Bestätigung dessen, was sie bereits tun. Sie haben ihre Prozesse validiert und sagen nun: „Wir sind bereit. Wir können weitermachen, weil wir jetzt mehr Orientierung haben.“ Diese Kunden haben schon Maßnahmen ergriffen, sind in der Umsetzung weit fortgeschritten und können jetzt direkt in die Implementierungsphase gehen.
Auf der anderen Seite gibt es eine Gruppe, die erst jetzt beginnt. Diese Kunden reagieren auf die neue Regulierung und merken den Druck von außen. Beispielsweise spüren sie, dass sie von Zulieferern oder Endkunden jetzt quasi getrieben werden, etwas zu verändern, sonst könnten sie im nächsten Jahr möglicherweise nicht mehr im Geschäft sein. Diese Kunden sagen: „Jetzt kommt die PPWR, jetzt müssen wir handeln.“
Für beide Gruppen gibt es spezifische Ansätze. Die, die bereits umgestellt haben, können wir bei der Implementierung unterstützen, indem wir sicherstellen, dass die validierten Lösungen auch in der Produktion funktionieren. Für die Kunden, die erst jetzt anfangen, bieten wir umfassende Beratungsleistungen an. Wir unterstützen sie dabei, herauszufinden, welche Materialien für ihre Prozesse geeignet sind, und helfen ihnen bei Tests. Hier arbeiten wir eng mit Partnern wie Interzero oder Materialherstellern zusammen, um die optimale Lösung für ihre Anforderungen zu finden.
neue verpackung: Wie steht es eigentlich um den vor allem von den Konsumenten am POS getriebenen Trend der vergangenen Jahre – von Kunststoff auf faserbasierte Packmittel umzusteigen?
Sauer: Die gute Nachricht ist, dass Rezyklierfähigkeit nun eine zentrale Rolle spielt, zumindest in Europa. Das gibt uns klare Orientierungspunkte. Papier und Kunststoff werden somit jetzt auf einer vergleichbaren Ebene bewertet. Es wird erwartet, dass Papier weiterhin eine wichtige Rolle spielt, besonders weil es als rezyklierfähiges Material gegenüber Kunststoff oft bevorzugt wird.
Aber es hängt stark vom Produkt und dem Markt ab. Manche Kunden bevorzugen weiterhin Kunststoff, weil es funktional besser für ihre Bedürfnisse ist, oder weil die Kosten eine große Rolle spielen. Es gibt also keinen klaren Gewinner. Beide Materialien – Papier und Kunststoff – haben ihre Berechtigung, aber Papier bekommt aufgrund der neuen Regularien mehr Aufmerksamkeit.
neue verpackung: In der Vergangenheit hörte man oft, dass die Umstellung auf faserbasierte Materialien oder Monomaterialien zu Effizienzverlusten führte. Muss ich mich als Anwender weiterhin zwischen Nachhaltigkeit und Effizienz entscheiden?

Sauer: Das ist tatsächlich eine zentrale Frage. Viele unserer Kunden haben Maschinen auf Monomaterialien oder faserbasierte Materialien umgestellt und mussten dabei feststellen, dass dies oft mit Einschränkungen einhergeht. Denn diese Materialien verhalten sich anders als herkömmliche, optimierte Verpackungen, wie zum Beispiel flexible Kunststoffverbunde. Deshalb kam es in der Vergangenheit oft zu Einbußen in der Geschwindigkeit oder einem höheren Ausschuss.
Unsere Aufgabe ist es darum, sicherzustellen, dass die Verarbeitung dieser neuen Materialien genauso effizient ist wie die herkömmlicher Kunststoffe. Bei der horizontalen Riegelverpackung können wir zum Beispiel kaltgesiegeltes Papier mit einer Geschwindigkeit von 800 Einheiten pro Minute verarbeiten – genau wie bei Kunststoffen. Und auch bei vertikalen Beutelsystemen erreichen wir die Industriestandards mit faserbasierten Materialien.
Das erfordert jedoch spezielle Anpassungen an den Maschinen. Dazu gehören etwa Formwerkzeuge, die so entwickelt sind, dass sie das Material bei hohen Geschwindigkeiten in die richtige Form bringen, ohne dass es zu Rissen oder Faltenbildung kommt. Auch die Siegeltechnologie muss angepasst werden, da Papier dicker ist als Kunststoff und anders auf Wärme reagiert. Aber mit den richtigen Anpassungen und Werkzeugen können wir die gleichen Geschwindigkeiten und die gleiche Produktivität wie bei herkömmlichen Materialien erreichen.
neue verpackung: Auf Ihrer Website habe ich gelesen, dass Syntegon auch Lösungen für Biokunststoffe anbietet. Vielleicht erst einmal zur Einordnung: Was genau verstehen Sie darunter – biobasierte oder biologisch abbaubare Kunststoffe? Und welche Rolle spielen diese in der Industrie?
Sauer: Stimmt, Biokunststoffe sind ein breites Feld. Für uns ist es aber letztlich egal, ob es sich um biobasierte oder biologisch abbaubare Kunststoffe handelt. Sobald sie als Packstoff verarbeitet sind, verhalten sie sich vergleichbar zu anderen Polymeren. Der Unterschied ist für uns also nicht so relevant. Um die Frage aber trotzdem zu beantworten: Wir sprechen hauptsächlich über die biologische Abbaubarkeit der Materialien.
Wir haben mit Materialherstellern zusammengearbeitet und schon vor einigen Jahren begonnen, biologisch abbaubare Materialien zu testen. Diese Materialien verhalten sich anders als herkömmliche Kunststoffe, aber wir haben Lösungen gefunden, um sie zuverlässig und ohne Probleme zu verarbeiten. Besonders im Bereich „on the go“ sehen wir einen Bedarf an biologisch abbaubaren Verpackungen, weil viele Marken verhindern möchten, dass ihre Verpackungen in der Umwelt landen.
Wenn auch die meisten unserer Kunden, auch getrieben durch die PPWR, in Richtung Zirkularität arbeiten – manchmal scheitert das auch schlicht an den Zielmärkten. Denn bei Weitem nicht in allen Regionen der Welt gibt es die nötige Infrastruktur, um Stoffkreisläufe zu schaffen. Und dann sind Verpackungen, die sich in kurzer Zeit in der Umwelt auflösen, auf jeden Fall die nachhaltigere Lösung.
neue verpackung: Welche Rolle kommt bei all dem eigentlich der Digitalisierung zu?
Sauer: Eine ganz entscheidende. Unser Sustainability Monitoring beispielsweise erfasst verschiedene Parameter, wie Energieverbrauch, Betriebszeiten und Effizienz. Mit diesen Daten können wir dann zusammen mit unseren Kunden Optimierungspotenziale ableiten. Dabei muss es hier natürlich immer um Eingriffe gehen, die die Prozessstabilität selbst nicht negativ beeinflussen. Das können dann beispielsweise intelligente Abschaltzyklen bei größeren Energieabnehmern sein, die bisher konstant im Stand-by liefen und entsprechend vermeidbaren Verbrauch erzeugen.
Außerdem spielt die Prozesskontrolle im Kontext der Umstellung auf alternative und damit oft auch sensitive Packmittel – unserem Hauptthema heute – eine immer wichtigere Rolle. Denn die Prozessfenster sind hier deutlich enger, um diese Packmittel wirksam und effizient verarbeiten zu können.
In Zukunft könnte hier auch KI eine größere Rolle spielen, aber im Moment setzen wir noch auf menschliche Expertise. Denn die Herausforderung liegt oft darin, die gesammelten Daten richtig zu interpretieren und Handlungsempfehlungen abzuleiten – hier braucht es die Erfahrung und das Know-how unserer Expertinnen und Experten. Wir arbeiten aber natürlich kontinuierlich daran, diese Prozesse weiter zu automatisieren und zu verbessern.
Packaging Machinery Conference 2025 – jetzt anmelden

Nach der erfolgreichen Erstausgabe der Packaging Machinery Conference am 11. und 12. Juni 2024 stand schnell fest, dass unsere Veranstaltung für den Verpackungsmaschinenbau in die zweite Runde geht. Und zwar am 04. und 05. Juni 2025 in München.
Auch in diesem Jahr haben wir mit unserem Fachbeirat, bestehend aus Richard Clemens, Geschäftsführer Fachverband Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen des VDMA, Verpackungsexpertin Valeska Haux, Jana Götz, Strategic Business Development Manager bei SEW-Eurodrive, Prof. Dr.-Ing. Matthias Niemeyer, CEO der Uhlmann Group, sowie Christian Traumann, CEO und Sprecher der Geschäftsführung der Multivac Group, spannende Themen und Speaker gefunden, die auf aktuelle Herausforderungen des Verpackungsmaschinenbaus eingehen.
Das Programm mit den Themenblöcken Nachhaltigkeit, Automatisierung/Digitalisierung, Regularien sowie Globalisierung finden Sie auf der unten verlinkten Event-Seite.
Infos zur Veranstaltung, inklusive Rückblick und Anmeldung für 2025 gibt es hier.