Schon in der Kindheit ist mein Vater mit mir regelmäßig mit dem Zug in verschiedene Technik-Museen gefahren. Als es um die Wahl des Studiengangs ging, war daher von Beginn an klar, dass es für mich etwas Technisches sein muss. Jedoch entschied ich mich gegen das klassische Maschinenbaustudium, da dieser Studiengang für mich damals nicht greifbar genug war. Daher schrieb ich mich an der TH Würzburg-Schweinfurt für den Ingenieurstudiengang „Kunststoff- und Elastomertechnik“ ein. Für mich die perfekte Entscheidung: Hier fand ich die Symbiose des Maschinenbaus und der Materialkunde.
Meine ersten Schritte in der Verpackungsbranche
Meinen Berufseinstieg hatte ich in der Forschung und Entwicklung am SKZ - Das Kunststoff-Zentrum. Diese Entscheidung war goldrichtig. Dort arbeitete ich mit den unterschiedlichsten Unternehmen zusammen – von Start-Ups über Mittelständler bis hin zu Konzernen. Im Rahmen meiner Tätigkeit haben wir die klassischen Labor-Farbmessgeräte durch Inline-Methoden früher in den Prozess integriert, um Produktionsabfälle zu vermeiden oder durch eine kompakte Bauweise zu mobilen Handgeräten entwickelt, die eine Farbmessung der Verpackungen direkt am POS ermöglichen. Beim SKZ wird sowohl Grundlagenforschung betrieben als auch mit Industriekunden an konkreten Projekten zur industriellen Anwendung gearbeitet. Da mich letzteres immer mehr begeisterte, war für mich die logische Konsequenz, in die freie Wirtschaft zu wechseln.
Aufgrund meiner Forschungsschwerpunkte Appearance, Farbe und funktionelle Eigenschaften haben sich für meinen weiteren Weg zwei Hauptbranchen herauskristallisiert – die Automobil- sowie die Verpackungsbranche. Ich entschied mich für letztere. Warum? Ich hatte schon immer ein Faible für Verpackungen und interessierte mich für die Haptik, Optik und das Design von Produkten am POS. Zudem bin ich mit dem Grünen Punkt groß geworden, habe brav den Deckel vom Joghurtbecher getrennt und in den gelben Sack gepackt. Die Vielfalt der Materialien und Prozesse in der Verpackungsbranche in Verbindung mit dem Thema Nachhaltigkeit faszinierte mich einfach.
Deep Dive in die Welt eines Verpackungsherstellers
Bei Duo Plast, einem Hersteller von Blasfolien für den industriellen und landwirtschaftlichen Bereich, leitete ich das akkreditierte Prüflabor. Im Kundenauftrag prüften und optimierten wir als neutrales und unabhängiges Prüflabor die Stabilität von Ladeeinheiten. Dabei haben wir alle beteiligten Komponenten von der Primär- bis zur Transportverpackung berücksichtigt. Das Kundenspektrum war breit gefächert und reichte von Unternehmen der Lebensmittelbranche über FMCG bis hin zur Bauindustrie. Diese Zeit war großartig, da ich viele verschiedene Packmittel sowie -prozesse kennengelernt habe. Ich konnte vielen Kunden aufzeigen, dass gerade in der Supply-Chain ein großes Potential im Hinblick auf die Nachhaltigkeit existiert. Wenn Unternehmen direkt bei der Produktentwicklung berücksichtigen, welche logistischen Rahmenbedingungen wie maximale Lagerhöhe oder Transport im Doppelstock vorliegen, ist das eine perfekte Ausgangslage: Manchmal kann es nachhaltiger sein, den Materialeinsatz in der Primär- oder Sekundärverpackung leicht zu erhöhen, wenn dadurch deutlich mehr auf der Palette transportiert werden kann. So lassen sich Zeit und Geld sparen.
Warum Perspektivwechsel nötig sind, um voranzukommen
Und dennoch kam nach einer gewissen Zeit der Wunsch auf, tiefer in die Packprozesse einzusteigen. Als externer Dienstleister stieß ich bei der Duo Plast dabei an meine Grenzen. Ich konnte nie hinter die Kulissen blicken und Prozesse ganzheitlich im eigenen Unternehmen begleiten. Daher habe ich die Seite vom Hersteller zum Anwender gewechselt.
Bei der Haba Familygroup, meinem darauffolgenden Arbeitgeber, konnte ich mich voll und ganz der Prozesslandschaft widmen. Das Unternehmen stellt nicht nur qualitativ hochwertiges Holzspielzeug her, sondern auch Möbel sowie Ausstattung für Kindergärten. Alles musste verpackt werden, von der kleinen Trillerpfeife bis zum großen zwei Meter hohen Schrank. Es war nicht immer leicht, den Spagat zwischen einer Verpackung für den POS und dem E-Commerce zu schaffen. Bis zu meinem Eintritt wurde bei der Verpackungsentwicklung sehr stark auf die Zulieferer gesetzt. Innerhalb von drei Jahren bauten wir eine eigene Entwicklungsabteilung auf und generierten unternehmensweite Standards, was sich besonders während der Corona-Pandemie bewährte.
Dort lernte ich auch die Bedeutung interdisziplinärer Vernetzung kennen. Mein Ziel war es, die Verpackung ganzheitlich zu betrachten – von der Entwicklung, dem Einkauf über die gesamte Supply-Chain bis hin zum Endverbraucher. Meiner Meinung nach leidet die Branche häufig noch unter einem ineffizienten Silodenken. Zudem ist die starke Fokussierung auf das reine Material zu kurz gesprungen. In der Öffentlichkeit heißt es schnell, Kunststoff sei generell schlecht und alles müsse in Papier verpackt werden. Das Hauptziel sollte sein, die vielfältigen Produkte zu schützen und genau dabei helfen vielfältige Verpackungsmaterialien. Diese sollten dann jedoch idealerweise als Monomaterial eingesetzt werden.
Schnelle Product-To-Market-Strategie durch ganzheitliche Prozessoptimierung
Seit April 2024 arbeite ich nun bei der Carton Group, einem Hersteller mit dem Leitspruch „Beyond Packaging“. Das Unternehmen verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Unsere Ausrichtung ist klar: Es geht darum, die Branche zu transformieren und von dem immer noch üblichen sequenziellen Vorgehen wegzukommen, bei dem immer wieder relevante Informationen verloren gehen. Wenn die einzelnen Abteilungen nicht von Anfang an im Austausch stehen, geschieht häufig folgendes: Agenturen entwerfen ein schickes Design fürs Marketing, stimmen sich aber in dieser frühen Phase nicht mit der Produktion ab. Das Ergebnis: Erst in der Entwicklung oder im Produktionsprozess fällt auf, dass sich das schöne Design technisch nur schwer umsetzen lässt. So entsteht ein ständiges Hin und Her zwischen Verpackungsmaschinenhersteller, Packmittelhersteller, Einkäufer, Logistik, Marketing und Agentur mit unzähligen Folgegesprächen, die unglaublich viel Zeit kosten. In der Carton Group ist der Weg ein anderer: Alle Beteiligten arbeiten von Anfang an eng zusammen. Der Kunde erhält einen ganzheitlichen Service mit Vorschlägen zu innovativen Designmöglichkeiten oder nachhaltigen Materialien für seine Verpackung. Genau deshalb begeistert mich das Unternehmen.
Bei der Carton Group leite ich den Bereich Produktentwicklung und Innovationen. Ich bringe unsere Designagenturen sowie Produktionsstätten mit ihren unterschiedlichen Expertisen zusammen. Dadurch erweitern sowohl wir als auch unsere Kunden ihr Wissen. Durch die verkürzte Product-To-Market-Kette können wir unseren Kunden einen echten Mehrwert bieten. Wir unterstützen diese nicht nur beim Branding und der Markengestaltung, sondern unter anderem auch bei der Betrachtung der Nachhaltigkeit, der Einhaltung neuer Regularien wie der PPWR oder dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz oder Augmented Reality.
Es gibt keine andere Branche, die so vielfältig ist und in der jede und jeder seine Leidenschaft finden kann. Wo sonst gibt es so viele unterschiedliche Perspektiven auf ein Thema? Wo gibt es eine solche Bandbreite an Facetten? Ich liebe, was ich tue. Wer einmal in der Branche Fuß gefasst hat, verlässt sie so schnell nicht mehr.