Markt

17. Jun. 2025 | 06:00 Uhr | von Redaktion

„Für den Live-Test gibt es nach wie vor keinen Ersatz“

Kai Hofmann, Leiter der Entwicklungsabteilung bei Antalis Verpackungen, im Interview

Kai Hofmann, Leiter der Entwicklung bei Antalis Verpackungen, sprach mit neue verpackung über die Rolle von Live-Tests, nachhaltige Materialien und warum Unternehmen möglichst früh bei der Produktentwicklung an die Verpackung denken sollten.

Mehrere Verpackungen auf Tisch.

Im Packaging Design Center von Antalis Verpackungen in Leinfelden entstehen Verpackungen für viele Branchen, beispielsweise den Automobilbereich. (Bild: Redaktion)

Kai Hofmann
Kai Hofmann (Bild: Antalis Verpackungen)

neue verpackung: Herr Hofmann, wenn es auch nicht immer so hieß: Das Packaging Design Center (PDC) bei Antalis Verpackungen hat inzwischen eine lange Historie. Wann genau hat alles begonnen und mit welchem Ziel?
Kai Hofmann: Ich bin zwar noch nicht ewig dabei, aber ich habe Projekte aus dem Jahr 1997 gefunden – das dürften die Anfänge sein. Damals noch unter Brangs + Heinrich, also nicht unter Antalis. Das PDC in Landshut wurde offiziell 2004 gegründet, damals noch unter einem anderen Namen. Ziel war es von Anfang an, das konstruktive Verpackungsgeschäft zu fördern, unabhängiger von Lieferanten zu werden und Materialunabhängigkeit zu erreichen – das war damals ein Alleinstellungsmerkmal. Heute gibt es natürlich viele Entwicklungsabteilungen, aber wir gehören zu den ersten und bis heute größten in diesem Bereich.

neue verpackung: Ihre Abteilung umfasst aktuell neun Mitarbeiter plus drei Werkstudierende. Planen Sie weiteres Wachstum?
Hofmann: Die Marktlage ist derzeit natürlich herausfordernd. Aber konstruktive Verpackung ist unser Steckenpferd, und wenn Bedarf da ist, werden wir weiter wachsen – wobei wir meines Wissens wie gesagt bereits heute die größte Entwicklungsabteilung im Umfeld unserer Marktbegleiter haben. Als nächsten Wachstumsschritt würden wir dann natürlich am liebsten unsere aktuellen Werkstudierenden fest übernehmen, da diese sich über einen Zeitraum von teilweise bis zu zwei Jahren so gut eingearbeitet haben, dass sie bereits sehr eigenständig arbeiten können.

neue verpackung: Sie betonen auf Ihrer Homepage immer wieder die Material- und Lieferantenunabhängigkeit des PDC. Wie konkret wirkt sich das auf die Arbeit mit Kunden aus?
Hofmann: Das ist natürlich immer projektabhängig. Manche Kunden haben genaue Vorstellungen, andere geben uns völlige Freiheit. Der Vorteil für Kunden liegt in unserer Expertise und in der Möglichkeit, verschiedene Materialien optimal zu kombinieren. Unsere Erfahrung mit unterschiedlichen Materialien und deren Eigenschaften ermöglicht uns dann die Entwicklung passgenauer Lösungen – gerade im Hinblick auf Themen wie Nachhaltigkeit.

Zitat

„Manche Kunden haben genaue Vorstellungen, andere geben uns völlige Freiheit.“

neue verpackung: Wie viele Materialien stehen Ihnen aktuell zur Auswahl?
Hofmann: Ich würde mindestens zehn Standardmaterialien in Plattenform zählen, plus eine Vielzahl an Schäumen und Spezialmaterialien, die sich noch einmal insgesamt auf ein gutes Dutzend aufsummieren. Exotischere Materialien wie Getreidespelzen prüfen wir projektweise, stoßen aber oft auf Akzeptanzprobleme und Fragen der Recyclingfähigkeit. Bei einer klassischen Faltschachtel ist der Entsorgungsweg für unsere wie deren Kunden an faktisch jedem Ort der Welt immer klar, weshalb es dann meist auf eine solche Lösung hinausläuft.

neue verpackung: Wie läuft ein typisches Entwicklungsprojekt ab?
Hofmann: Alles beginnt mit dem Kundenkontakt über den Innen- oder Außendienst. Letzterer besucht den Kunden, nimmt Anforderungen auf. Das funktioniert gut, denn teilweise haben unsere Kollegen im Vertrieb verpackungstechnischen Hintergrund. Außerdem gibt es für unseren Außendienst Schulungen und eine standardisierte Checkliste zur Anforderungsaufnahme. Denn auch wenn diese Kollegen am Ende nicht die Verpackung entwickeln, müssen sie fundiert beraten können.
Mit den so erhaltenen Informationen erstellen wir dann ein Design auf Basis von CAD-Daten und Mustern. Der Kunde erhält eine technische Dokumentation, häufig ergänzt durch 3D-Visualisierungen oder auch Muster. Rückmeldungen fließen dann direkt in die Optimierung ein.

Plotter, mit dem sich Prototypen und Kleinserien erzeugen lassen.
Das Packaging Design Center verfügt über zwei Plotter, mit denen sich Prototypen und Kleinserien erzeugen lassen. (Bild: Redaktion)

neue verpackung: In der Vergangenheit wurde die Verpackungsentwicklung manchmal besonders kompliziert, weil an das Packaging erst ganz am Ende eines Projektes gedacht wurde. Werden Sie mittlerweile früher in die Entwicklungsphasen einbezogen?
Hofmann: Es wird besser, allerdings kommt das Thema Verpackung aus unserer Sicht oft noch immer zu spät auf die Agenda und so erhalten wir dann regelmäßig Mails mit Projektanfragen, die mit „Eilig!“ im Betreff beginnen.

Dadurch dass das Thema Nachhaltigkeit an Relevanz gewonnen hat, gibt es aber natürlich immer mehr Kunden, die Verpackungsdesign frühzeitig mitbedenken – schließlich ist sie häufig der erste Berührungspunkt mit dem Kunden und muss hier einen positiven, also nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Nach wie vor können wir unsere Expertise leider nicht früh genug einbringen und somit auch keine grundlegende Designänderung am Produkt beeinflussen. Dies führt dazu, dass in solchen Fällen die Möglichkeit, eine noch bessere Verpackungslösung zu entwickeln, entfällt.

neue verpackung: Welche Rolle spielt Transportsicherheit bei Ihrer Arbeit im PDC?
Hofmann: Eine ganz zentrale! Wir bieten Klimakammer- und Falltests an, sowohl intern als auch in Zusammenarbeit mit Partner­instituten wie dem VDZ Dortmund oder dem BFSV Hamburg. Wobei natürlich immer der Kunde entscheidet, ob und welche Tests durchgeführt werden sollen. Wir unterstützen beratend und auch organisatorisch, wenn beispielsweise offizielle Zertifizierungen gewünscht sind.

neue verpackung: Und wie verhält es sich in Sachen Nachhaltigkeit? Ganz konkret: Ist ein Lebenszyklusdenken – Stichwort Reparatur, Reinigung, Wiederverwendbarkeit – bei Ihren Projekten bereits Standard?
Hofmann: Teilweise. Wir standen beispielsweise kürzlich vor der Aufgabe, einen Ladungsträger zu entwickeln, der durch Austausch einzelner Schaumeinsätze weiterverwendet werden konnte. Reinigbarkeit gewinnt ebenfalls an Bedeutung, etwa im E-Mobility-Bereich. Dafür nutzen wir Materialien wie Vollkunststoffe (beispielsweise Propysol) oder bestimmte Schäume, die unterschiedliche Waschprozesse aushalten. Automatisierungsfähigkeit ist ebenfalls ein wachsendes Thema.

Lager mit gängigen Materialien und Schäumen.
Im hauseigenen Lager sind die gängigsten Materialien und Schäume immer vorrätig. (Bild: Redaktion)

neue verpackung: Nutzen Sie bestimmte Tools oder auch KI zur Auslegung von neuen Verpackungslösungen?
Hofmann: Ja, wir haben mit einer Werkstudentin einen Kalkulator zur Stabilitätsabschätzung von Steckgefachen entwickelt. Er basiert auf Versuchen und ergänzt unsere eigene Erfahrung. Kommerzielle Simulationstools sind hier oft nicht praxisnah genug. Aber auch bei unserer eigenen Entwicklung gilt: Am Ende muss alles noch einmal einen Live-Test bestehen, dafür gibt es nach wie vor keinen Ersatz.

Künstliche Intelligenz ist ebenfalls spannend – etwa zur Ideengenerierung. Aber um ehrlich zu sein: derzeit noch eher Spielerei. Eine KI-Integration in unsere CAD-Software hingegen ist für die Zukunft angekündigt.

Die Fragen stellte Philip Bittermann, Chefredakteur neue verpackung

Verpackungstests in der Klimakammer

In den Klimakammern werden bei Antalis Verpackungen nicht nur VCI-Verpackungen hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit geprüft, sondern auch Aluminium-Verbundfolien und Trockenmittel. Wie solche Tests genau aussehen, beschreibt der Standard-Test nach DIN EN 60068-2-30:

Weltweiter Versand
Step 0    25 °C, 35 % rel. Luftfeuchte
Step 1    6 Stunden konstant halten bei        25 °C, 98 % rel. Luftfeuchte
Step 2    steigern innerhalb 3 Stunden auf    55 °C, 95 % rel. Luftfeuchte
Step 3    9 Stunden konstant halten bei        55 °C, 93 % rel. Luftfeuchte
Step 4    senken innerhalb 3 Stunden auf      25 °C, 98 % rel. Luftfeuchte
Step 5    3 Stunden konstant halten bei        25 °C, 98 % rel. Luftfeuchte

Innereuropäischer Versand
Step 0    25 °C, 35 % rel. Luftfeuchte
Step 1    steigern innerhalb 1 Stunde auf     40 °C, 90 % rel. Luftfeuchte
Step 2    7 Stunden konstant halten bei       40 °C, 90 % rel. Luftfeuchte
Step 3    senken innerhalb 3 Stunden auf    18 °C, 90 % rel. Luftfeuchte
Step 4    13 Stunden konstant halten bei     18 °C, 90 % rel. Luftfeuchte

  • Ein Zyklus dauert 24 Stunden.
  • 7 Zyklen simulieren im Durchschnitt einen realen Transport.
  • Standard-Anzahl Zyklen bei AVP: 10 Zyklen.
  • Standard-Anzahl Zyklen bei Langzeiteinlagerungen bei AVP: 12 Zyklen.

Prüfschärfegrade laut DIN EN 60068-2-30
a) Obere Temperatur:   40 °C
Anzahl Zyklen:              2, 6, 12, 21, 56
b) Obere Temperatur:   55 °C
Anzahl Zyklen:              1, 2, 6

VCI-Papier-Test
Weckglastest in Anlehnung an DIN EN ISO 6270-2 AHT

Step 1    50 °C, 100% rel. Luftfeuchte    16 Stunden
Step 2    23 °C 65% rel. Luftfeuchte         8 Stunden
Ein Zyklus dauert 24 Stunden, die Prüfdauer beträgt 12 Zyklen.

VCI-Folie-Test
Step 1    50 °C, 100 % rel. Luftfeuchte    16 Stunden
Step 2    23 °C 65 % rel. Luftfeuchte         8 Stunden
Ein Zyklus dauert 24 Stunden, die Prüfdauer beträgt 12 Zyklen.

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