Wie lässt sich mit der CSRD ein Mehrwert generieren?
Nachhaltigkeits-Reporting: Der Weg vom Bericht zur Wertschöpfung
CSRD als Chance statt Pflicht? Tabea Hosak zeigte auf der Packaging Machinery Conference 2025, wie Unternehmen trotz Unsicherheit strategischen Mehrwert aus Nachhaltigkeitsberichterstattung ziehen können – mit Fokus, Software & Mut zur Umsetzung. Jetzt handeln lohnt sich!
Am zweiten Tag der Packaging Machinery Conference 2025 betrat Tabea Hosak, Sustainability & Decarbonization Specialist bei Tanso, die Bühne, um ihren Vortrag zur Frage: „CSRD: Wie lässt sich in Zeiten regulatorischer Unsicherheit ein strategischer Mehrwert generieren?“ zu halten. Was folgte, war nicht nur ein fundierter Überblick über den aktuellen Stand der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), sondern auch ein leidenschaftliches Plädoyer für einen pragmatischen und chancenorientierten Umgang mit Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Für wen gilt die CSRD nach dem Omnibus?
Gleich zu Beginn nahm Hosak die Stimmung im Raum auf und fragte augenzwinkernd: „Was haben Sie für ein Gefühl, wenn Sie CSRD hören? Sind Sie noch entspannt – oder schon verzweifelt?“ Die Reaktionen im Publikum zeigten, dass viele sich irgendwo zwischen Unsicherheit und Überforderung einordneten. Genau hier setzte ihr Vortrag an.
Die CSRD, so ordnete Hosak ein, sei 2021 als Teil des European Green Deal verabschiedet worden. Ziel sei es, die europäische Wirtschaft auf Klimaneutralität bis 2050 auszurichten. Die Richtlinie ersetzt die bisherige Non-Financial Reporting Directive (NFRD) und erweitert den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen von rund 10.000 auf potenziell 50.000. In vier Wellen sollen Unternehmen – je nach Größe und Kapitalmarktorientierung – zur Berichterstattung verpflichtet werden. Doch gerade in Deutschland ist die Umsetzung ins nationale Recht noch nicht erfolgt – ein Umstand, der viele Unternehmen verunsichert.
Hinzu kommt der sogenannte Omnibus-Vorschlag der EU-Kommission, der eine Reduktion der Bürokratie um 25 % vorsieht – für kleine und mittlere Unternehmen sogar um 35 %. In diesem Zusammenhang wird diskutiert, die Schwelle für die Berichtspflicht von 250 auf 1.000 Mitarbeitende anzuheben. „Da fallen dann vier Fünftel der Unternehmen wieder raus“, so Hosak. Doch auch hier herrscht Uneinigkeit: Frankreich fordert eine Schwelle von 3.000 Mitarbeitenden, Italien 500, und die EZB plädiert ebenfalls für eine niedrigere Grenze. Ein endgültiger Vorschlag wird für Oktober 2025 erwartet.
Wie kann Nachhaltigkeitsberichterstattung Mehrwert erzeugen?
Trotz dieser Unsicherheiten plädierte Hosak dafür, die CSRD nicht als Belastung, sondern als strategische Chance zu begreifen. Denn wer jetzt aktiv werde, könne sich differenzieren und einen echten Mehrwert schaffen. Sie stellte vier mögliche Strategien vor, wie Unternehmen mit der Situation umgehen können:
- Die vollständige Umsetzung der CSRD mit allen bis zu 1.200 Datenpunkten – sinnvoll für große Unternehmen oder solche, die sicher über der Schwelle zur Berichtspflicht liegen.
- Ein thematischer Fokus, etwa auf das Thema Klima, mit rund 200 Datenpunkten – eine pragmatische Lösung für viele Mittelständler.
- Die Anwendung des freiwilligen VSME-Standards – stark reduziert und besonders für Zulieferer geeignet.
- Der bewusste Verzicht auf Berichterstattung – nur sinnvoll, wenn keine externe Nachfrage besteht.
Besonders eindrücklich war Hosaks Argumentation, dass Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht nur eine Pflicht, sondern ein Instrument zur Wertschöpfung sei. Sie nannte vier zentrale Hebel für Unternehmen:
- Kostenvermeidung durch frühzeitiges Risikomanagement, etwa beim CO₂-Preis.
- Reduktion von Lieferkettenrisiken, etwa durch klare Anforderungen an Menschenrechte.
- Produktinnovationen, die neue Märkte erschließen oder Kundenbedürfnisse besser bedienen.
- Verbesserter Zugang zu Finanzmitteln, etwa durch Förderprogramme oder Investorenanforderungen.
„Die ersten CO₂-Einsparmaßnahmen sind meistens auch Maßnahmen, bei denen ich effizienter werde – also auch Kosten spare“, betonte sie. Und weiter: „Man muss nicht alles perfekt machen. Es ist völlig okay, erstmal mit Durchschnittswerten zu arbeiten.“
Ein weiterer Schwerpunkt ihres Vortrags war die Rolle von Softwarelösungen wie die von Tanso. Die Plattform ermögliche es Unternehmen, bestehende ERP-Daten zu nutzen, um CO₂-Emissionen zu berechnen, Maßnahmen zu planen und Berichte zu erstellen. Dabei werde auf Automatisierung, Künstliche Intelligenz und Auditierbarkeit gesetzt. Hosak zeigte anhand von Fallbeispielen, wie Unternehmen mithilfe der Software signifikante Emissionseinsparungen erzielen konnten – etwa durch den Umstieg auf recyceltes Aluminium oder durch die Identifikation ineffizienter Maßnahmen wie den Wechsel auf E-Autos bei geringer Fahrleistung. „Ein Elektroauto lohnt sich erst ab 25.000 Kilometern aus einer Emissionsbilanz“, erklärte sie.
Was hat Nachhaltigkeit mit Controlling zu tun?
Zum Abschluss gab Hosak praktische Empfehlungen: Unternehmen sollten sich auf ein zentrales Thema konzentrieren, dieses aber konsequent und vollständig bearbeiten. Sie sollten Synergien mit anderen Standards wie CDP (Carbon Disclosure Project) oder Ecovadis nutzen, frühzeitig auf Standardisierung und Automatisierung setzen und das Thema Nachhaltigkeit in bestehende Strukturen wie Controlling und Finance integrieren. Besonders wichtig sei es, Maßnahmen nicht nur zu planen, sondern auch umzusetzen – denn hier liege der eigentliche Mehrwert.
In der anschließenden Fragerunde kristallisierte sich heraus, dass Nachhaltigkeit und Controlling künftig enger zusammenwachsen sollten, da es hier klare Synergien bei der Datenanalyse, Auditierbarkeit und Maßnahmenbewertung gebe: „Eigentlich sollte das Nachhaltigkeitsteam Teil des Controlling-Teams werden – oder zumindest eng mit ihm verzahnt sein“, so die Einschätzung von Hosak. Und schloss ihren Vortrag mit einem klaren Appell: „Fangen Sie an, lassen Sie sich nicht demotivieren von Regulatorik, die sich im Detail noch an der einen oder anderen Stelle ändern kann. Es ist ein No-brainer, was es in Sachen Klimaschutz zu tun gibt. Also: Identifizieren Sie Klimarisiken und leiten Sie Maßnahmen ab – Haken dran.“ Wer jetzt handle, könne nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllen, sondern auch einen echten strategischen Vorteil erzielen.