Markus Böhringer

Markus Böhringer, Director Healthcare, sprach über die virtuelle Qualifizierungen im Pharmabereich. (Bild: Redaktion)

Digitaler Zwilling ist ein Begriff, der nun bereits seit geraumer Zeit im Maschinenbau zwar immer wieder fällt, aber bisher meist mehr ein Versprechen als eine konkrete Lösung darstellte.

Grund genug also, einmal beim Sondermaschinenbauer Koch Pac-Systeme vorbeizuschauen, der sich dem Thema Digitalisierung in den vergangenen Jahren stark verschrieben hat. Was kann ein solches virtuelles Abbild denn nun genau leisten? Und wer profitiert davon?

„Ausschlaggebend bei der Einführung des digitalen Zwillings war bei uns der Wunsch, ein Gesamtsystem virtuell in Betrieb nehmen zu können,“ erklärt Jürgen Welker, Director Automation and Technology bei Koch. Denn so lässt sich nicht nur die Konstruktion optimieren, noch bevor der erste „Span gefallen“ ist. Auch die Performance, also beispielsweise wie die Geschwindigkeit einer Anlage verbessert werden kann, lässt sich damit bereits vorab feststellen. Das vereinfacht Kommunikation mit dem Kunden und führt im Ergebnis dann zu einer deutlichen Verkürzung der Projektlaufzeit und in Summe auch einer besseren Qualität.

v.l.: Dr. Tim Wolf, Chief Business Development Officer, und Jürgen Welker, Director Automation and Technology, bei Koch Pac-Systeme.
v.l.: Dr. Tim Wolf, Chief Business Development Officer, und Jürgen Welker, Director Automation and Technology, bei Koch Pac-Systeme. (Bild: Redaktion)

Ab wann lohnt sich ein digitaler Zwilling?

Jürgen Welker
Jürgen Welker bei der Präsentation einer HMI, wie sie aktuell bei Koch Pac-Systeme verbaut werden. (Bild: Redaktion)

Zentraler Kennwert bei jeder Entscheidung über die Anschaffung einer Systemlösung ist für Unternehmen der ROI, also der Return on Investment. Auf gut Deutsch: Wie lange muss eine neue Anlage laufen, bis sie sich selbst refinanziert hat? Und hier tickt die Uhr nicht erst, wenn das erste Produkt vom Band rollt: „Projektstart für unsere Kunden ist, wenn ihr Investitionsantrag bewilligt wurde, die Bestellung platziert wurde und damit auch das erste Geld investiert ist ,“ so Welker. Hat ein Kunde beispielsweise einen ROI von vier Jahren als Richtwert, dann läuft dieser über die komplette Zeit bis zur Fertigstellung. Das ist wichtig zu wissen da, bis eine größere Anlage konstruiert, gebaut und beim Kunden qualifiziert in Betrieb genommen wird, schon einmal bis zu zwei Jahre Zeit vergehen können. Mit dieser Perspektive macht es dann plötzlich einen großen Unterschied, ob eine Anlage einige Wochen oder sogar Monate vorher produzieren und für den Besitzer „Geld verdienen“ kann. „Alles was hilft, gemeinsam schneller zu werden, hilft in solchen Situationen,“ kommentiert Welker.

Eine solche virtuelle Inbetriebnahme zu realisieren, ist mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden, wie Welker weiter anmerkt: Je größer und komplexer ein Maschinenprojekt ist, desto schneller rechnet sich das initiale Investment in einen virtuellen Zwilling. Gleichzeitig darf man aber auch nicht die langfristigen Vorteile außer Acht lassen. Aktuell gehen wir von einer fünfstelligen Investition aus. Allerdings entwickeln wir unsere Lösungen kontinuierlich weiter, so dass wir davon ausgehen, dass sich die Aufwände hier über die Zeit reduzieren werden und damit auch für mehr Projekte attraktiv werden. Hier arbeiten und kooperieren wir mit dem Campus Schwarzwald und anderen Maschinenbauunternehmen. Wir halten eigene Vorlesungen und geben unser erworbenes Know-how auf diese Art weiter.“

Nicht nur bei Neumaschinen ist die Entwicklung eines digitalen Zwillings möglich, sondern auch bei Bestandsanlagen. Ein wichtiger Aspekt, da gerade in Deutschland die Brownfield-Projekte dominieren. Hier erinnert sich Welker an einen Kunden, der eine alte Maschine auf den aktuellen Koch Standard bringen lassen wollte. „Bei dieser Anlage haben wir einen virtuellen Zwilling erstellt und an diesem konnten wir zeigen, welche konstruktiven Änderungen möglich waren. Hierdurch verkürzte sich im Anschluss die Umbauzeit vor Ort und damit auch der Produktionsausfall beim Kunden.“

Wie profitieren Kunden vom digitalen Zwilling?

Wie blicken nun eigentlich Anwender, also die Kunden von Koch, auf den digitalen Zwilling? „Wenn wir das Thema im Verkaufsgespräch adressieren, dann spüren wir das große Interesse unserer Kunden.  Immer häufiger wird der digitale Zwilling Teil des Pflichtenhefts bei der Auftragsvergabe, kommentiert Welker.

Dabei sind die Vorteile klar erkennbar: Die Geschwindigkeit der Herstellung der Anlagen erhöht sich, wodurch sich die Lieferzeiten verkürzen – die Abnehmer können also schneller produzieren und Geld verdienen. Und bei Betrachtung des gesamten Lebenszyklus einer Anlage ergeben sich positive Effekte bei Umbauten, da sich nachträgliche Änderungen an der Maschine am digitalen Zwilling testen und die Stilllstandszeiten während eines Umbaus verkürzen lassen. Ein Vorteil mit Langzeiteffekt.

Und noch ein weiterer Aspekt, mit Blick auf den ROI, kommt bereits zum Zuge, bevor eine Anlage fertiggestellt wurde: Denn mithilfe des digitalen Zwillings lässt sich das Personal bereits viele Wochen vor der tatsächlichen Inbetriebnahme am virtuellen Gegenstück in der Bedienung schulen. So lässt sich die Inbetriebnahme und Einweisung an der physischen Maschine deutlich beschleunigen. Wer früher produziert, kann auch schneller wieder Geld verdienen.

Sind virtuelle Qualifizierungen möglich?

„Da wir viele Maschineprojekte im regulierten Umfeld realisieren, denken wir mittlerweile auch immer wieder über die Möglichkeit einer virtuellen Qualifizierung nach,“ erklärt Markus Böhringer, Director Healthcare bei Koch. Was lässt sich beispielsweise im digitalen Zwilling vorqualifizieren, bevor die echte Qualifizierungsphase losgeht? „Hier tun sich unsere Kunden aktuell noch ein wenig schwer. Virtuell ist eben nicht reell. Und wenn es darum geht, ein offizielles Qualifizierungs-Dokument zu unterschreiben, möchten die meisten dann doch lieber an der echten Anlage getestet haben,“ kommentiert Böhringer.

Die Hoffnung liegt hier derzeit auf der FDA. Denn sollten von regulatorischer Seite positive Signale kommen, dann würde dies zu einer breiteren Akzeptanz führen, ist sich Böhringer sicher. Bisher sei das Thema für einzelne Kunden schwierig.

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(Bild: Hüthig Medien)

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