Die Produktion von Verpackungen sorgt gegenwärtig nämlich nicht nur für klimaschädliche CO2-Emissionen; zugleich enthält beispielsweise Plastik eine Vielzahl toxischer Substanzen, die sowohl für Flora und Fauna als auch den Menschen gesundheitsgefährdend sein können. Dazu kommt, dass die Verschmutzung der Weltmeere mittlerweile kaum mehr beherrschbare Dimensionen annimmt und die Biodiversität massiv gefährdet. Bei der aktuellen Rate wird es in den Ozeanen bis 2050 mehr Plastikteile als Fische geben.
Vor diesem Hintergrund müssen Unternehmen heute Strategien entwickeln, wie sie ressourcenschonend Verpackungen produzieren können, die zugleich aber auch bei den Verbrauchern einen Kaufimpuls auslösen. Daher ist ein effektives Verpackungsdesign auch der kostengünstigste Weg, für sich zu werben.
Werbung erfordert kontinuierliche Ausgaben, während ein ansprechendes Verpackungsdesign in der Lage ist, den Umsatz über einen viel längeren Zeitraum ohne zusätzliche Investitionen zu steigern. Kantar hat in zahlreichen Touchpoint-Analysen gezeigt, dass das Verpackungsdesign und die Präsenz der Verpackung im Regal zwei der sechs wichtigsten Kontaktpunkte sind, die bei Lebensmitteln in puncto Markenaufbau unterstützen.
Verpackungen sind also ein essenzielles Marketinginstrument, das im Moment der Entscheidungsfindung mit den Konsumenten kommuniziert.
No Planet, no Packaging
Zugleich können Verpackungen allerdings auch zu einer negativeren Wahrnehmung der Marke führen, wenn den Erwartungen der Verbraucher nicht ausreichend Rechnung getragen wird. Wie die Kantar Sustainability-Grundlagenstudie zeigt, reagieren Verbraucher heute besonders irritiert auf mangelnde Nachhaltigkeitsstandards, also auf CO2-intensive, schwer abbaubare Materialien oder unnötige Umverpackungen.
Die Nachfrage nach Veränderungen in diesem Bereich ist groß und die Verbraucher erwarten, dass dieses Problem in allen Kategorien angegangen wird. Und das zu Recht – denn die aktuelle Abfallerzeugung überfordert den Planeten. Je reicher Menschen werden, desto mehr konsumieren sie und desto mehr werfen sie weg.
Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreichen zu können, müssen Wege gefunden werden, die Abfallerzeugung von Wirtschaftswachstum und steigendem Lebensstandard zu entkoppeln. Dazu müssen Konsumenten ihre Einstellung und ihr Verhalten von „Nehmen, Verbrauchen und Entsorgen“ auf „Reduzieren, Wiederverwenden und Recyceln“ umstellen und Unternehmen wirklich nachhaltige Produkt- und Verpackungsalternativen in Umlauf bringen, die mit Kreislaufgedanken im Zentrum entwickelt wurden und den gesamten Produkt-Lebenszyklus betrachten.
Nachhaltigkeitseigenschaften erkennbar machen
Konsumenten wissen heute oft nicht, welche Verpackungsmaterialien unter dem Strich wirklich gut oder schlecht sind. Die Kantar Sustainability-Grundlagenstudie zeigt, dass es mehr als jedem zweiten (56 %) schwerfällt, korrekt einzuschätzen, welche Produkte sich positiv oder negativ auf die Umwelt auswirken.
Um die Umweltverträglichkeit von Produkten und ihren Verpackungen leichter erkennbar zu machen, muss allerdings die kurze Aufmerksamkeitsspanne der Verbraucher berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass Nachhaltigkeitseigenschaften von Packungsdesigns in Sekunden am Regal erkennbar sein müssen.
Ein ansprechendes Design zu kreieren, das sich im Regal gut verkauft und gleichzeitig für Konsumenten Nachhaltigkeit ausstrahlt, stellt dabei die zentrale Herausforderung für Marken dar.
Die Nachhaltigkeitseigenschaften der Verpackung sollten implizit kommuniziert werden, während die Verpackung dennoch im Regal auffallen muss und damit nicht ausschließlich auf die gelernten Nachhaltigkeitssignale setzen kann. Dazu zählen beispielsweise natürliche Farben und Materialien, ein minimalistisches Design, einschlägig bekannte Nachhaltigkeitssymbole wie das FSC-Logo (Forest Stewardship Council) für nachhaltige Forstwirtschaft sowie eine transparente Kommunikation, die klar über die umweltfreundlichen Eigenschaften der Verpackung aufklärt.
Beim Einkaufen verarbeitet der Mensch nur 1 % aller visuellen Informationen, die an das Gehirn gesendet werden. Um dies zu kompensieren, legen Studienergebnisse von Kantar nahe, auf visuelle Marker (Farben, Formen und Bilder) zu setzen. Diese sollen dabei helfen, als saliente Reize die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf das jeweilige Produkt zu lenken.
Bei einem 30-minütigen Einkauf sind die Verbraucher mehr als 20.000 Produktauswahlmöglichkeiten ausgesetzt. Die von Kantar durchgeführten Eye-Tracking-Studien in verschiedenen Supermärkten weltweit zeigen, dass Verpackungen nur zwei bis drei Sekunden Zeit haben, um eine kaufanregende Botschaft zu vermitteln. Neben den richtigen Design-Merkmalen können hier Verpackungs-Claims zu den Nachhaltigkeitseigenschaften der Verpackung sicherstellen, dass Menschen blitzschnell die Botschaft verstehen. Um die bisherigen Erkenntnisse zu verdeutlichen, folgen nun einige Beispiele an. Dabei wird es um die Frage gehen, wie unterschiedliche Marken ihr Verpackungsdesign an eine veränderte Lage angepasst haben und damit ihren Verkaufserfolg erhöhen konnten.
Verpackungsdesigns vor Marktreife testen
Vor einigen Jahren stand die Craft-Bier-Brauerei Brewdog vor der Frage, wie sie das Thema Nachhaltigkeit für ihre Marke „Lost Lager“ am besten vermitteln kann.
Die Verantwortlichen wollten herausfinden, ob das Verpackungsdesign und die Botschaften nicht nur bei der Minderheit der aktiv Nachhaltigkeitssuchenden, sondern auch bei weniger engagierten Personen Anklang finden würden. Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, engagierte Brewdog mit Kantar einen Partner, der durch seine jahrelange Expertise in der Marktforschung und Marketingberatung über die erforderlichen Instrumente für eine eingehende Analyse verfügt.
Kantar nutzte für die Untersuchung die Methode Pack Evaluate auf Kantar Marketplace, um verschiedene Designs zu prüfen.
Bei klassischen Verpackungstests äußern Konsumenten direkt, wie ihnen ein Design gefällt. Was dabei fehlt, ist die implizite Ebene, das Bauchgefühl. Dabei handelt es sich in der Regel um nicht explizit kommunizierbare Kognitionsinhalte, die aber einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidungsfindung haben. Um diese zugänglich machen und für die eigene Marketingstrategie nutzen zu können, wurden im Laufe der Tests Botschaften, Logos und Zertifizierungen sowie Farbcodes immer wieder variiert und auf ihre implizite Wirksamkeit überprüft.
Die implizite Ebene mitzuberücksichtigen, ist vor allem deshalb wichtig, da sich Käufer am Regal nur Sekunden mit der Auswahl eines Produktes aufhalten – also im „Autopiloten“ unterwegs sind. Gute Verpackungsdesigns kommunizieren auch diesem Autopiloten unterbewusst die relevanten Assoziationen, die für die Kaufentscheidung ausschlaggebend sind. Und in vielen Kategorien müssen dies heute eben auch Assoziationen zur Umweltverträglichkeit der Verpackung sein.
Die Ergebnisse für Brewdog zeigten, dass Nachhaltigkeitsmaßnahmen, die auf die individuellen Maßnahmen einzahlen, die jeder einzelne von uns unternehmen kann, eher aktiv Nachhaltigkeitssuchende ansprachen. Kollektive Botschaften („Lasst uns gemeinsam Bäume pflanzen“) übten hingegen eine breitere Anziehungskraft auch auf weniger engagierte Menschen aus.
Die Mehrheit der Verbraucher findet die Idee, dass das Kollektiv gemeinsam an einem Ziel arbeitet, besser als individuelle Claims. Weniger ist dabei mehr: Botschaften müssen so viele nachhaltige Informationen wie möglich in so wenigen Worten wie möglich vermitteln. Das mag trivial klingen, ist aber in der Claim-Entwicklung eine echte Herausforderung, die besonders gut mit iterativen Testansätzen gelingt wie dem Pack-Evaluate-Screening-Ansatz.
Verpackungsinnovationen als Chance für Marken
Die Verpackung kann der wesentliche Faktor sein, wenn es darum geht, ein bereits etabliertes Produkt neu zu vermarkten. Kraft Heinz entwickelt einen Prototyp für eine mikrowellengeeignete, faserbasierte Alternative zu dem amerikanischen Kultprodukt Mac and Cheese aus Kunststoff. Diese macht es den Verbrauchern einfach, eine nachhaltigere Wahl zu treffen.
Kraft Heinz ermöglicht damit nicht nur bestehenden Kunden einen einfachen Umstieg, sondern spricht auch ein breiteres Öko-Segment an, das sich bisher vielleicht noch nicht mit der entsprechenden Marke beschäftigt hat oder sich sogar bewusst von der Marke distanziert hat.
Eine weitere Möglichkeit für nachhaltige Verpackungen liegt im Format. Mr Magic ist das weltweit erste Handwaschmittel, das aus Pulver und Flüssigkeit besteht. Der Vorteil? Geringe Transportkosten angesichts der Produktgröße, und für den Verbraucher ist es erschwinglicher als Alternativen. Eine Win-win-Situation.
Berücksichtigung des CO2-Fußabdrucks
Bei der Gestaltung von Verpackungen müssen sich Hersteller bewusst sein, wie sie sich auf unseren Planeten auswirken. Nachhaltige Materialien, weniger Plastik, bessere Alternativen, höhere Reycling-Potenziale oder neue Produktformate sind die zentralen Faktoren, die für nachhaltige Verpackungen beachtet werden müssen. Damit dieser Ansatz langfristig zum Erfolg führt, müssen Unternehmen den Kreislaufgedanken in die Tat umsetzen und eine zirkuläre Produktwirtschaft etablieren.
Überflüssiges Verpackungsmaterial muss vermieden und die Größe der Verpackung an den Füllstand angepasst werden, um auch morgen auf den Einkaufslisten der Konsumenten zu landen.Die Kantar Sustainability-Grundlagenstudie zeigt allerdings, dass ein messbarer und dauerhafter Wettbewerbsvorteil im Bereich Nachhaltigkeit nicht nur über die Umweltverträglichkeit aufgebaut werden kann. Nur wer neben seiner umweltverträglichen Ausrichtung auch eine breiter angelegte Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt, kann das Vertrauen von Verbrauchern gewinnen. Welche Nachhaltigkeitsfacetten, die über die reine Umweltverträglichkeit hinausgehen, hierbei für Verpackungen wichtig sind, wird im zweiten. Teil dieser Reihe zu den Verpackungen von morgen beleuchtet.
Nachhaltige Verpackungen: der große Überblick
Sie wollen alles zum Thema nachhaltige Verpackungen wissen? Klar ist, dass der Bedarf an nachhaltigen Verpackungen in den kommenden Jahren stark steigen wird. Aber das Thema ist komplex: Wann gilt denn überhaupt eine Verpackung als nachhaltig und welche Kriterien müssen dabei künftig erfüllt sein? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.