
Lackier- und Kaschieranlage im Fraunhofer IVV. (Bild: Fraunhofer IVV)
Papier genießt ein positives Image als nachhaltiges und recyclingfähiges Verpackungsmaterial. Aufgrund der geringen Barriereeigenschaften gegenüber Gasen, Wasser und Fett sind die Anwendungsmöglichkeiten von Papier für viele empfindliche Packgüter jedoch eingeschränkt. Daher wurde Papier bislang vorrangig als Sekundärverpackung verwendet oder mit mikrometerdicken Kunststoff- und Aluminiumfolien kaschiert. Dies wirkt sich negativ auf die Recyclingfähigkeit und die Kosten aus. Aufgrund des geringeren Anteils an Fremdmaterial und der damit oft besseren Recyclingfähigkeit bieten Lösungs- oder Dispersionsbeschichtungen gegenüber Extrusionsbeschichtungen oder Kaschierungen gewisse Vorteile. Hierbei sind neben den Stoffklassen und Formulierungen der Beschichtungen auch die verwendeten Applikationsverfahren entscheidend. Um eine gute Barrierefunktion zu erreichen, müssen die auf dem Substrat abgelegten Filme geschlossen und defektfrei sein.
Der Verpackungsprozess ist ebenfalls mit diversen Herausforderungen verbunden. Mechanische Belastungen können zu Defekten in der Barriereschicht oder zu Papierrissen führen. Durch Modifikationen des Form- und Siegelprozesses lässt sich das Risiko solcher Defekte jedoch erheblich reduzieren. Zu Beginn bleibt es aber von grundlegender Bedeutung, eine verlässliche Barriere auf dem Verpackungspapier zu erzeugen. Wie dies gelingt, wurde im Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV erforscht und ein vielversprechender Ansatz entwickelt.

Barrierebeschichtungen auf Papier

Vergleicht man die Barrierebeschichtung eines Papiers mit der einer Folie, fallen sofort die Unterschiede in der Oberflächenstruktur auf. Hinzu kommt, dass faserbasierte Substrate bei der Beschichtung mit wässrigen oder lösemittelbasierten Lacken ein gewisses Wegschlagverhalten aufweisen. Dies bedingt, dass das Lösemittel, gegebenenfalls mit Polymer, in das Substrat penetrieren kann. Daraus ergibt sich im Vergleich zu beschichteten Folien eine erheblich größere Defektanfälligkeit, welche in einer geringeren Barriereperformance mündet. Für eine gute Barrierebeschichtung auf Papier ist daher ein Vorstrich zur Verdichtung und Verringerung der Rauigkeit sinnvoll. Weit verbreitet sind mineral- oder stärkebasierte Striche oder andere Primer, um die Oberfläche für eine weitere Veredelung vorzubereiten.
Die Penetration in Substratrichtung kann neben der Formulierung auch durch das verwendete Beschichtungsverfahren beeinflusst werden. Im Projekt BiPaRe (Vorhaben Nr: 21805 BG) der IGF (Industrielle Gemeinschaftsforschung) wurden verschiedene Auftragsverfahren hinsichtlich der Barrierewirkung geprüft und verglichen. Hierbei zeigten sich Beschichtungsverfahren mit geringem Kontakt zum Substrat (Slot-Die oder Curtain) als vorteilhaft. Je nach Barriereziel können auch Mehrfachbeschichtungen in Betracht kommen, insbesondere wenn die Verpackungspapiere mehrere Funktionen erfüllen müssen und beispielsweise eine Gasbarriere und Siegelfähigkeit aufweisen sollen. Aber auch bei Mehrfachbeschichtungen mit nur einer Formulierung können Defekte der ersten Schicht abgedeckt und die Porosität des Papiers ausgeglichen werden. So wird eine höhere Barriereperformance ermöglicht.
Hohe Gasbarrieren mit anorganischen Schichten
Für einige Produkte sind die benötigten Barriereanforderungen (Abbildung 1) mit den vorhandenen Beschichtungen auf Papier nicht ausreichend. Wie auch im Folienbereich etabliert, kann die Kombination mit anorganischen Beschichtungen eine erhebliche Barriereverbesserung hervorbringen (Tabelle nächste Seite). Bekannte Verfahren sind die Bedampfung mit Aluminium (auch Metallisierung), AlOx oder SiOx. Damit können auch auf Papiersubstraten Gasbarrieren < 1 cm3/(m2 d bar) für Sauerstoff beziehungsweise < 1 g/(m2 d) für Wasserdampf erreicht werden. Bei der direkten Bedampfung von Papier ergeben sich jedoch eine Reihe von technischen Herausforderungen, die jeweils mit einer gewissen Defektanfälligkeit verbunden sind. Aufgrund der Hygroskopizität der Cellulosefasern enthält Papier je nach Sorte und Umgebungsfeuchte einen Restwassergehalt von circa 4-10 %. Bei der Bedampfung im Hochvakuum wird diese Feuchtigkeit entfernt. Nach der Bedampfung nimmt das Papier wieder Feuchtigkeit aus der Umgebung auf – es kommt zu Dimensionsänderungen (Hygroexpansion) und damit gegebenenfalls auch zu einer Erhöhung der Defektdichte in der spröden Anorganik. Auch die Oberflächenbeschaffenheit und die hohe Rauigkeit des Papiers selbst zeigen eine erhöhte Defektanfälligkeit für anorganische Schichten im Nanometerbereich, selbst nach einer Vorbeschichtung.
Transfermetallisierung
Ein anderer Ansatz, ein faserbasiertes Substrat mit Barriereeigenschaften auszustatten, basiert auf dem Prozess der Transfermetallisierung. Das Verfahren an sich ist seit Jahrzehnten im Verpackungsbereich etabliert. Hierbei werden Verpackungspapiere oder -kartons mit dekorativen Verzierungen ausgestattet. Eine Modifikation hinsichtlich der Funktionalisierung des Zielsubstrats mit Barriereeigenschaften stellt eine Innovation des Verfahrens dar, das als Alternative zur Direktmetallisierung des Zielsubstrats angesehen werden kann. Im Vergleich zur Direktmetallisierung kommt das Papier bei der Transfermetallisierung nicht in die Vakuumkammer zur PVD-Bedampfung. Somit kann die erhöhte Defektdichte durch Hygroexpansion sowie Substratrauheit vermieden werden.
Der Prozess der Transfermetallisierung zur Erzeugung von Barriereeigenschaften auf einem faserbasierten Substrat kann durch die folgenden Schritte beschrieben werden:
- Erzeugung eines Barrieresystems auf einer Kunststofffolie (zum Beispiel boPET)
Dieser Schritt besteht aus einer nasschemischen Beschichtung des Substrats mit einem Barrierelack (Dicke: ~ 2 µm), der Ablöseeigenschaften vom Substrat bietet. In einem anschließenden Prozess wird diese Lackoberfläche mit einer anorganischen Beschichtung (zum Beispiel Al, SiOx oder AlOx) im PVD-Verfahren beschichtet. Im Folgenden wird diese Struktur als Transferfolie bezeichnet. - Laminieren der Transferfolie mit dem gewünschten Substrat (zum Beispiel Papier, Karton oder Biopolymer)
Die Transferfolie wird mit einem geeigneten Klebstoff (beispielsweise Polyurethan) in einer Dicke von ~ 3 µm auf das Zielsubstrat laminiert. Bei einem Standard-Verpackungspapier kann entweder die gestrichene oder die ungestrichene Seite verwendet werden. - Trennverfahren
Direkt nach der Kaschierung oder optional in einem separaten Prozess wird die Transferfolie vom Zielsubstrat abgelöst. Dabei verbleiben der Barrierelack und die PVD-Schicht auf dem Zielsubstrat, da die Adhäsionskraft gegenüber dem Klebstoff höher ist als die Adhäsionskraft des Barrierelacks gegenüber der Oberfläche der Kunststofffolie. Nach diesem Schritt erhält man zwei unterschiedliche Strukturen.
a) Kunststoffsubstrat, das erneut für denselben Zweck angewendet werden kann.
b) Barriere-Zielsubstrat mit folgender Struktur: Zielsubstrat/Klebstoff/anorganische Schicht/Barrierelack
Eine schematische Übersicht des Verfahrens ist in Abbildung 2 dargestellt.
In dem aktuellen Forschungsprojekt „TransMET“, das im Rahmen eines internen Programms der Fraunhofer-Gesellschaft gefördert wird, wurde eine solche Barriere-schicht mithilfe des Rolle-zu-Rolle-Transfermetallisierungsverfahrens erfolgreich auf eine Papierbahn aufgebracht. Das resultierende Verpackungsmaterial weist Barriereeigenschaften auf, die den Anforderungen empfindlicher Lebensmittel entsprechen. Aufgrund der geringen Dicke der Beschichtung ist auch eine Beeinträchtigung der Recyclingfähigkeit nicht zu erwarten. Die Technologie hat daher ein großes Potenzial, den Einsatz nachhaltiger Primärverpackungen auf Papierbasis für empfindliche Lebensmittel zu ermöglichen und damit einen aktuellen Bedarf in der Branche zu decken.
