Sickinger begann seinen Vortrag mit der provokanten Frage an das Publikum: „Wer von Ihnen glaubt zu wissen, wie der gesamte Lebenszyklus Ihres Produktes aussieht?“ Und führte damit unmittelbar zum Kern des Themas – die Transparenz in der Lieferkette und die Nachverfolgbarkeit eines Produkts über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg.
Der Digitale Produktpass ist ein zentraler Bestandteil dieser Transparenz. Er soll sicherstellen, dass Informationen über Materialien, Herstellung und Entsorgung eines Produkts für alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette zugänglich und nachvollziehbar sind. Dabei geht es nicht nur um eine gesetzliche Anforderung, sondern um einen bedeutenden Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft. Sickinger betonte: „Wenn wir eine Lösung wollen, die uns zeigt, wie und aus welchen Materialien ein Produkt hergestellt wurde und wo es am Ende seines Lebenszyklus landet, dann ist der Digitale Produktpass genau das, was wir brauchen.“
Gesetzliche Anforderungen und strategische Bedeutung
Die Einführung des Digitalen Produktpasses geht auf den European Green Deal und die Eco-Design-Verordnung zurück, die Unternehmen dazu verpflichten, nachhaltige und transparente Lieferketten zu implementieren. Der DPP kann Unternehmen dabei nicht nur helfen, diese Anforderungen zu erfüllen, sondern auch einen Wettbewerbsvorteil schaffen. Schließlich sei ein Instrument, um die nachhaltigen Praktiken eines Unternehmens nachzuweisen und sich damit von der globalen Konkurrenz, insbesondere aus Asien, abzuheben, erklärte Sickinger und unterstrich: „Durch den Digitalen Produktpass können wir sicherstellen, dass wir konkurrenzfähig bleiben, indem wir nicht nur gesetzliche Anforderungen erfüllen, sondern auch unsere Nachhaltigkeit als Mehrwert kommunizieren.“
Struktur und Inhalte des Digitalen Produktpasses
Im weiteren Verlauf des Vortrags erklärte Sickinger detailliert, wie der Digitale Produktpass strukturiert ist und welche Informationen er enthalten muss. Der DPP ist im Grunde ein digitales System, das auf einer zentralen Plattform der Europäischen Union verwaltet wird. Unternehmen sind verpflichtet, Informationen zu Rohstoffen, Produktionsprozessen und der Verwertung ihrer Produkte in diesen Pass einzuspeisen. Dabei handelt es sich nicht um neue Informationen, sondern um Daten, die viele Unternehmen bereits im Rahmen von Standards wie ISO 9001 erfassen.
Sickinger verdeutlichte dies anhand eines Beispiels aus der Verpackungsindustrie: „Wenn wir eine Joghurtverpackung betrachten, wissen wir bereits heute, dass Polypropylen als Material verwendet wird, und wir wissen auch, woher dieses Material stammt. Der Digitale Produktpass erfordert lediglich, dass diese Informationen in ein digitales System eingepflegt und für alle Akteure zugänglich gemacht werden.“
Dabei betonte er, dass der DPP nicht nur für Unternehmen von Interesse ist, sondern auch für den Endverbraucher: „Der Verbraucher kann durch Scannen eines QR-Codes auf der Verpackung sofort erfahren, aus welchen Materialien das Produkt besteht und ob es nachhaltig hergestellt wurde.“
Diese Transparenz sei ein wichtiger Schritt, um das Vertrauen der Verbraucher in nachhaltige Produkte zu stärken.
Der Batteriepass: Vorreiter beim DPP
Mit dem Batteriepass stellte Sickinger dann den ersten Digitalen Produktpass vor, der in der Europäischen Union verpflichtend eingeführt werden soll. Dieser soll zunächst für große Batterien, wie sie in der Elektromobilität verwendet werden, gelten und bis 2027 vollständig umgesetzt sein. Der Batteriepass soll Informationen über die Herkunft und Zusammensetzung von Batterien bereitstellen, um sicherzustellen, dass diese nachhaltig hergestellt und recycelt werden können.
„Der Batteriepass ist ein Beispiel dafür, wie der Digitale Produktpass in der Praxis funktionieren wird,“ erklärte Sickinger. „Er zeigt uns, dass es möglich ist, den gesamten Lebenszyklus eines Produkts zu erfassen und diese Informationen für alle Akteure zugänglich zu machen.“
Und wies auch darauf hin, dass der Batteriepass nur der Anfang sei. Weitere Produktgruppen wie Textilien und Baumaterialien werden voraussichtlich folgen, wodurch der DPP in vielen Branchen zum Standard werden dürfte. Diese Entwicklung eröffne für Unternehmen die Möglichkeit, sich frühzeitig auf kommende Anforderungen vorzubereiten und proaktiv zu handeln.
Herausforderungen bei der Umsetzung
Neben den Vorteilen, die der Digitale Produktpass bietet, ging Sickinger auch auf die Herausforderungen bei der Umsetzung ein. Eine der größten Hürden sei hier die Datenintegration. Viele Unternehmen müssen zunächst sicherstellen, dass die notwendigen Daten digital verfügbar sind und dass die Systeme entlang der Lieferkette miteinander harmonieren. „Die Datenintegration ist darum besonders bei globalen Lieferketten eine Herausforderung,“ erklärte Sickinger. „Es erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen den Akteuren der Lieferkette, um sicherzustellen, dass die notwendigen Informationen in den Digitalen Produktpass eingepflegt werden können.“
Ein weiteres Problem ist die technische Infrastruktur. Denn viele Unternehmen, insbesondere kleinere, hätten ihre Daten bisher nur in Papierform vorliegen. Diese müssten nun erstmals digitalisiert und auf der zentralen EU-Plattform hochgeladen werden. Hierfür könnten jedoch externe Dienstleister in Anspruch genommen werden, wie Sickinger anmerkte:
„Es entsteht also ein neuer Markt für Dienstleister, die Unternehmen bei der Erstellung des Digitalen Produktpasses unterstützen.“
Chancen und Wettbewerbsvorteile durch den DPP
Trotz dieser Herausforderungen sieht Sickinger den Digitalen Produktpass vor allem als große Chance für Unternehmen. Denn er bietet nicht nur Transparenz in der Lieferkette, sondern auch die Möglichkeit, die bereits vorhandenen Daten effizient zu nutzen. „Wir müssen nichts neu erfinden,“ betonte Sickinger erneut, „sondern die Daten, die wir benötigen, existieren bereits. Es geht also nur darum, diese in ein digitales System zu überführen.“
Unternehmen, die den Digitalen Produktpass frühzeitig einführen, hätten einen klaren Wettbewerbsvorteil, zeigte sich Sickinger überzeugt. Durch die Transparenz, die der Digitale Produktpass bietet, können sie ihre nachhaltigen Praktiken gegenüber ihren Kunden und Partnern glaubhaft kommunizieren. Dies sei besonders in Branchen, in denen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft zunehmend an Bedeutung gewinnen, ein wichtiger Faktor: „Die Möglichkeit, durch den Digitalen Produktpass neue Märkte zu erschließen und bestehende Märkte zu sichern, ist eine große Chance für europäische Unternehmen. Der Digitale Produktpass macht nachhaltige Produkte nicht nur sichtbar, sondern auch vergleichbar.“
Smarte Verpackungen als Zukunftsvision
Ein besonders spannender Aspekt des Vortrags war für die Besucher der Fachpack sicherlich Sickingers Ausblick auf die Zukunft der smarten Verpackung. Durch den Digitalen Produktpass könnten Verpackungen in Zukunft mit zusätzlichen Informationen ausgestattet werden, die über einen QR-Code abrufbar sind. „Wir könnten den Verbraucher über den QR-Code auf der Verpackung beispielsweise direkt mit Informationen zu Nachhaltigkeit und Recycling des Produkts versorgen,“ skizzierte er. Dies sei nicht nur eine Möglichkeit, Transparenz zu schaffen, sondern auch, den Kunden einen zusätzlichen Mehrwert zu bieten.
Ein notwendiger Schritt in die Zukunft
In seinem abschließenden Fazit stellte Sickinger klar, dass der Digitale Produktpass kein lästiges Übel, sondern eine große Chance für die europäische Industrie darstellt: „Der Digitale Produktpass ist keine zusätzliche Last, sondern eine Möglichkeit, Transparenz zu schaffen und uns als nachhaltige und verantwortungsvolle Unternehmen zu positionieren.“
Und schloss seinen Vortrag mit einem Appell an die Unternehmen, sich frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen und proaktiv zu handeln: „Der Digitale Produktpass wird kommen. Die Frage ist nicht ob, sondern wann. Unternehmen, die jetzt handeln, werden in der Lage sein, diese Entwicklung zu ihrem Vorteil zu nutzen.“
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