Tina Bröcker begann ihren Vortrag mit einer Darstellung der aktuellen Situation in der Branche. Dabei wurde klar, dass Bürokratie ein allgegenwärtiges Thema ist, das Unternehmen erheblich belastet. Laut einer Studie des VDMA, die Bröcker vorstellte, betragen die Bürokratiekosten im Maschinen- und Anlagenbau durchschnittlich 1 bis 3 % des Umsatzes. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sind von diesen Kosten betroffen.
röcker nannte das Beispiel eines Unternehmens mit 125 Mitarbeitern, bei dem die Bürokratiekosten 3,16 % des Umsatzes ausmachten. Sie betonte: „Solche Firmen müssen fast immer das Gleiche vorhalten wie die Großen auch und haben dann einfach einen höheren Fixkostenanteil“.
Bröcker erläuterte weiter, dass der bürokratische Aufwand in vielen Fällen nicht durch eine einmalige Erfüllung einer Pflicht erledigt sei, sondern kontinuierlich ansteigt. Dies betrifft insbesondere den Bereich Arbeits- und Umweltschutz, wo allein 250 Berichtspflichten erfasst wurden. Ein besonders eindrückliches Beispiel war die sogenannte Skip-Datenbank, in die Unternehmen detaillierte Informationen über die in ihren Produkten enthaltenen Schadstoffe eintragen müssen. „Das ist natürlich wahnsinnig aufwendig“, erklärte Bröcker und fügte hinzu, dass solche Anforderungen, die für Großunternehmen vielleicht noch stemmbar seien, für KMUs eine massive Belastung darstellten.
Strategien und Herausforderungen im Bürokratieabbau
Sebastian Schneider, wissenschaftlicher Mitarbeiter am IFM Bonn, griff in seinem Vortrag diese Problematik auf und ging der Frage nach, warum es trotz der erkannten Probleme so schwierig ist, Bürokratie tatsächlich abzubauen. Er wies darauf hin, dass der Bürokratieabbau ein „zäher und langwieriger Prozess“ sei, der immer wieder überprüft und angepasst werden müsse. Zwar habe der Gesetzgeber bereits seit 2006 verschiedene Instrumente zur Reduktion der Bürokratie eingeführt, wie etwa den Normenkontrollrat oder das Bürokratieentlastungsgesetz. Allerdings seien diese Maßnahmen oft unzureichend, um die tatsächliche Belastung in den Unternehmen spürbar zu reduzieren.
Ein zentrales Problem sei die unterschiedliche Definition von Bürokratie zwischen Politik und Wirtschaft: Während die Politik oft nur die Erfüllung von Informationspflichten im Blick habe, umfasst der Begriff in der Unternehmenspraxis auch viele andere Bereiche, wie Sicherheitsvorschriften oder Normungen. Schneider führte aus, dass diese Diskrepanz den Bürokratieabbau zusätzlich erschwere: „Wenn die Politik nur von den Informationspflichten ausgeht und da abbauen möchte, haben wir hier schon mal eine kleine Herausforderung“.
Schneider präsentierte zudem Ergebnisse einer Studie, in der 1.200 Unternehmen zur Wahrnehmung ihrer bürokratischen Belastungen befragt wurden. Diese Studie offenbarte, dass der größte Teil der Unternehmen sich stark durch Bürokratie belastet fühlt, wobei der „verdrossene Typ“ mit über der Hälfte der Befragten am häufigsten vertreten ist. Schneider betonte die psychologischen Auswirkungen dieser Belastung, die sich nicht nur in hohen Kosten, sondern auch in der Beanspruchung persönlicher Energie und Freude an der unternehmerischen Tätigkeit niederschlagen.
Konkrete Beispiele und Lösungsansätze
Beide Vorträge boten auch Einblicke in mögliche Lösungsansätze und Best Practices. Bröcker berichtete von aktuellen politischen Initiativen wie dem Wachstumschancengesetz und dem vierten Bürokratieentlastungsgesetz, räumte jedoch ein: „Bislang gibt es eigentlich nur eine recht geringe Entlastung.“ Dennoch hob sie hervor, dass solche Gesetze wichtige Schritte seien, um den Standort Deutschland für Unternehmen attraktiver zu machen, auch wenn sie in der Praxis häufig kleinteilig und wenig durchschlagend seien.
Schneider stellte ein anarchisch anmutendes Konzept vor, nämlich das des „autonomen Bürokratieabbaus“. Konkret beschreibt dies ein Phänomen, bei dem Unternehmen aus Notwehr bestimmte bürokratische Vorgaben bewusst nicht vollständig umsetzen. Diese Praxis sei zwar aus unternehmerischer Sicht verständlich, jedoch aus rechtsstaatlicher Perspektive äußerst problematisch.
Er betonte die Notwendigkeit, die Bürokratie praxistauglicher zu gestalten und den Unternehmen mehr Vertrauen und Eigenverantwortung zu übertragen: „Transaktionskosten zur Erfüllung müssen reduziert werden, aber insbesondere muss das Ganze auch praxistauglicher werden“.
Abschließend präsentierte Schneider auch positive Beispiele aus anderen Ländern, insbesondere den Niederlanden, die als Vorreiter im Bürokratieabbau gelten. Diese Staaten hätten gezeigt, dass es möglich sei, durch eine bessere Zusammenarbeit zwischen Gesetzgeber und Unternehmen praxistaugliche und weniger belastende Regelungen zu schaffen. So gibt es dort den sogenannten KMU-Test, bei dem vor der Einführung eines neuen Gesetzes fünf bis zehn Unternehmen kontaktiert werden, die dann die Praxistauglichkeit bewerten können.
Weniger Bürokratie für mehr Wettbewerbsfähigkeit
Die Vorträge von Tina Bröcker und Sebastian Schneider machten deutlich, dass der Bürokratieabbau eine der größten Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft darstellt. Während die Kosten und der Aufwand für Unternehmen erheblich sind, gibt es zusätzlich auch zahlreiche emotionale und psychologische Belastungen, die durch die gegenwärtige Bürokratie verursacht werden.
Trotz zahlreicher politischer Initiativen bleibt der tatsächliche Abbau von Bürokratie ein schwieriger und langwieriger Prozess. Beide Referenten betonten die Notwendigkeit, Unternehmen stärker in den Gesetzgebungsprozess einzubeziehen und praxistauglichere Lösungen zu entwickeln, um die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der deutschen Wirtschaft langfristig zu sichern.
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