Die Stimmung in der Wirtschaft ist katastrophal, konstatierte Museumsleiter Hans-Georg Böcher zur Eröffnung des 26. Verpackungsdialogs im Heidelberger Verpackungsmuseum: „Wie reagieren die Markenartikler, für die wir in der Verpackung die Verpackung liefern, auf die Situation? Welche Erwartungen, welche Annahmen prägen die Referenten, die Marken führen? Und wie sehen sie in ihrem jeweiligen Geschäftsfeld die Zukunft und stellen sich mit ihren Produkten auf?“ Die vier markenverantwortlichen Referenten auf dem Verpackungsdialog gaben darauf naturgemäß ganz unterschiedliche Antworten. Von der beklagten schlechten Stimmung in der Wirtschaft war im Verpackungsmuseum während des Verpackungsdialogs indes nichts zu spüren. Im vertrauten Kreis der Unternehmer und Geschäftsführer wurde offen diskutiert, zuweilen emotional, und oft mit einer großen Prise Humor gewürzt.
Schwarzwaldtypisch und doch modern
Als mittelständischer Unternehmer päsentierte Thomas Faller seine Marke „Faller Konfitüren“, die vornehmlich über Hotels distributiert wird. Regionale Herkunftsenergie aus dem Schwarzwald trifft hier auf Mut zur Uniqueness und ein markenorientiertes Verpackungskonzept. Die Schwarzwälder Konfitürenmanufaktur Alfred Faller GmbH stellt seit über 100 Jahren hochwertige Konfitüren her. Bereits in dritter Generation führt Thomas Faller, Enkel des Firmengründers Alfred Faller, den traditionsreichen Familienbetrieb. Was im Jahre 1913 in der Stube des Kolonialwarenladens der Familie Faller im Schwarzwälder Oberen Wiesental begann, findet bis heute seine Fortführung: kleine Mengen auserlesener Früchte werden handgerührt im offenen Kupferkessel gekocht. Auf diese Weise bleibt der natürliche Eigengeschmack der Frucht bestmöglich erhalten.
Auch heute noch werden große Mengen Früchte und Beeren aus dem benachbarten Kaiserstuhl und dem Markgräflerland erntefrisch eingekauft und verarbeitet. Berühmt ist die Schwarzwälder Manufaktur für ihre Badische Schwarzkirsch-Konfitüre. „Zur Stammkundschaft zählen bis heute die Gastronomie, die Hotellerie von altehrwürdigen Häusern im Schwarzwald bis zum Adlon in Berlin, dazu Senioren- und Gesundheitszen-tren, aber auch der Einzelhandel, Bäckereien und Konditoreien.“ so Faller.
Verpackt sind die hochwertigen Konfitüren in einer breiten Range von Verpackungen, von Großgebinden für die Hotellerie mit den jeweiligen Präsentiersystemen über Portionsverpackungen bis hin zu Präsentkartons. Eine Linie aber fällt komplett aus dem Rahmen und ist damit aber die erfolgreichste. Gemeint ist die Linie Schwarzwaldtracht-Serie mit Bollenhut. Wer jetzt an ein durch und durch traditionell gestaltetes Etikett denkt, liegt vollkommen falsch. Im Gegenteil, die coolen Schwarzwaldmädels, die jeweils die Fruchtsorte der Konfitüre präsentieren, sind gepierct und tätowiert. Die Serie wird oft zusammen mit einem Schwarzwald-Geschenkkorb oder als Mitbringsel gekauft.
Mischen und Verpackung als Kernkompetenz
Als CEO des traditionsreichen Tee-Herstellers „Teekanne“ führte Frank Schübel in die Welt des duftenden Tees. Nach leitenden Positionen bei der Nestlé Deutschland, der Deutschen Bahn sowie als Geschäftsführer der Molkerei Weihenstephan sowie Vorstandssprecher und CEO der Berentzen Gruppe verantwortet Schübel seit 2017 die Geschäfte bei Teekanne. „Historie hat die Marke Teekanne geprägt und prägt uns noch heute“, erklärte Schübel: „Unsere Tradition geht zurück auf das Gründungsjahr 1882. Als unabhängiges Familienunternehmen pflegen wir unsere Wurzeln und entwickeln unsere Flügel, um die Firma erfolgreich und nachhaltig in die neue Generation zu führen.“
Im Gründungsjahr wird erstmals gemischter und in Dosen abgepackter Tee verkauft. Die hohe Kunst des Teemischens, immer wieder dieselbe Qualität trotz unterschiedlicher Teeernten herzustellen, wird zur Basis des Unternehmens, das damit bald Weltgeltung erlangt. Wertschöpfungstiefe, Qualität, kontinuierliche Erneuerung, neue Standards in neuen Kategorien für viele und Innovation, das ist die DNA der Marke Teekanne.
Neben der Mischungstechnologie war die Erfindung des Teebeutels ein Schlüsselmoment der Unternehmensgeschichte. Die Entwicklung prägte den Markt und veränderte die Verpackungsdynamik. Das Teekanne-Team erkannte früh die Bedeutung von Technologie in der Verpackung. Die Entwicklung des Zwei-Kammer-Beutels stärkte nicht nur die Qualität des Tees, sondern auch die Marktposition von Teekanne. So gelang es Teekanne, eine Markenqualität zu schaffen, die konsistent war und den Verbrauchern ein einzigartiges Geschmackserlebnis bot. „Verpackung und der Teebeutel waren immer Teil der Marke“, resümierte Schübel.
Die Kompetenz in der Mischungstechnologie kommt Teekanne zugute, als das Unternehmen nach dem zweiten Weltkrieg ganz neu beginnen muss. Teekanne packte als erstes Teehandelshaus Kräuter- und Früchtetees in großem Umfang in Teebeuteln ab. Auch bei diesen Produkten handelt es sich um Mischungen, damit die gleichbleibend hohe Qualität gewährleistet werden kann. „Wir sind Weltmarktführer bei Kräuter und Früchten“, so Schübel. Und: „Schicksalsschläge wurden genutzt und haben letztendlich die Marke stärker gemacht.“ „Wie mischt man beispielsweise acht verschiedene Pflanzen, so dass immer der gleiche Anteil in einem 2 g Beutel sind? Überlegene Qualität durch eigene Prozesse, das ist nicht so schnell kopierbar“, ist Schübel überzeugt. „Das Unternehmen hat viel in Produktqualität und eigene Prozesse investiert. Die Mischungsherstellung ist eine Kernkompetenz von Teekanne“, erklärt Schübel.
Wichtiges Thema bei Teekanne sind Innovationen. „Wir waren die ersten, die Kaltaufguss-Tees hergestellt haben. Wir schaffen neue Verwendungsanlässe mit dem Thema Achtsamkeit und dem Produkt Namasté. Im Frühstücksbereich sind wir die ersten, die Kräuter- und Früchte-Tees mit natürlichem Bio Koffein Zusatz herstellen. Natürlich adressieren wir auch neue Zielgruppen, Millennials Kinder, reine Bio Liebhaber mit Saison Tees“, erklärte Schübel den Erfolg und die ständige Verjüngung der Markenikone Teekanne.
Stabilo kommt von stabil
Die Schreibwaren des Herstellers „Stabilo“ erschließen eine weitgespannte Markenwelt, vom bekannten Text-Marker „Boss“ bis zum intelligenten Schreiblernstift. Als CEO erklärte Horst Brinkmann seine Markenpolitik und blickt auf die Expansion in verschiedene Märkte.
Seit 1855 ist der Name Stabilo mit der Welt der Schreibgeräte verbunden und hat nicht nur die Art zu schreiben, sondern auch die Art zu denken geprägt. Die faszinierende Geschichte des Unternehmens spiegelt sich nicht nur in der Entwicklung von Schreibgeräten wider, sondern auch in der Kunst der Verpackung.
Die Ursprünge von Stabilo in Nürnberg, im 19. Jahrhundert ein Zentrum der Bleistiftproduktion, sind eng mit der Idee verbunden, Graphitminen zu stabilisieren. Die Verpackung spielte bei dieser Innovation eine entscheidende Rolle, denn sie musste sicherstellen, dass die empfindlichen Minen unversehrt blieben. Die damals entwickelten Techniken flossen in die Verpackung der Schreibgeräte ein, um sicherzustellen, dass sie nicht nur funktional, sondern auch ästhetisch ansprechend waren. „So erklärt sich der Firmenname ‚Stabilo‘“ blickte Horst Brinkmann zurück und erklärt weiter: „Ein Schlüsselmoment in der Verpackungsgeschichte von Stabilo war die Einführung des „Boss“-Highlighters im Jahr 1972. So ein Highlighter ist eine wasserbasierte Tinte und aus diesen Ingredienzien wurden erste Stift zum Lesen geschaffen. Ich kann beim Lesen markieren, was mir wichtig ist.“ Das lebendige Design des Markers, von den weißen Kantenstreifen bis zur leuchtenden Farbe, trug nicht nur zur Markenidentität bei, sondern machte den „Boss“ auch unverwechselbar in den Regalen der Schreibwarenläden. Die Verpackung wurde Teil des Produkterlebnisses, und das ikonische Aussehen des Highlighters wurde zum Symbol für Qualität und Innovation.
Auch in den folgenden Jahrzehnten setzte Stabilo auf innovative Verpackungslösungen. Die Expansion in neue Geschäftsfelder, darunter die Kosmetikbranche, brachte neue Herausforderungen für die Verpackung mit sich.
Ein interessanter Aspekt der Verpackungsgeschichte von Stabilo ist die jüngste Erfolgsgeschichte des Pastell Highlighter Sets. Hier wagte das Unternehmen einen unkonventionellen Schritt weg von den kräftigen Farben, für die es bekannt war. Die Pastellfarben wurden nicht nur zu einem Designmerkmal, sondern auch zu einem Beispiel dafür, wie Verpackungen Trends aufgreifen und gleichzeitig die Identität einer Marke bewahren können.
Ein weiteres Höhepunkt war die Präsentation des intelligenten Stiftes, der nicht nur die Schreibmotorik von Kindern unterstützt, sondern auch die Verpackung als Informationsquelle nutzt. Die Verpackung dieses innovativen Stiftes muss nicht nur das Produkt schützen, sondern auch dessen Wert und Funktionalität transparent kommunizieren. In einer Zeit, in der Verpackungen nicht nur als Schutz, sondern auch als Erweiterung des Marken-images gesehen werden, hat Stabilo bewiesen, dass Innovation und Tradition Hand in Hand gehen können.
Vom Borgward zur Uhr
Als aus der Zifferblatt-Produktion herkommender Techniker entdeckte Jürgen Betz 2001 die alten Druckklischees und Werkzeuge aus der einstigen Produktion der Bremer Autoschmiede „Borgward“. Nur ein Jahr später startet er als Unternehmer mit der Gründung der „Zeitmanufaktur“ und erschafft seine eigene Uhrenmarke „Borgward“.
Die Welt der Uhrenmanufakturen ist von einer gewissen Aura umgeben. Die Geschichte von Borgward Uhren ist dabei keine Ausnahme. In einem kleinen Ort nahe Lörrach, umgeben von Weinbergen und historischen Gemäuern, entsteht in der Manufaktur von Jürgen Betz eine einzigartige Verbindung zwischen Automobilgeschichte und zeitloser Uhrmacherkunst.
Die Wurzeln der Borgward Uhren liegen tief verwurzelt in der Leidenschaft von Jürgen Betz und seinem Vater für die Automarke Borgward. Die Faszination für die Isabella, einst auf den Straßen präsent, führte nicht nur zu einer umfassenden Sammlung alter Borgward-Fahrzeuge, sondern auch zur Gründung einer eigenen Uhrenmanufaktur. Doch wie schafft es Borgward Uhren, nicht nur ein Produkt, sondern ein Lebensgefühl zu transportieren?
Der Schlüssel liegt nicht nur im feinmechanischen Uhrwerk oder dem nostalgischen Design, sondern auch in der Verpackung. Die Verpackung einer Uhr ist mehr als nur eine Hülle – sie ist ein Erlebnis, eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Borgward Uhren haben dieses Konzept auf eine beeindruckende Weise interpretiert.
Die Inspiration für die Verpackung kam von einer alten Zigarettenkiste des Automobilpioniers Borgward. Anfangs dachte man daran, ein Humidor für Zigarrenliebhaber zu gestalten. Doch die Idee wurde weiterentwickelt: „Das Resultat ist ein exquisites Reiseetui aus Zedernholz und Leder, das nicht nur als sichere Aufbewahrung für die Uhr dient, sondern auch als stilvolles Accessoire für den anspruchsvollen Uhrenträger. Eine Hommage an die automobile Historie von Borgward, eingefangen in einer Verpackung, die mehr ist als nur Mittel zum Zweck“, präsentiert Jürgen Betz die stilvolle Verpackung.
Borgward Uhren legen großen Wert darauf, dass ihre Verpackungen nicht nur ästhetisch ansprechend sind, sondern auch einen Mehrwert bieten. Die Verbindung von Zedernholz und Leder schafft nicht nur einen sicheren Raum für die Uhr, sondern bewahrt auch die Erinnerung an die handwerkliche Tradition von Borgward. Die Verpackung wird zum Erlebnis für den Kunden. Jeder Handgriff, jeder Blick auf das liebevoll gestaltete Typenschild mit technischen Daten erinnert an die Hingabe, mit der diese Uhren geschaffen wurden. Es ist mehr als eine Verpackung; es ist eine Reise in die Geschichte, ein Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart.