mehrere Flaschen mit Banderolen

Banderolen statt Schrumpffolie heißt es immer öfter. Die Flaschen können dabei zu verschieden großen Gebinden banderoliert werden. (Bild: SEW/Project)

Ein Blick in die Getränkeabteilung eines Supermarktes zeigt: Schrumpfverpackungen sind eine beliebte Sekundärverpackung für Flaschen und Dosen. Mit ihnen lassen sich Einzelflaschen bündeln, beispielsweise zum klassischen Sixpack, und einfach tragen. Doch Schrumpfverpackungen erfordern einen relativ hohen Einsatz von Kunststoff und Energie. Das nehmen auch die Konsumenten wahr, bei denen Nachhaltigkeit bei Kaufentscheidungen immer mehr in den Fokus rückt. Ein Trend, auf den die Getränkeindustrie reagiert, wie Ingo Rathmann erklärt, Geschäftsführer der Project Automation & Consulting (Project A&C). „Wir merken bei allen großen Getränkeherstellern, dass man auf der Suche nach Alternativen ist, weg von der Schrumpfverpackung, hin zu nachhaltigeren Verpackungen.“

Papier ersetzt Kunststoff

Das Unternehmen in Kranenburg am Niederrhein bei Kleve ist auf Automatisierungsprojekte spezialisiert. Es fungiert als Ingenieurbüro für alle Arten von Sondermaschinen und entwickelt Lösungen zur Automatisierung der Verpackung von Waren und Gütern, die dann im Schwesterunternehmen Project Service & Produktion gebaut und vertrieben werden. Ein Spezialgebiet der Unternehmensgruppe sind Banderoliermaschinen der Marke Proband. Mit ihnen lässt sich die Schrumpffolie durch Banderolen ersetzen, die nicht zwingend aus Kunststoff bestehen müssen, sondern zunehmend aus einem Papier-basierenden Material hergestellt werden. In dem Maschinenkomplex Propac werden die einzelnen Flaschen durch die Banderole zu einem hochfesten und praktischen Gebinde geformt. Ein zusätzlicher Trage­griffapplikator ermöglicht, das Paket aus zwei, vier oder sechs Flaschen mit einem Tragegriff zu versehen. So lässt es sich bequem transportieren.

Die Banderoliermaschine der Marke Proband fasst auch Produkte wie Papiertüten oder Bücher nachhaltig zusammen.
Die Banderoliermaschine der Marke Proband fasst auch Produkte wie Papiertüten oder Bücher nachhaltig zusammen. (Bild: SEW/Project)

Taktzahl vervierfacht

„Diese Anlagen ermöglichen es, Getränke oder andere Lebensmittel nachhaltiger zu verpacken“, sagt Holger Hoffrichter, Head of Electrical & Software Engineering bei Projekt A&C. „Im Vergleich zum Schrumpfen wird weniger Material eingesetzt und der Energieaufwand für die Verkaufsverpackung ist erheblich niedriger.“ Schon seit einigen Jahren hat das Unternehmen Banderoliermaschinen im Programm. Dabei handelt es sich um 1-Linien-Anlagen, die zunächst Zweier-Gebinde herstellen, die dann in einem nächsten Schritt zu einem Quattro- oder Sixpack verbunden werden. Die Taktzahl liegt dabei bei 15 Gebinden pro Minute und kann modular hochskaliert werden.

Doch die Getränkeindustrie fordert einen hohen Durchsatz für vielfältige, häufig wechselnde Produkte. „Dafür haben wir jetzt eine Anlage entwickelt, die gleich aus mehreren Banderolierern besteht und durch eine verbesserte Prozesstechnik eine höhere Taktzahl erreicht wird“, berichtet Hoffrichter.

Software-Engineer Wilhelm Berns
Software-Engineer Wilhelm Berns schätzt den geringen Aufwand, mit dem sich die Anwendung aufgrund der Movikit-Module realisieren lässt. (Bild: SEW/Project)

Generationswechsel bei den Antrieben

Die neue Anlage erfordert jedoch ein Antriebssystem, das bis zu 16 Achsen einer Linie koordinieren und synchronisieren kann. Zudem sollte das Anlagenkonzept modular aufgebaut werden, um so flexibel je nach Kundenanforderung Banderolierstationen wegzulassen oder zu ergänzen. „Bisher haben wir erfolgreich das Antriebssystem Movidrive B von SEW-Eurodrive eingesetzt“, so Hoffrichter. Ein bewährtes und zuverlässiges System, wie er betont – teilweise arbeiten die Antriebe bereits seit 24 Jahren in Kundenanlagen, ohne dass auch nur einmal eine Achse ausgetauscht werden musste. Daher ließ sich Hoffrichter auch für die neue Anlage ein Angebot für eine Antriebslösung mit Movidrive B erstellen.

Weniger Geräte im Schaltschrank

Parallel dazu kalkulierte der Bruchsaler Antriebstechnikspezialist auch die Realisierung der Anlage mit dem aktuellen Automatisierungsbaukasten Movi-C. Holger Hoffrichter war sofort überzeugt: „Die reine Hardware, die wir für unser Antriebskonzept benötigen, ist mit den neuen Komponenten sogar 15 bis 20 % günstiger.“ Als Multi-Achs-System benötigt Movi-C nämlich nur eine Einspeisung für maximal 32 Achsen. Das heißt auch, dass es nur noch einen Bremswiderstand, einen Schütz oder einen Motorschutzschalter gibt – und nicht für jede Achse separate Komponenten wie bei konventionellen Systemen.

3 Flaschen mit Banderolen zu Gebinden „geschnürt“.
Am Ende der Anlage sind die Flaschen mit Banderolen zu Gebinden „geschnürt“ – zum Beispiel als Bipack oder Sixpack. (Bild: SEW/Project)

Minimierter Verdrahtungsaufwand

Schaltschrank
Mit Movi-C wird der benötigte Platz im Schaltschrank minimiert (untere Reihe). Eine Einspeisung (links) versorgt die Doppel- und Einachsmodule der Anlage. Somit reduziert sich der Verkabelungsaufwand im Schaltschrank. (Bild: SEW/Project)

Hinzu kommt, dass der Arbeitsaufwand bei der Installation mit Movi-C erheblich reduziert wird: Denn die „Reglerscheiben“ für die einzelnen Achsen werden einfach über ein Schienensystem mit der Einspeisung verbunden. „Ich muss also nicht mehr jeden Eingangskreis verdrahten“, erklärt Hoffrichter. Daraus resultieren weitere Vorteile wie ein geringeres Fehlerrisiko bei der Verdrahtung und deutlich weniger Platzbedarf im Schaltschrank. Zudem kann in diesem Multi-Achs-System Bremsenergie direkt in den Zwischenkreis fließen und von einer anderen Achse genutzt werden, statt über einen Bremswiderstand verlustreich in Wärme umgewandelt zu werden.

Kurvenscheibe als fertiges Softwaremodul

Noch wichtiger für Holger Hoffrichter waren aber die funktionellen Vorteile, die das System bietet. „Wir haben in der Anlage mehrere Gantrys, deren Achsen alle parallel fahren müssen.“ Ein Gantry ist im Prinzip ein Portal mit einem Greifer. Es nimmt die Flaschen oder Primärgebinde von einer Fächerkette auf, hebt sie an, verfährt über die Banderolierstation und setzt die Flaschen ab. Nach dem Banderolieren werden die Flaschen nicht aus der Station gehoben, sondern schneller über eine Absenkeinheit nach unten „gefahren“ und von einer Ausschubeinheit auf eine Förderstrecke geschoben. „Alle Achsen, die parallel fahren, hängen an einem Master“, so Hoffrichter. Sie werden über eine Kurvenscheibenfunktion im Antriebssystem synchronisiert.

Diese Funktion mussten die Softwareexperten von Projekt A&C nicht selbst programmieren, sondern konnten fertige Softwaremodule verwenden. Sie sind wichtiger Bestandteil des Automatisierungsbaukastens Movi-C. SEW-Eurodrive hat Module für eine Vielzahl typischer Antriebsfunktionen entwickelt, zum Beispiel Movikit Velocity Drive für Anwendungen mit Drehzahlvorgabe oder Movikit Multimotion Camming. Es ermöglicht die Erstellung anwenderspezifischer Kurvenprofile, um komplexe Bewegungsabläufe mehrerer Achsen zu synchronisieren. „Die erforderlichen Bausteine werden per Drag und Drop in das Programm geschoben und dann nur noch parametriert. Wir mussten für die Kurvenscheibenfunktion also gar nichts in Codesys selbst programmieren“, sagt Wilhelm Berns, Mitarbeiter im Bereich Softwareengineering von Projekt A&C. „Mit Movidrive B hätten wir alles manuell programmieren müssen. Das wäre deutlich mehr Arbeitsaufwand gewesen.“

Kundenforderungen umgesetzt

Lagenpalettierer
Auch der Lagenpalettierer, der am Ende der Anlage die banderolierten Einheiten stapelt, wird über Movi-C angetrieben. (Bild: SEW/Project)

Im Automatisierungsbaukasten sind auch Schnittstellen zu übergeordneten Steuerungen enthalten, die sich ebenfalls einfach per Drag und Drop integrieren lassen. „Selbstverständlich passen wir die Softwaremodule auch auf spezifische Kundenanforderungen an, wenn es erforderlich ist“, betont Frank Peifer, der als Vertriebs­ingenieur Automatisierungstechnik das Team von Holger Hoffrichter unterstützt hat. Zum Beispiel wurde eine spezielle Funktion für Projekt A&C entwickelt, bei der für eine präzise Ventilsteuerung bei hohen Taktzahlen die Funktionen eines Nockenschaltwerks und einer Kurvenscheibe miteinander „verheiratet“ wurden. „Das war auch für SEW neu“, meint Hoffrichter, „wurde aber mit viel persönlichem Engagement der Softwareexperten gelöst.

SEW-Eurodrive sieht die Anforderungen der Kunden und entwickelt seine Technik entsprechend weiter. Die für uns entwickelte Lösung ist heute in der neuen Firmwareversion enthalten.“ Auch den gewünschten modularen Aufbau der Anlage unterstützt Movi-C. „Das Achssystem spiegelt die Modularität der Anlage. Zum Beispiel können wir problemlos ein Gantry entfernen. Dazu müssen wir im einmal erstellten Programm einfach nur die entsprechenden Antriebe über die Parameter abschalten und die Hardware rausnehmen“, so Hoffrichter.

Support mit persönlichem Engagement

So wichtig gerade bei der neuen Anlage die technischen Fähigkeiten von Automatisierungsbaukasten sind: Das wichtigstes Argument, die Anlage mit SEW-Eurodrive zu realisieren, ist tatsächlich der Support durch den Antriebshersteller. „Gerade bei der Einführung einer neuen Lösung wie Movi-C braucht man Unterstützung. SEW hilft schon bei dem Entwurf des Anlagenkonzeptes. Es ist auch kein Problem, Hilfe vor Ort zu erhalten. Durch Anrufe bei der Hotline hat man sofort Fachleute an der Leitung, die aus der Praxis kommen. Und sollten mal Probleme mit Anlagen bei unseren Kunden auftreten, kann man sich auch dann auf schnelle Hilfe durch SEW verlassen – gleich, wo die Maschine steht. Das klappt unglaublich gut.“

Im zweiten Gantry werden zwei Bipacks zu einem Viererpack verbunden.
Im zweiten Gantry werden zwei Bipacks zu einem Viererpack verbunden. (Bild: SEW/Project)

Erfolgsrezept Modularität

Mit praxisorientierten Technologien, die die Projektierung und Inbetriebnahme deutlich vereinfachen, und den umfassenden Support, passen die SEW-Antriebe zur Firma Projekt A&C. „Mit über 30 Jahren Erfahrung im Maschinenbau können wir flexibel auf verschiedene Anforderungen reagieren – wie jetzt mit der neuen Propac-Anlage, mit der wir eine nachhaltigere Verpackung für Getränke ermöglichen. Unser Erfolgsrezept ist dabei die modulare Konzeption unserer Anlagen. Sie erlaubt es, die Maschinen präzise auf die Bedürfnisse verschiedener Branchen zuzuschneiden“, so Geschäftsführer Ingo Rathmann. Genau diese Flexibilität bietet der Automatisierungsbaukasten Movi-C. Seit dem Jahr 2000 setzt Projekt A&C ausschließlich auf Antriebe von SEW-Eurodrive. Mit der erfolgreichen Implementierung der neuen Antriebsgeneration dürfte sich auch in den nächsten Jahren die produktive Zusammenarbeit weiter festigen.

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Unternehmen

SEW-EURODRIVE GmbH & Co KG

Ernst-Blickle-Straße 42
76646 Bruchsal
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