„Wir wollten zeigen, dass es auch anders geht“

Interview mit Iiro Numminen, Verpackungsdesigner bei Metsä Board

Beauty-Adventskalender für Lumene.
Im Kalender stecken keine Süßigkeiten, sondern Kosmetikartikel.

Mit dem Beauty-Adventskalender für Lumene konnte Metsä Board den von Pro Carton vergebenen Award „Carton of the Year“ 2025 für sich beanspruchen. Wir sprachen mit dem verantwortlichen Verpackungsdesigner Iiro Numminen über die Entstehungsgeschichte.

neue verpackung: Erst einmal: Glückwunsch zum „Carton of the Year“! Wie entstand eigentlich das Konzept hinter dem Design des Adventskalenders? Kam Ihr Kunde hier bereits mit konkreten Ideen auf Sie zu oder hatten Sie mehr oder minder gestalterische Freiheit bei dem Projekt?
Iiro Numminen: Das Konzept entstand aus einer engen Zusammenarbeit zwischen Lumene, Metsä Board und Van Genechten Packaging. Ziel war es, eine Verpackung zu entwickeln, die luxuriöse Anziehungskraft und Nachhaltigkeit vereint – beides zentrale Werte für Lumene als nordische Kosmetikmarke mit Fokus auf natürliche Inhaltsstoffe.

Eines der Hauptelemente in luxuriösem Verpackungsdesign ist es, Würde und Wertigkeit zu vermitteln. Häufig geschieht das auf Kosten der Nachhaltigkeit, etwa durch überdimensionierte Formate oder aufwendige Dekorationen. Wir wollten zeigen, dass es auch anders geht: Der Kalender wurde so kompakt wie möglich konstruiert, um Material- und Transportaufwand zu minimieren, ohne die Regalwirkung oder das Öffnungserlebnis zu beeinträchtigen.

Grundlage war die Wahl eines recyclebaren, sicheren und leichten Frischfaserkartons mit hoher Steifigkeit und hervorragender Bedruckbarkeit. Damit konnten wir ein Design schaffen, das gleichermaßen ästhetisch, funktional und verantwortungsvoll ist.

neue verpackung: Wie sind Sie auf die hexagonale Form und die spiralförmige Anordnung der Boxen gekommen?
Numminen: Die Form ist inspiriert von nordischer Natur – insbesondere von Eiskristallen und der symmetrischen Geometrie von Schneeflocken. Das Hexagon bietet Stabilität, Modularität und eine klare, architektonische Anmutung.

Die spiralförmige Anordnung führt den Blick nach innen und erzählt eine dreistufige Geschichte:

1. Das Nordlicht und der Schnee symbolisieren Reinheit und Licht.
2. Beim tieferen Blick in die Struktur entdeckt man Beeren und Pflanzen unter der Schneedecke – eine Anspielung auf Lumenes natürliche Inhaltsstoffe.
3. Beim Öffnen der Boxen – dem „Beerenpflücken“ – wird der Überraschungsmoment zum Teil der Markeninszenierung.

So wird das Produkt selbst zu einem Erlebnisraum für die Marke – ruhig, elegant und von nordischer Klarheit geprägt.

Wir konnten ein Design schaffen, das gleichermaßen ästhetisch, funktional und verantwortungsvoll ist.

neue verpackung: Welche gestalterischen Elemente waren Ihnen besonders wichtig, um die Markenidentität von Lumene zu transportieren?
Numminen: Wir wollten, dass die Verpackung die Essenz der Marke transportiert: nordische Reinheit, Natürlichkeit und Selbstbewusstsein. Drei Prinzipien waren zentral:

  • Material und Oberfläche: Die matte, helle Kartonoberfläche wirkt authentisch und steht für Transparenz, Reinheit und Natürlichkeit.
  • Struktur und Rhythmus: Die Wiederholung der Formen vermittelt Ruhe und Ordnung – ein visuelles Echo der finnischen Landschaft.
  • Haptik und Interaktion: Das Öffnen jeder Box ist bewusst gestaltet – es soll sich ruhig, kontrolliert und hochwertig anfühlen.

Das Design kombiniert visuelle Schlichtheit mit emotionaler Tiefe – es fühlt sich an wie Lumene, ohne dass ein Logo nötig wäre.

neue verpackung: Welche Rolle spielte die Zusammenarbeit mit Lumene und Van Genechten Packaging im kreativen Prozess?

Numminen: Dieses Projekt war ein Paradebeispiel für Co-Creation.

  • Lumene brachte ein tiefes Verständnis für die Marke und ihre Zielgruppe ein.
  • Metsä Board verantwortete die Materialauswahl, das strukturelle Design und die Balance zwischen Ästhetik und Nachhaltigkeit.
  • Van Genechten Packaging stellte sicher, dass das Konzept produktionstechnisch effizient und qualitativ makellos umgesetzt werden konnte.

Diese enge Zusammenarbeit ermöglichte es, eine Verpackung zu entwickeln, die sowohl emotional ansprechend als auch industriell realisierbar ist – im besten Sinne von Lumenes Nachhaltigkeitsstrategie „Leading Circular Beauty“.

Iiro Numminen auf der Fachpack 2025 mit seinem Gewinner-Design.
Iiro Numminen auf der Fachpack 2025 mit seinem Gewinner-Design.

neue verpackung: Wie wurde sichergestellt, dass das Design sowohl ästhetisch ansprechend als auch nachhaltig ist?
Numminen: Nachhaltigkeit war von Anfang an integraler Bestandteil des Designprozesses. Drei Faktoren waren entscheidend:

1. Materialwahl: Metsä Board Prime FBB Bright und Pro FBB Bright – beides Frischfaserkartons aus erneuerbaren Quellen, hergestellt mit einem hohen Anteil fossilfreier Energie.
2. Effiziente Konstruktion: Nur vier unterschiedliche Boxstrukturen wurden entwickelt und sechsmal wiederholt. Das reduziert Materialverbrauch und Produktionskomplexität.
3. Veredelung: Wir setzten auf zurückhaltende, intelligente Effekte, um Glanzpunkte zu setzen, ohne das nachhaltige Konzept zu konterkarieren.
4. Die Materialien sind vollständig recycelbar und können wieder dem Faserzyklus zugeführt werden.

So entstand ein Design, das zeigt: Luxus und Nachhaltigkeit müssen kein Widerspruch sein – sie können sich gegenseitig verstärken.

neue verpackung: Wie lange dauerte die Entwicklung vom ersten Entwurf bis zur finalen Produktion?
Numminen: Der gesamte Prozess – von der ersten Idee bis zur Serienreife – dauerte rund sechs Monate. Wir konnten diesen ambitionierten Zeitplan einhalten, weil bereits während der Entwicklung des Kalenders 2023 Ideen für 2024 entstanden. Dadurch verlief die Abstimmung zwischen Lumene, Metsä Board und Van Genechten nahtlos – kreative und technische Entscheidungen wurden parallel getroffen, was den Ablauf erheblich beschleunigte.

neue verpackung: Gab es bereits Folgeprojekte oder Anfragen, die durch den Erfolg des Kalenders angestoßen wurden?
Numminen: Der Erfolg des Kalenders – ausgezeichnet mit dem Scanstar 2025 und dem „Carton of the Year“ – hat großes Echo ausgelöst. Wir freuen uns sehr über das Interesse, das der Kalender geweckt hat – insbesondere als Beispiel dafür, wie Design, Material und Nachhaltigkeit zusammenwirken können. Grundsätzlich sind wir immer offen für neue Projekte und Kooperationen, die uns vor spannende kreative und technische Herausforderungen stellen.

Ein wichtiger Ort dafür ist unser Excellence Centre in Äänekoski: Dort bündeln wir Forschung, Verpackungsdesign und Materialentwicklung unter einem Dach und arbeiten gemeinsam mit Kunden an neuen Lösungen für die Verpackung von morgen – innovativ, vernetzt und immer mit Blick auf die Kreislaufwirtschaft.

neue verpackung: Welche Trends sehen Sie darüber hinaus aktuell im Verpackungsdesign, insbesondere im Bereich Beauty & Kosmetik?
Numminen: Nachhaltigkeit ist kein Trend mehr – sie ist Grundvoraussetzung. Gleichzeitig verändert sich, was Konsumenten – insbesondere die jüngere Generation – unter Luxus verstehen. Sie erwarten, dass hochwertige Marken Verantwortung übernehmen und nachhaltiges Denken selbstverständlich ist. Zudem erhöhen Gesetzgebung und Verbraucherbewusstsein den Druck zu transparenteren Lösungen.

Ich sehe fünf Richtungen, die das Design prägen:

1. Ressourceneffizienz und Leichtbau: Verpackungen werden schlanker und materialoptimiert.
2. Wiederverwendbare Lösungen: Nachfüllbare oder modulare Systeme gewinnen an Bedeutung.
3. Faserbasierte Materialien: Papier und Karton ersetzen zunehmend Kunststoffe.
4. Plastikfreie Alternativen: Biologisch abbaubare oder kompostierbare Materialien schaffen neue End-of-Life-Optionen.
5. Langlebige, funktionale Designs: Hier setzt Lumene mit der Strategie „Leading Circular Beauty“ ein starkes Zeichen.

Nachhaltigkeit ist heute nicht mehr der Gegensatz von Luxus, sondern die neue Definition von Luxus – vor allem für die Generation, die heute und morgen entscheidet.

Die Fragen stellte Philip Bittermann, Chefredakteur neue verpackung