Wer künftig die ökologischen Vorzüge seiner Verpackung oder des Produkts bewerben will, muss das belegen. Die EU hat ein Machtwort gesprochen, die Details und der Zeitplan sind geklärt. Die „Directive on empowering consumers for the green transition“ soll EU-weit sicherstellen, dass sich Verbraucher und Verbraucherinnen auf Basis belastbarer Informationen besser für den ökologischen Wandel engagieren können. Die Richtlinie wurde am 28. Februar 2024 beschlossen und ist am 26. März 2024 in Kraft getreten. Bis zum 27. März 2026 muss sie in nationales Recht umgesetzt werden. Angewendet werden die Maßnahmen ab dem 27. September 2026. Wer sich intensiver damit auseinandersetzen will, findet die Richtlinie auf den Seiten des Umweltbundesamts.
Mit der Green-Claims-Richtlinie gegen irreführende Öko-Werbung, Fake-Siegel und falsche Nachhaltigkeits-Versprechen stoppt die Europäische Kommission Selfmade-Siegel („Rezeptur ohne Mikroplastik“) oder nicht nachvollziehbare Slogans („klimaleicht“, „umweltgerecht“). Diese Richtlinie ist ein Meilenstein. Wer sich intensiv mit der Richtlinie
Die Zahl der als vermeintlich umweltfreundlich gelabelten Produkte, die einem täglich beim Einkauf begegnen, ist zuletzt inflationär angestiegen, und wird sich mit der Regularie wieder spürbar reduzieren. Nur wenige anerkannte Siegel mit Umweltbezug werden bestehen bleiben. Darunter in Deutschland sicher der Blaue Engel, die international anerkannten Flustix-Siegel für 360°Plastiknachhaltigkeit oder die EU-eigenen Label.
Wildwuchs bei Öko-Versprechen
Mit dem steigenden Bewusstsein für die ökologischen Auswirkungen des eigenen Konsums explodierte in den vergangenen Jahren auch die Zahl der umweltbezogenen Aussagen auf den Verpackungen. Besonders sichtbar ist das in Drogeriemärkten, wo kaum ein Kosmetik-, Hygiene- oder Reinigungsartikel ohne den Hinweis auf angeblich ökologische Vorzüge auskommt. Branchenübergreifend tragen 75 % aller Waren auf dem EU-Markt eine umweltfreundliche Behauptung, berichtet das Fachmagazin „Sustainable Plastics“. Eine Studie im Auftrag der EU-Kommission zählte rund 230 unterschiedliche Umweltzeichen. Außerdem wurden die getätigten Öko-Versprechen untersucht: Mehr als die Hälfte stellten sich als „vage, irreführend oder unbegründet“ heraus. 40 % waren sogar „völlig unbegründet“. Hier wurden teils hastig Nachhaltigkeits-Claims in Eigenregie entwickelt und aufgebracht. Doch meist verstecken sich dabei glatte Öko-Täuschungen.
„Umweltgerecht“ keine gültige Aussage
Angedockt werden die neuen Regeln an die Richtlinie 2005/29/EG, in der unlautere Geschäftspraktiken gelistet werden. Diese Praktiken werden nun um vier Punkte erweitert. Punkt eins: Die Nutzung von allgemeinen Umweltaussagen, ohne dafür eine Leistung zugunsten von Umwelt oder Klima zu erbringen. Beispiele für allgemeine umweltbezogene Angaben sind „umweltfreundlich“, „grün“, „Freund der Natur“, „ökologisch“ oder „umweltgerecht“. Nur wenn der Umweltnutzen über den gesamten Lebenszyklus und die komplette Wertschöpfungskette nachweisbar ist, darf damit auch geworben werden.
Die deutsche Bundesumweltministerin Steffi Lemke erklärt dazu: „Werbung mit ‚klimaneutral‘, ‚klimapositiv‘, ‚grün‘ oder ähnlichen Begriffen ist häufig irreführend und eine Täuschung der Verbraucher. Es ist gut, dass die Europäische Kommission nun eine Regulierung für den Europäischen Binnenmarkt auf den Weg gebracht hat: Mit der sogenannten ‚Green Claims Initiative‘ soll es künftig verbindliche methodische Anforderungen für die Verwendung von Aussagen mit Umweltbezug geben. Die vorgestellte Initiative ist ein weiterer Baustein, um Klarheit bei den vielen Labeln zu schaffen. Wir werden die Interessen von Verbraucher in den Prozess einbringen. Wichtig ist, dass Aussagen verlässlich sind und dass wissenschaftliche Methoden die Grundlage bilden.“
Punkt zwei: Stopp für Fake- und Selfmade-Siegel. Willkürliche Umweltzeichen, die nicht auf einem Zertifizierungssystem beruhen, oder nicht von öffentlichen Behörden eingeführt wurden, dürfen künftig nicht mehr genutzt werden.
Die dritte Machenschaft auf dem EU-Index: Eine Umweltaussage zum gesamten Produkt zu machen, obwohl sie nur einen bestimmten Aspekt des Produkts betrifft. Beispiel: Toilettenpapier. Auf der Packung steht groß „recycelt“, das aber bezieht sich auf die Kunststoffverpackung, die einen Anteil an Rezyklaten enthält. Das WC-Papier selbst ist aus frischen Fasern und hübsch weiß. Auch ein gängiges Praxisbeispiel: Die Gesamtverpackung wird als recycelt angepriesen, dabei besteht nur der Deckel aus Rezyklaten.
Verbot Nummer vier betrifft Standards, die als Besonderheiten verkauft werden. Gesetzlich vorgeschriebene Mindeststandards dürfen nicht als herausragende Umweltleistung auf dem Produkt beworben werden, um damit den Eindruck von engagiertem Umweltschutz zu erwecken.
Irreführendes Verpackungsdesign
Die Details der Verordnung haben es in sich: Sogar das Verwenden von suggestiven Bildern, die nichts mit der Realität zu tun haben, ist künftig nicht mehr erlaubt. In der Richtlinie heißt es dazu: „Bildsprache und Gesamtpräsentation des Produkts, einschließlich des Layouts, der Wahl der Farben, Bilder, Abbildungen, Töne, Symbole oder Etiketten, die in der umweltbezogenen Angabe enthalten sind, sollten das Ausmaß des erzielten Umweltnutzens wahrheitsgetreu und genau darstellen und den erzielten Umweltnutzen nicht überbewerten.“ Beispiel: Auf der Milchpackung sieht man eine Kuh auf einer grünen Wiese, die Milch stammt aber aus Stall- oder Anbindehaltung. Ein Gesichtspunkt also, den nachhaltige Brands beim Design ihrer Verpackung künftig beachten müssen.
Empfindliche Strafen bei Verstoß
Wer gegen die Richtlinie verstößt, muss gegebenenfalls tief in die Tasche greifen. Die Höhe der Geldbußen richtet sich nach der Schwere des Verstoßes. So werden beispielsweise Wiederholungstäter schärfer bestraft. In der Richtlinie heißt es: „Der Höchstbetrag sollte abschreckend sein und mindestens vier Prozent des gesamten Jahresumsatzes des Händlers betragen.“
Zudem können die Einnahmen, die aus dem Geschäft mit den betreffenden Produkten erzielt wurden, eingezogen werden. Darüber hinaus droht der Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren und vom Zugang zu öffentlichen Mitteln, einschließlich Ausschreibungen, Zuschüssen und Konzessionen.
Richtlinie wird nationales Recht
Nach Inkrafttreten der Richtlinie haben die Mitgliedsstaaten nun zwei Jahre Zeit, um diese in geltendes Recht umzusetzen und anzuwenden. Das klingt viel, ist es aber nicht. Denn bereits heute sind Greenwashing-Klagen an der Tagesordnung. Die neue Richtlinie wird die unlauteren Praktiken noch mehr ins Licht der Öffentlichkeit rücken. Unternehmen sind deshalb gut beraten, bereits jetzt auf die neuen Standards umzustellen. In den in Deutschland zuständigen Ministerien, BMUV und BMEL, ist man gewillt, sich jetzt schon aufzustellen und direkt nach der Veröffentlichung zu handeln, indem man die Richtlinie so schnell wie möglich in nationales Recht umsetzt. Da wird nur wenig Zeit bleiben, denn nach dem Preis ist für Verbraucher zuverlässig kommunizierte Nachhaltigkeit relevant für die Kaufentscheidung am POS.
Was genau versteht man eigentlich unter Greenwashing?
Unter Greenwashing versteht man die Praxis von Unternehmen, Organisationen oder Einzelpersonen, sich in der Öffentlichkeit umweltfreundlicher und nachhaltiger darstellen, als sie tatsächlich sind. Es handelt sich um eine Art Täuschung, bei der Unternehmen versuchen, ein positives Image im Zusammenhang mit Umwelt- und Nachhaltigkeitsfragen aufzubauen, ohne tatsächlich bedeutende beziehungsweise wirksame Maßnahmen zur Reduzierung ihres ökologischen Fußabdrucks zu ergreifen.
Greenwashing kann verschiedene Formen annehmen. Beispielsweise können Unternehmen behaupten, umweltfreundliche Praktiken oder Produkte zu haben, obwohl ihre Hauptgeschäftstätigkeit weiterhin umweltschädlich ist. Sie können auch grüne Symbole, Logos oder Zertifizierungen verwenden, um den Eindruck zu erwecken, dass ihre Produkte oder Dienstleistungen nachhaltig sind, obwohl dies nicht der Fall ist. Ein weiteres Beispiel wäre das gezielte Hervorheben von geringfügigen umweltfreundlichen Initiativen, während größere ökologische Probleme ignoriert werden.
Greenwashing ist problematisch, da es die Verbraucher irreführt und ihnen die Möglichkeit nimmt, fundierte Entscheidungen zu treffen. Es kann auch dazu führen, dass echte Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels und zum Umweltschutz abgewertet werden, da Unternehmen, die nur oberflächlich grün erscheinen, das Vertrauen in solche Initiativen untergraben.
Was ist der Unterschied zwischen Greenwashing und Greenclaiming?
Greenwashing und Greenclaiming sind eng miteinander verbundene Begriffe, die sich jedoch in ihrer Bedeutung und Anwendung unterscheiden.
Greenwashing bezieht sich auf die bewusste Irreführung von Verbrauchern oder der Öffentlichkeit durch Unternehmen, Organisationen oder Einzelpersonen, indem sie sich umweltfreundlicher und nachhaltiger darstellen, als sie tatsächlich sind. Es handelt sich um eine Täuschungstaktik, bei der Unternehmen falsche oder übertriebene Umweltansprüche machen, um ihr Image zu verbessern, ohne substantielle Anstrengungen zur Verringerung ihres ökologischen Fußabdrucks zu unternehmen.
Greenclaiming hingegen bezieht sich auf die Situation, in der Personen oder Organisationen berechtigte Umweltansprüche erheben, diese jedoch nicht ausreichend nachweisen können. Es handelt sich im Wesentlichen um unbegründete oder unzureichend unterstützte Behauptungen im Zusammenhang mit Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit. Im Gegensatz zum Greenwashing geht es beim Greenclaiming nicht um bewusste Täuschung, sondern um die fehlende Substanz hinter den Ansprüchen.
Während Greenwashing gezielt darauf abzielt, ein positives Image zu schaffen und das Vertrauen der Verbraucher zu gewinnen, indem Umweltansprüche manipuliert werden, bezieht sich Greenclaiming eher auf den Mangel an Transparenz oder Überprüfbarkeit der gemachten Umweltansprüche. Beide Praktiken sind jedoch problematisch und können das Vertrauen der Verbraucher in grüne Initiativen und Produkte untergraben.
Nachhaltige Verpackungen: der große Überblick
Sie wollen alles zum Thema nachhaltige Verpackungen wissen? Klar ist, dass der Bedarf an nachhaltigen Verpackungen in den kommenden Jahren stark steigen wird. Aber das Thema ist komplex: Wann gilt denn überhaupt eine Verpackung als nachhaltig und welche Kriterien müssen dabei künftig erfüllt sein? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.