Digitalisierung soll die nötige Transparenz für eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft schaffen.

Digitalisierung soll die nötige Transparenz für eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft schaffen. (Bild: NordicPixMedia – stock.adobe.com)

Der Rezyklat Markt steckt (wieder einmal) in einer tiefen Krise – so ist es aktuell einigen Fachmedien zu entnehmen. Ein Grund dafür ist der Preis für Rezyklat. Denn der ist aktuell höher als der Preis von Virginware. Kunststoff also, der nicht beispielsweise via Gelber Tonne einem Recyclingprozess zugeführt und wieder zu einem neuen Produkt wie einer Verpackung wurde, sondern erstmals aus einem Rohstoff zu Kunststoff wurde. Was bis heute meist Erdöl ist. Die aktuell niedrigen Preise für dieses Virginmaterial lässt viele Unternehmen wieder genau dieses kaufen – der Preis schlägt eben auch im Jahr 2023 die Nachhaltigkeit.

Dass nicht die Qualität der Rezyklate die Ursache für dieses Drama ist, zeigt der Blick auf das Jahr 2021. Denn in diesem Jahr hatte kein Recycler ein Verkaufsproblem. Seit langem waren die Weltmarktpreise für Virgin-Kunststoffe, getrieben durch die gestiegenen Ölpreise, über den für Rezyklat gestiegen.

Aus der damaligen Mangelsituation für Rezyklat lässt sich ableiten, dass es offenbar durchaus genug Anwendungen gibt, in denen die aktuell produzierbaren Mengen und Qualitäten an wiederaufbereitetem Kunststoff zum Einsatz kommen kann. So es sich denn rechnet.

Erklärtes Ziel der Drogeriemarktkette ist es, dass bis zum Jahr 2025 mindestens 50 % des eingesetzten Kunststoffs PCR ist.
Erklärtes Ziel der Drogeriemarktkette ist es, dass bis zum Jahr 2025 mindestens 50 % des eingesetzten Kunststoffs PCR ist. (Bild: dm)

Wie sieht es mit der Stabilität des Rezyklat-Einsatzes im Drogeriewarenbereich aus?

„Wir bei dm setzen kontinuierlich mehr und mehr Rezyklat in unseren Verpackungen ein. 43 Prozent der Kunststoffmenge für die Verpackungen der dm-Marken Produkte waren Ende 2022 bereits aus Rezyklat, inklusive Lebensmittel od. lebensmittelnahe Verpackungen. Und im Drogeriewaren-Bereich können wir Rezyklat-Anteile nicht einfach weglassen, wenn der Preis nicht mehr passt. Denn sobald eine Marke den genauen Rezyklat-Anteil auf der Verpackung angibt, gibt sie ein Commitment an langfristige Investitionen in die Kreislaufwirtschaft. Das verschafft den Recyclern eine Investitionssicherheit,“ erklärt Dagmar Glatz, Produktmanagement Nachhaltigkeit/Verpackungen bei dm.

Die Prozesse rund um Packmittelvorlauf und die Bedruckung ermöglichen es schlicht nicht, Rezyklat-Anteile abhängig vom Preis zu ändern. Vor allem nicht in der Fülle der Produkte, die mittlerweile Angaben für den Rezyklat-Anteil auf der Verpackung haben.

Die auf den Verpackungen bei den dm-Marken aufgedruckten Anteile sind durch alle Prozesse –von der Rezyklatherstellung bis hin zur Produktherstellung – sichergestellt . Die Prüfung der Prozesse und die Richtigkeit der Angaben erfolgt an mehreren Stellen, beispielsweise auch durch den Verbraucherschutz. Dieser entnimmt ein beliebiges Packmittel aus dem Regal und fordert dm auf, innerhalb von wenigen Tagen einen Nachweis von der Rezyklat-Produktion bis hin zum Einsatz in eben diesem Packmittel zu erbringen. Kann der Nachweis nicht erbracht werden, werden die Produkte abgewertet.

Sind die Konsumenten am Thema Kreislaufwirtschaft interessiert?

Der Anteil an Recycling-Material einer Verpackung ist für die Kunden von dm-Drogeriemarkt seit Jahren ein relevantes Attribut. Daher wird diese Information gleich an mehreren Stellen Konsumenten und anderen interessierten Stakeholdern zugänglich gemacht:

Störer Angabe Anteil Rezyklat
(Bild: dm)
  • Konsumenten können sich direkt am POS am Produkt zum Rezyklat Anteil der Produktverpackung informieren.
  • Auf dm.de werden Verpackungen mit einem Recycling-Materialanteil von mehr als 70 % mit einem eigenen Störer ausgelobt.

Warum ist Digitalisierung so wichtig für eine Kreislaufwirtschaft?

Diese Transparenz ist nur möglich, weil dm die Verpackungsdaten von Herstellerpartnern übermittelt bekommt – eine relativ neue Errungenschaft: Erst im Jahr 2019 wurde das Attribut Recyclingmaterial im Forum Rezyklat entwickelt. Dabei wurden die Daten standardisiert und die automatisierte Datenübertragung von den Herstellern zu den Händlern ermöglicht. Dies war nicht weniger als der erste Schritt in Richtung Digitalisierung der Kreislaufwirtschaft.

Die Idee den Einsatz von Recyclingmaterial Anteilen in Verpackungen durch ein verstärktes Aufzeigen zu fördern, fand schnell allgemeinen Anklang. Mehr und mehr Marken haben seitdem in ihre Verpackungsangaben den Recycling-Materialanteil ergänzt.

Nun wird auch durch neue Gesetze wie der PPWR (Proposal Packaging and Packaging Waste Regulation) von den Unternehmen verlangt, qualitativ hochwertigere Daten-, Management- und Berichtssysteme zu entwickeln. Zuletzt erhöhen auch selbstgesteckte Ziele zu nachhaltigeren Verpackungen den Bedarf an Verpackungsdaten.

Dies hat dm mit seinen Partnern am Forum Rezyklat eingehend analysiert und die Notwendigkeit erkannt, den Grad der Digitalisierung der Kreislaufwirtschaft schnellstens zu erhöhen. Dieser lag laut einer Studie von Roland Berger im Jahr 2022 unter 10 %.

Beginn 2023 standen einige Stakeholder der Kreislaufwirtschaft an manchen Stellen zwar miteinander im Dialog (R-Cycle, Holy Grail,…), verfügten allerdings weder über vollständig standardisierte Datenattribute noch über digitale standardisierte Schnittstellen in Kombination mit einem geeigneten Rechte- und Rollenkonzept (Data-Ownership) für das Datenmanagement.

In einem eigenen Fachbereich des Forum Rezyklat wurde nun beschlossen, zunächst die Daten zu bearbeiten, die über die gesamte Wertschöpfungskette zum Nachweis von Rezyklateinsatz und zur Bemessung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen notwendig sind. Das Attribut „Recyclingfähigkeit“ ist das zweite Attribut, das die Teilnehmer erarbeitet haben und seit Februar 2023 zwischen Industrie und Handel über des Globale Daten-Synchronisations-Netzwerk (kurz: GDSN) standardisiert ausgetauscht werden kann.

In dem Fachpaket Digitalisierung sollen nun die für die Kreislaufwirtschaft relevanten Daten und die notwendigen Schnittstellen analysiert werden. Das sind beispielsweise die Rückverfolgbarkeit von Rezyklaten, das Reporting rund um die Recyclingfähigkeit sowie Anforderungen aus der PPWR.

Nachhaltige Verpackungen: der große Überblick

Grafik von Lebensmitteln im Supermarktregal
(Bild: sabelskaya - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema nachhaltige Verpackungen wissen? Klar ist, dass der Bedarf an nachhaltigen Verpackungen in den kommenden Jahren stark steigen wird. Aber das Thema ist komplex: Wann gilt denn überhaupt eine Verpackung als nachhaltig und welche Kriterien müssen dabei künftig erfüllt sein? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

 

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