Block mit Notizen zu Employer Branding

Die Transformation vom Arbeitgeber zum attraktiven Arbeitgeber ist ein Marathon – der sich in Zeiten des Fachkräftemangels aber lohnt. (Bild: Vitalii Vodolazskyi – stock.adobe.com)

Der folgende Beitrag überführt das Konzept des Employer Brandings aus dem Marketing ins Personalwesen, begründet, warum das Employer Branding relevanter denn je für mittelständische Unternehmen ist und wie der Mittelstand durch richtige Ausgestaltung der Arbeitgebermarke gezielt Vorteile aufbauen kann.

Vom Arbeitgebermarkt zum Arbeitnehmermarkt

„Normal“ funktioniert nicht mehr – denn der Arbeitgebermarkt ist zum Arbeitnehmermarkt geworden. Der Personal- und Fachkräftemangel in Deutschland erreicht Rekordniveau. Talentwettbewerb herrscht in vielen Branchen. Die Gewinnung von Bewerbern für das eigene Unternehmen und die Bindung bestehender Mitarbeiter wird eine erfolgskritische Aufgabe der Unternehmensführung. Die besondere Erwartung der Generation Y und Z stellen Entscheidungsträger erschwerend vor spezielle Aufgaben.

Deshalb müssen Unternehmen um Fach- und Führungskräfte werben, wobei eine starke und glaubwürdige Arbeitgebermarke anziehend wirkt. Das Thema Marke ist heute auf dem Arbeitsmarkt ein äußerst wichtiger Differenzierungsfaktor zur Erlangung eines Wettbewerbsvorteils. Unternehmen müssen sich selbst zu einer starken Arbeitgebermarke, einer Employer Brand, entwickeln, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Beim Randstad Employer Brand Research 1/2022 erzielte die BMW Group den Spitzenplatz, gefolgt von ZF Friedrichshafen und Siemens. Die entscheidendste Frage, die man sich bei BMW immer wieder stelle, ist: Welche Kriterien machen uns für Kandidaten attraktiv?

Wie geht nun aber der Mittelstand vor, der nicht über Mittel und Ressourcen eines Konzerns wie der BMW Group oder Siemens verfügt?

Einordnung des Employer Brandings

Die Anwendung des Markenmanagements als Employer Branding gibt es schon seit Mitte der 1990er-Jahre. Damals standen die Formulierung und Einlösung eines Leistungsversprechens für aktuelle und künftige Arbeitgeber im Vordergrund. Die im Marketing erforschten Mechanismen der Marke wurden nun unter dem Stichwort Employer Branding auf den Arbeitsmarkt übertragen und Marketingmaßnahmen nicht mehr nur auf eine Dienstleistung oder ein Produkt bezogen.

Bei Produktmarken spricht man vom USP (Unique Selling Proposition) beziehungsweise dem Alleinstellungsmerkmal. Das Pendant zum USP ist bei der Arbeitgebermarke der EVP (Employee Value Proposition): Was verspricht das Unternehmen potenziellen Bewerbern über die Arbeit im Unternehmen? Welchen Nutzen kann ein Bewerber erwarten?

Personalmarketing und Employer Branding unterscheiden sich aber. Personalmarketing zielt speziell darauf ab, Mitarbeiter für eine Organisation zu gewinnen und zu binden und wirkt operativ. Es beschreibt Maßnahmen, mit denen Unternehmen ihre Employer-Branding-Strategie umsetzen.

Employer Branding dagegen ist strategisch, häufig umfangreich, langfristig und kennzeichnet den Aufbau und die Pflege von Unternehmen als Arbeitgebermarke, um sich gegenüber Mitarbeitern und möglichen Bewerbern als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren und Mitarbeiter leichter zu gewinnen und zu binden.

Im Klartext: Sie wollen den Kandidaten nicht „nur“ erreichen (Personalmarketing), sie wollen ihn auch mit ihrer Botschaft überzeugen (Employer Branding). Employer Branding baut also auf der Reputation eines Unternehmens auf. Bewerber sollen von vornherein ein bestimmtes Bild im Kopf haben, geprägt durch sachlich-rationale Nutzenargumente und emotional-bildliche Merkmale. Kommuniziert wird somit nur die tatsächlich beste Seite des Unternehmens. Je bekannter ein Unternehmen, desto stärker ist auch die Arbeitgebermarke bezüglich der Wahrnehmung von potenziellen Bewerbern. Dieses Bild wird von den Kandidaten mit ihren persönlichen Erwartungen und Anforderungen abgeglichen. Ist das Image des Arbeitgebers stimmig, steigt die Chance, einen geeigneten Kandidaten zu finden.

Wie positiv ein Unternehmen wahrgenommen wird, hat das Unternehmen aber nicht allein in der Hand. Als Folge der zunehmenden Transparenz durch Bewertungsportale sind Bewerber heute oft gut über Unternehmen informiert. Daher muss eine Arbeitgebermarke vor allem authentisch sein und die tatsächlichen Verhältnisse im Unternehmen widerspiegeln.

Stoßrichtung des Employer Brandings

Das Employer Branding verfolgt Ziele in zwei Richtungen: Zum einen nach außen, also alles, was man bezüglich des Unternehmens von außen wahrnehmen kann, und zum anderen nach innen, also alles Unternehmensinterne. Employer Branding schärft das Unternehmensprofil in der Innen- und Außenwahrnehmung. Nach Außen unterstützt es das Recruiting, nach innen bindet es Mitarbeiter und steigert deren Produktivität, Effektivität und Loyalität. Dieser letztgenannte Aspekt hat etwas weniger mit Marketing zu tun, sondern in erster Linie mit Mitarbeiterführung und Führungskultur. Gewichten sollten Arbeitgeber beides gleichwertig. Denn nur, wenn beides übereinstimmt, strahlt es wirksam in beide Richtungen.

Gründe für nicht funktionierendes Employer Branding

„Es ist zum Verzweifeln!“, beschreibt die Personalleiterin eines großen Packaging-Unternehmens auf der Schwäbischen Alb die Bewerbersituation: Keine Bewerber für die seit Wochen ausgeschriebene Vakanz eines Prozessingenieurs. Mittelstandsunternehmen sind aufgrund ihrer geringeren Bekanntheit und damit einhergehender nicht wahrgenommener Attraktivität von diesem Trend verstärkt betroffen. Aber Employer Branding scheitert oft auch an fehlender Zeit, fehlendem Personal, fehlender Kenntnis – am meisten jedoch: an der fehlenden Strategie. Auch ein Recruiting-Video oder eine eigene Facebook-Karriereseite reichen nicht aus. Me-too-Ansätze differenzieren nicht! Aber genau das muss beim Employer Branding erreicht werden, um sich positiv von der Konkurrenz abzuheben. Unternehmen sollten sich immer wieder klar machen: Der Aufbau einer starken Arbeitgebermarke ist ein Marathon und wird nicht kurzfristig zum Erfolg führen.

Zu Beginn des Prozesses sollten sich Unternehmen die folgenden vier Fragen stellen:

1. Wer sind wir, und welche Vertrauenselemente be­sitzen wir?
2. Wie treten wir auf, oder: Was ist unser Markenbild?
3. Was kaufen unsere Kunden wirklich beziehungsweise wofür ist unser Produkt bekannt?
4. Was können wir besser als die Konkurrenz?

Mittelstandsunternehmen erfüllen viele Anforderungen der heutigen Kandidaten systembedingt: Überschaubare Größe führt zu wenig Hierarchiestufen. Neueinsteigern wird schnell Verantwortung übertragen. Im familiär geprägten Arbeitsumfeld geht man flexibler auf die Mitarbeiterbedürfnisse ein. Unternehmen sollten diese Aspekte positionieren und betonen, sofern diese bei ihnen wirklich gelebt werden – und besonders, um an neue Mitarbeiter der Generation Y und Z heranzutreten.

Der Personalleiterin des obigen Beispiels rieten wir von Kopfprämien für Fachkräfte ab. Leidensdruck ist immer ein schlechter strategischer Berater. Denn er erzeugt Aktionismus, der erhebliche Ressourcen verschlingt und kontraproduktiv ist. Die Position als attraktiver Arbeitgeber kann eine Organisation nur mit einem strategischen Ansatz, den notwendigen Ressourcen und einem langen Atem erreichen. Wer aber nicht zeitnah beginnt, in dessen Haus wird das Problem fehlender Fach- und Führungskräfte in Zukunft nur noch größer werden.

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