Das Artikelspektrum von Wollschläger reicht von kleinen Bohrern oder Schleifpapier bis hin zu Helmen, Leitern und Ständerbohrmaschinen, die von den Mitarbeitern beleglos nach dem Fifo-Prinzip kommissioniert werden.

Das Artikelspektrum von Wollschläger reicht von kleinen Bohrern oder Schleifpapier bis hin zu Helmen, Leitern und Ständerbohrmaschinen, die von den Mitarbeitern beleglos nach dem Fifo-Prinzip kommissioniert werden. (Bild: SSI Schäfer)

Hier wird geprüft, gezählt, erfasst, eingelagert und wieder kommissioniert, konfektioniert, kontrolliert und schließlich mit Sorgfalt verpackt und verschickt: Für seine Kunden macht Wollschläger fast alles möglich, egal ob es sich um ein kleines Handwerksunternehmen, einen Chemieriesen oder einen Technologiekonzern handelt. So kennzeichnet der Dienstleister die Waren auf Wunsch mit vorgegebenen Materialnummern und Kostenstellen oder druckt individuelle Lieferscheine, damit der Kunde die Artikel in seinem Wareneingang schneller vereinnahmen kann. Das Artikelspektrum reicht dabei von spanabhebenden Werkzeugen, Mess-, Hand- und Elektrowerkzeugen bis hin zur Komplettausstattung von Arbeitsstätten. Nach Wunsch bestückte Werkzeugkisten oder personalisierte Arbeitskleidung gehören ebenso zum Liefer- und Leistungsumfang des Handelsunternehmens wie das umfangreiche Dienstleistungsangebot.

Durch die Zunahme des Service- und Artikelspektrums einerseits und des Auftragsvolumens andererseits wurde das alte Lager in Bochum jedoch zu klein und Wollschläger suchte einen neuen Standort. Fündig wurde das mittelständische Familienunternehmen aus Bochum direkt an der A40, wo ein 115.000 m² Grundstück mit einer 28.000 m² großen Halle zum Verkauf stand. Die ersten Planungen für das Großprojekt entstanden 2012 zusammen mit dem Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik (IML), das verschiedene Logistikkonzepte von manuell bis voll automatisiert erarbeitete.

(v. l. n. r.) Volker Nielsen und Jörg Friedrich, Wollschläger GmbH & Co. KG. Mit dem Umzug in das neue Logistikzentrum Anfang 2015 hat Wollschläger seine Lagerfläche verdoppelt und damit Kapazität für weiteres Wachstum.
(v. l. n. r.) Volker Nielsen und Jörg Friedrich, Wollschläger GmbH & Co. KG. Mit dem Umzug in das neue Logistikzentrum Anfang 2015 hat Wollschläger seine Lagerfläche verdoppelt und damit Kapazität für weiteres Wachstum. (Bild: SSI Schäfer)

„Wir brauchen die Flexibilität im Tagesgeschäft. Die Kundenanforderungen werden immer umfangreicher, gerade von der Großindustrie, die keinen zentralen Wareneingang mehr unterhält, sondern eine kostenstellenbezogene Lieferung auf ihrem Werksgelände wünscht. Dazu werden die Aufträge immer kleiner und kommen dafür immer häufiger“, beschreibt Volker Nielsen, Logistikleiter und Prokurist, die aktuellen Herausforderungen. So werden derzeit 85 Prozent aller ausgelieferten Positionen unterhalb einer Verpackungseinheit kommissioniert. Für die Mitarbeiter bedeutet dies, dass sie einzelne Artikel, wie beispielsweise Bohrer aus Großpackungen, entnehmen, neu verpacken und etikettieren müssen. Das neue Lager- und Kommissioniersystem sollte exakt auf diese Anforderungen ausgerichtet werden.

Teilautomatisiertes Logistikkonzept bietet nötige Flexibilität

Aufgrund der benötigten Flexibilität, dem heterogenen Artikelspektrum und den guten Erfahrungen aus der Altanlage entschied sich Wollschläger schließlich für ein teilautomatisiertes Logistikkonzept. Die Planungen beinhalteten ein mit Staplern bedienbares Hochregal mit 9.500 Palettenstellplätzen, eine dreigeschossige Fachbodenregalanlage mit 80.000 Lagereinheiten für Kleinteile, vier automatische Vertikalliftsysteme mit 20.000 Stellplätzen für Kleinstteile sowie ein automatisches Pufferlager für die Konsolidierung von bis zu 1.960 Auftragsbehältern. Eine Fördertechnikanlage für Kartons und Behälter sollte schließlich den Wareneingang mit den drei manuellen Kommissionier-Ebenen, den Ware-zur-Person-Arbeitsplätzen vor den vier Lagerautomaten, der Verpackung und dem Versand verbinden. Ferner sollte der Materialflussrechner und somit die komplette Lager- und Materialflusssteuerung im SAP EWM System abgebildet werden, das Wollschläger seit 2010 im Einsatz hat.

Den komplexesten Lieferumfang nahm dabei die Installation der automatischen Fördertechnikanlage ein, da sie mit dem Stahlbau und den angeschlossenen Lagerbereichen über drei Ebenen abgestimmt und die Steuerung zudem über eine Schnittstelle an SAP EWM angebunden werden musste. Der Komplettanbieter SSI Schäfer überzeugte mit einem passenden Förderanlagenkonzept und Optimierungsvorschlägen in einzelnen Details. „SSI Schäfer konnte uns aufgrund der weitreichenden Praxiserfahrung wertvolle Tipps geben, die uns neben der Verbesserung im operativen Prozess auch noch Kosten eingespart haben“, erinnert sich Nielsen. Den finalen Ausschlag für die Auswahl des Komplettanbieters habe letztlich jedoch ein Referenzbesuch bei der Bechtle AG in Neckarsulm gegeben, die ebenfalls mit einem teilautomatisierten Konzept und dem SAP EWM System in der Logistik arbeitet. Zum Lieferumfang von SSI Schäfer gehörten darüber hinaus zwei Schäfer Carousel Systeme (SCS) als Puffer zur Konsolidierung von Artikeln aus verschiedenen Lagerbereichen, ein Behälter-Stapler und ein Behälter-Entstapler sowie acht Arbeitsplätze im Wareneingang, 18 in der Kommissionierung, 24 in der Verpackung und drei im Versand.

Im Wareneingang realisierte SSI Schäfer acht Arbeitsplätze mit direkter Fördertechnik-Anbindung in die drei Ebenen des Kleinteilelagers und direkt in den Versand.
Im Wareneingang realisierte SSI Schäfer acht Arbeitsplätze mit direkter Fördertechnik-Anbindung in die drei Ebenen des Kleinteilelagers und direkt in den Versand. (Bild: SSI Schäfer)

Nach einem von Wollschläger erarbeiteten Zeitplan ging es mit den ausgewählten Partnern nach der finalen Projektplanung und Lastenhefterstellung schließlich in die Realisierung. „Da wir keinen Generalunternehmer hatten, waren wir auf gute Partner angewiesen, um unseren Zeitplan einzuhalten. Der Projektleiter und das Montageteam von SSI Schäfer haben sich hier richtig reingekniet, sodass die Arbeiten auf der Baustelle wirklich Hand in Hand liefen. Dabei musste sich SSI Schäfer beim Aufbau der Fördertechnik vor allem mit unserem Stahlbauer detailliert abstimmen. Da kam es manchmal auf Millimeter an“, resümiert Nielsen anerkennend und lobt auch die Flexibilität bei nötigen Änderungen während der Montage. Im Sommer 2014 – ein halbes Jahr vor dem geplanten Produktivstart – waren die komplette Fördertechnikanlage und das SCS montiert und SSI Schäfer und Wollschläger konnten mit den ersten Leistungstests beginnen. „Auf den Rollenbahnen und Förderbändern bewegen sich die Behälter nun mit einer Geschwindigkeit von 0,6 m/s statt zuvor auf unserer Altanlage mit 0,3 m/s. Damit haben wir den Durchsatz signifikant erhöht“, freut sich Nielsen.

In der letzten Projektphase installierte der Softwarepartner von Wollschläger schließlich das SAP EWM 9.0, das als Lagerverwaltungs- und Steuerungssystem für die optimale Auftragsabwicklung sowie eine übersichtliche Steuerung der Logistik sorgt. Hier war ebenfalls eine enge Abstimmung mit SSI Schäfer für die Programmierung der Schnittstelle zur Speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) der Fördertechnikanlage nötig.

Umzug und Inbetriebnahme ohne Probleme

Über Weihnachten und den Jahreswechsel 2014/2015 organisierte Wollschläger schließlich den größten Umzug der Firmengeschichte: Innerhalb von zwölf Tagen transportierten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter etwa 400 Lkw-Ladungen mit 50.000 Artikeln und einem Gewicht von 800 Tonnen in das neue Logistikzentrum. „Es war wirklich alles bis ins kleinste Detail durchgeplant und wir haben den Terminplan eins zu eins umsetzen können“, berichtet Volker Nielsen stolz. Damit konnte der Betrieb pünktlich am 5. Januar 2015 wie geplant starten – und das ohne eine Hochlaufphase, da die eingehenden Bestellungen sofort erledigt werden mussten. Heute gelangen die Behälter mit Nachschub von den Arbeitsplätzen im Wareneingang über die Fördertechnik in die vorgesehenen Lagerbereiche. Leerbehälter werden bei Wollschläger platzsparend von einem automatischen Behälter-Stapler ineinander gestapelt und auf einer Förderstrecke gepuffert. Werden neue Leerbehälter benötigt, speist der automatische Entstapler die Behälter wieder in die Fördertechnik ein. Mit dem Auftragsstart wird automatisch jedem Behälter ein gedrucktes Etikett mit Aufklebern für die Kommissionierung beigelegt. Damit ist der Auftrag automatisch diesem Behälter fest zugeordnet und wird nun automatisch in die richtige Kommissionierzone befördert, in der die benötigten Kleinteile lagern. Die Förderanlage spart so Laufwege für die Lagermitarbeiter, die gleichzeitig für das Einlagern von Wareneingängen als auch für die Kommissionierung der bestellten Artikel zuständig sind.

Größere Aufträge werden an ergonomischen Großpackplätzen verpackt

Das aus zwei Speichern bestehende Schäfer Carousel System bietet Platz für 1.960 Behälter bei einem Durchsatz von bis zu 800 Behältern pro Stunde.
Das aus zwei Speichern bestehende Schäfer Carousel System bietet Platz für 1.960 Behälter bei einem Durchsatz von bis zu 800 Behältern pro Stunde. (Bild: SSI Schäfer)

Um alle Artikel aus den verschiedenen Lagerbereichen auch in einer Lieferung verpacken zu können, warten die Artikel aus der Kleinteilekommissionierung so lange im SCS bis sie an einem der 24 Packplätze schließlich mit den Waren aus dem Hochregallager zusammengeführt werden können. Größere Aufträge, zum Beispiel für den Export, werden an ergonomischen Großpackplätzen verpackt. Das SCS hat eine Kapazität für die Pufferung von bis zu 1.960 Behältern bei einem Durchsatz von bis zu 800 Behältern pro Stunde. Als skalierbares und modular konzipiertes Hochleistungslagersystem bietet das SCS hohe Dynamik auf engstem Raum und ist bei Bedarf kurzfristig um weitere Module oder Gassen erweiterbar. Das Konstruktionsprinzip der SCS ermöglicht den geringen Abstand zwischen den Karussellen und spart so jede Menge Platz.

„Das neue, teilautomatisierte Logistikkonzept gibt uns die Flexibilität, Leistung und Wirtschaftlichkeit, die wir für die effiziente Lagerung unserer Produkte und für zufriedene Kunden benötigen“, erklärt Volker Nielsen und betont: „Dabei haben wir großen Wert auf das Thema Ergonomie gelegt und deshalb alle Arbeitsplätze an die Fördertechnik angeschlossen. Somit müssen unsere Mitarbeiter die Behälter kaum noch heben, sondern brauchen sie nur heranziehen oder abschieben. In diesem Punkt haben wir unsere Philosophie im Vergleich zur Altanlage komplett geändert und sind dadurch viel effizienter geworden.“ Im Schnitt liege die Produktion bereits jetzt wenige Monate nach der Inbetriebnahme um drei Prozent höher als in der Altanlage – und das obwohl die Lieferungen mit nur einer Position deutlich zugenommen haben. Waren es 2013 im Schnitt 3,5 Positionen pro Auftrag, sind es heute nur noch 2,5 Positionen. Dazu sind die Kundenanforderungen und dadurch die Bearbeitungszeiten in der Kommissionierung und Verpackung gestiegen. Mit den optimierten Abläufen sieht sich Wollschläger aber für weitere Herausforderungen gut gerüstet. Derzeit löst der Systemlieferant zudem noch zwei Lager in Troisdorf und Dillingen mit 15.000 und 12.000 Artikeln auf, um auch dieses Material und damit die komplette Zentrallogistik am neuen Standort zu bündeln.

 

Für Sie entscheidend
SSI Schäfer im Profil
SSI Schäfer ist weltweit der führende Anbieter von Lager- und Logistiksystemen. Die angebotenen Leistungen reichen von der Konzeptfindung über die Lagereinrichtung mit Produkten aus eigener Herstellung bis hin zur Realisierung komplexer Logistikprojekte als Generalunternehmer. Die Bündelung der Kompetenzen unter der Dachmarke SSI Schäfer bildet die Grundlage zur Entwicklung marktgerechter, branchenübergreifender Lagersysteme und zur Konzeption ganzheitlicher Lösungen der Intralogistik.

Das Produktprogramm von SSI Schäfer/Fritz Schäfer GmbH, Neunkirchen – gleichzeitig internationaler Hauptsitz der SSI Schäfer Gruppe – umfasst den Kernbereich der Lagereinrichtung sowie Werkstatt-, Betriebs- und Büroeinrichtungen, Abfalltechnik und Recycling. Typische Produkte sind Lager- und Transportkästen, Fachboden-, Paletten-, Langgut- und Verschieberegale, die die Basis für manuell betriebene und vollautomatische Lagersysteme bilden. Die SSI-Schäfer Unternehmensgruppe, hervorgegangen aus dem 1937 von Fritz Schäfer gegründeten gleichnamigen Unternehmen, ist heute weltweit vertreten und in Deutschland mit zahlreichen Niederlassungen präsent.

Die SSI Schäfer Noell GmbH, Giebelstadt, ergänzt als erfolgreicher, global tätiger Generalunternehmer das Leistungsportfolio. Die Realisierung von komplexen Logistiksystemen, ausgehend von der Systemplanung und -beratung bis hin zur schlüsselfertigen Anlage und maßgeschneidertem After-Sales-Service, gehört zur Kernkompetenz des Unternehmens. Abgerundet werden diese Leistungen durch innovative IT-Lösungen sowohl mit eigenen Standards als auch auf Basis von SAP-Technologie.

SSI Schäfer Peem GmbH, Graz, ist spezialisiert auf modulare Kommissioniertechnik. Das Unternehmen plant, entwickelt und produziert hochdynamische Kleinteileförderanlagen sowie automatische Kommissionierungsanlagen und die dazugehörige Software.

Die Salomon Automation GmbH, Friesach bei Graz, erstellt als Generalunternehmer maßgeschneiderte Komplettlösungen für manuelle und vollautomatische Lagersysteme. Das Unternehmen unterstützt seine Kunden von der Lösungsfindung über die Software-Implementierung bis hin zur Mitarbeiter-Schulung. Mit der Logistiksoftware Wamas trägt Salomon Automation dazu bei, die Lagerprozesse der Kunden umfassend abzubilden und zu optimieren.

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SSI SCHÄFER Fritz Schäfer GmbH

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