Gilt die EUDR auch für Geschenkverpackungen, wie sie bei Süßigkeiten zum Einsatz kommen? Kommt darauf an.

Gilt die EUDR auch für Geschenkverpackungen, wie sie bei Süßigkeiten zum Einsatz kommen? Kommt darauf an. (Bild: OpenAI/Dall-E)

Sie werden von der Europäischen Kommission in ihrem Guidance Document explizit als Beispiel für Behältnisse genannt werden, die einem Produkt seinen „wesentlichen Charakter“ verleihen können und deswegen in den Anwendungsbereich der EUDR fallen (Punkt 7a der Mitteilung C/2024/6789 der EU-Kommission). Was bedeutet dies nun konkret für die Verpackung von Süßwaren, die oft in aufwendig gestalteten Schachteln angeboten werden?

Die EUDR und ihre zollrechtliche Verankerung

Die EUDR bezieht sich auf bestimmte Produkte und Rohstoffe, die bei Einfuhr in die EU insbesondere frei von Entwaldung und Waldschädigung sein müssen. Dabei verweist sie in ihrem Anhang I auf die Kombinierte Nomenklatur (KN) und ihre allgemeinen Vorschriften zur Einreihung von Waren im Sinne der Verordnung (EWG) Nr.2658/87 des Rates. Gemäß Anhang I der EUDR fallen Verpackungsmaterialien aus Papier und Pappe (Kapitel 47 und 48 KN) sowie Holzbehälter (HS-Code 4415 KN) in ihren Anwendungsbereich, sofern sie eigenständige Handelsgüter darstellen.

Die Frage, ob eine Verpackung oder ein Behältnis eigenständig unter die EUDR fällt, hängt maßgeblich von den sogenannten Allgemeinen Vorschriften der Kombinierten Nomenklatur ab, da Anhang I der EUDR auf das System der Kombinierten Nomenklatur insgesamt und ausdrücklich verweist. Besonders relevant sind hier die in den Leitlinien zur EUDR zitierten Allgemeinen Vorschriften Nr. 5a und 5b zur Kombinierten Nomenklatur, die klären, wann eine Verpackung als Teil des Produkts gilt und wann sie als eigenständiges Wirtschaftsgut betrachtet wird. Die EU-Kommission unterstreicht damit, dass die zollrechtliche Einreihung nicht nur für Handels- und Steuerfragen, sondern auch für die Anwendung der EUDR entscheidend ist.

Das Guidance Document der EU-Kommission unterscheidet zwischen Verpackungen, die lediglich zum Schützen, Stützen oder Tragen eines Produkts dienen, und solchen, die dem Produkt seinen „wesentlichen Charakter“ verleihen. Diese Differenzierung ist entscheidend: Während normale Verpackungen mit der HS-Nummer des verpackten Produkts klassifiziert werden, erhalten ungewöhnliche Verpackungen eine eigene HS-Nummer und könnten somit in den Anwendungsbereich der EUDR fallen.

Die zollrechtliche Grundlage: Allgemeine Vorschrift 5 zur KN

Die Allgemeine Vorschrift 5 der KN liefert bei der Einschätzung der EU-Kommission zu dekorativen Geschenkverpackungen die Grundlage für die Einordnung von Verpackungen:

  • Behältnisse (lit. a): Diese sind speziell für den langfristigen Gebrauch bestimmt und können separat genutzt werden (beispielsweise Schmuckkästchen). Wird einem Behältnis der „wesentliche Charakter“ zugeschrieben, so ist es zollrechtlich eigenständig einzureihen.
  • Verpackungen (lit. b): Diese werden mit dem Produkt eingereiht, sofern sie üblich sind, das heißt, sie dienen der Verpackung und verlieren nach Gebrauch ihre Funktion. „Unübliche“ Verpackungen, die eindeutig zur mehrfachen Verwendung geeignet sind, fallen aus dieser Regelung heraus.

Auswirkungen auf dekorative Geschenkschachteln

Dekorative Geschenkschachteln, wie sie häufig für Pralinen, Adventskalender oder andere Süßwaren genutzt werden, werfen Fragen auf: Sind sie übliche Verpackungen oder verleihen sie dem Produkt einen „wesentlichen Charakter“?

Im herkömmlichen Wortsinn meint „üblich“, dass diese Verpackungen als normal (das heißt nicht außergewöhnlich) anzusehen sind. Sie verleihen dem Produkt keinen Mehrwert im Verhältnis zum Inhalt, der zollrechtlich eine gesonderte Einreihung der Verpackung rechtfertigen würde. Hübsch aufgemachte Verpackungen im Segment der Süßwarenindustrie sind durchaus üblich, ohne im Verhältnis zu dem Inhalt einen Mehrwert zu verleihen. Damit lässt sich für das Süßwarensegment unterscheiden:

  • Übliche Verpackungen: Eine hochwertige Pralinenschachtel aus Karton, die nach dem Konsum entsorgt wird, gilt als üblich. Sie wird mit der HS-Nummer des Inhalts (beispielsweise 1806 für Schokoladenzubereitungen) eingereiht und fällt nicht in den Anwendungsbereich der EUDR.
  • Unübliche Verpackungen: Eine wiederverwendbare Schachtel aus Holz, die beispielsweise als Schmuckkästchen dient, könnte eigenständig als Behältnis eingereiht werden. Hier greift die EUDR, da das Behältnis selbst als eigenständiges Produkt betrachtet wird.

Praktische Implikationen für die Süßwarenbranche

Für die Süßwarenbranche ist es damit entscheidend, zwischen üblichen und unüblichen Verpackungen zu unterscheiden:

  • Pralinen und Adventskalender: Solange die Verpackung üblich ist, bleibt sie Teil des Produkts und unterliegt nicht den eigenständigen Sorgfaltspflichten der EUDR.
  • Exklusive Geschenkverpackungen: Wird eine Verpackung als Behältnis im Sinne der Allgemeinen Vorschrift 5a klassifiziert und bekommt somit eine eigene Zollkodexnummer, sind eigenständige Sorgfaltserklärungen notwendig.

Auswirkungen der PPWR auf die EUDR

Die Üblichkeit von Geschenkverpackungen insbesondere bei Süßwaren wird auch durch die aktuell verabschiedete EU-Verpackungsverordnung (Packaging and Packaging Waste Regulation, kurz: PPWR) unterstrichen: Die PPWR setzt in Artikel 10 klare Maßstäbe zur Reduzierung des Verpackungsvolumens und -gewichts, um die Umweltbelastung zu minimieren. Diese Vorgaben betreffen insbesondere Verpackungen, die über rein funktionale Zwecke wie Schützen, Stützen oder Tragen hinausgehen.
Im der PPWR wird jedoch in Anhang IV Nummer 4 explizit darauf hingewiesen, dass bei der Bewertung der Notwendigkeit und Minimierung von Verpackungen deren Funktionalität berücksichtigt werden muss. Eine Funktion von Verpackungen kann aber auch darin liegen, speziell für Geschenkzwecke oder zu saisonalen Anlässen als Teil eines besonderen Produkterlebnisses gestaltet zu sein. Die Einstufung des Geschenkzwecks als Funktionalität der Verpackung lässt den Rückschluss darauf zu, dass dekorative Geschenkverpackungen jedenfalls bei Süßwaren als übliche Verpackungen einzustufen sind.

Fazit

Die Erwähnung dekorativer Geschenkschachteln im Guidance Document der EUDR soll der EU-Kommission zufolge vor dem Hintergrund der zollrechtlichen Vorschriften betrachtet werden. Für Unternehmen bedeutet dies:

  • Normale Verpackungen, die das Produkt nur schützen, stützen oder transportieren, sind nicht betroffen.
  • Wiederverwendbare Behältnisse, die als eigenständiges Produkt gelten, fallen in den Anwendungsbereich der EUDR.

Eine genaue Analyse der Verpackungstypen und ihrer Einordnung nach der Kombinierten Nomenklatur ist daher essenziell, um rechtliche Risiken zu minimieren und die Compliance sicherzustellen.

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