
"Der schlechte Trend aus 2023 hat sich verfestigt", sagt IPV-Vorstandssprecher Jens Vonderheid. (Bild: IPV)
Schon vor einem Jahr hielten sich die Mitglieder des Industrieverbands Papier- und Folienverpackungen (IPV) bei Investitionen aufgrund der wirtschaftlich ungewissen Zukunft zurück. „Nach Auswertung der aktuellen Umfrage muss man leider sagen, dass sich dieser Eindruck noch weiter erhärtet hat. Die Gründe dafür sind so zahlreich wie komplex und nachvollziehbar“, so Vorstandssprecher Jens Vonderheid, Geschäftsführer der Hera Papierverarbeitung. Der IPV vertritt die Interessen von Unternehmen, die flexible Verpackungen sowie Servietten und Tischdecken aus Zellstoff herstellen. Laut Angaben des Wirtschaftsverbands Papierverarbeitung (WPV) umfasste der Verband im Jahr 2022 insgesamt 35 Mitgliedsunternehmen.
Der Umsatz ist bei vielen Betrieben 2024 noch einmal zurückgegangen. 80 % beklagen mittlerweile einen Umsatzrückgang (2023: 67 %). Die Mehrheit macht dafür neben der allgemeinen wirtschaftlichen Lage auch die gestiegenen Rohstoff- und Produktionskosten verantwortlich. Kunden halten sich mit Bestellungen zurück und warten ab, heißt es. Viele IPV-Mitglieder hofften für 2025 immerhin auf eine Preisstabilität am Rohstoffmarkt. Allerdings lässt sich dies nicht sicher prognostizieren. „Die aktuelle Befragung der Branche macht deutlich, wie schwer es für produzierende Betriebe ist, langfristig wirtschaftlich Kurs zu halten“, so IPV-Geschäftsführer Karsten Hunger.
Zukunftsmärkte sehen die Mitgliedsunternehmen im Bereich der Automatenverpackungen und im Bereich Gastronomie. Das Thema Light Packaging wird eine größere Bedeutung bekommen und die Nachfrage nach Produktinnovationen wird 2025 weiter steigen. Die gerade erst verabschiedete Europäische Verpackungsverordnung (PPWR) sorgt bereits für vielfältige Diskussionen. Die Hoffnung bleibt, dass durch sie eine höhere Ressourceneffizienz erzielt werden kann und der Endverbraucher die Vorteile recyclingfähiger Verpackungen auch anerkennt. Hier bleiben aber vor allem auch Zweifel hinsichtlich der gewaltigen bürokratischen Hürden.
„Flexible Verpackungen die richtigen Antworten“
Neben den bürokratischen Hürden und steigenden Energiekosten, führen weiterhin zusätzliche Regulierungsmaßnahmen – in den Augen des Verbands oftmals undurchdacht und daher mehrfach nachträglich geflickt oder noch immer in Teilen vage und unklar - zu Unsicherheiten und Belastungen. Zwei Beispiele von vielen sind die PPWR sowie die Europäische Entwaldungsverordnung EUDR. Eine vor dem Hintergrund der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Weltlage zwingend erforderliche starke Wirtschaftspolitik sieht definitiv anders aus, so der Verband. Für 2025 erwartet keines der Unternehmen eine Verbesserung. 56 % gehen sogar davon aus, dass die Geschäfte noch schlechter laufen werden. „Die Verpackungswelt steht vor großen Veränderungen. Eigentlich haben wir mit unseren flexiblen Verpackungen die richtigen Antworten für Verpackungsaufgaben und können je nach Anforderung auf Lösungen aus Papier, Kunststoff oder Verbunden zurückgreifen. Aber Europa macht es kompliziert. Die europäische Verpackungsverordnung steht in den Startlöchern, aber so vieles ist trotz mehrerer 100 Seiten Text weiterhin unklar. Einige EU-Entscheidungen werden branchenübergreifend als realitätsfern gesehen“, beschreibt IPV-Geschäftsführer Karsten Hunger die Situation. Der Verband fordert eine grundsätzliche Überarbeitung bestehender Gesetze und Regelungen und eine stärkere inhaltliche Qualität bei der Erstellung neuer Verordnungen.

Problemfelder: Bürokratielasten und Energiepolitik
Die politischen Forderungen an die neue Regierung sind maßgeblich von Forderungen nach bürokratischer Entlastung und der Senkung von Energiekosten geprägt. Gerade die Kritik an der Bürokratisierung zieht sich nach wie vor und wenig überraschend wie ein roter Faden durch die Befragung. Beim Thema Energie ist es kaum anders. Die Hälfte der Betriebe, die an der Umfrage teilgenommen haben, planen deshalb in diesem Jahr weitere Investitionen in ihre energetische Infrastruktur. Es sind Investitionen in die eigene Zukunft, in die eigene Wettbewerbsfähigkeit. Ein Großteil fließt in Photovoltaikanlagen. Allerdings haben gerade einmal 10 % ihre Gesamtinvestitionen erhöht, vollzogen wurde daher eher eine Fokussierung der Investitionsetats auf den Bereich der energetischen Modernisierung. Für 2025 unterscheiden sich die Strategien der teilnehmenden Unternehmen: zwar will noch immer eine Mehrzahl der Betriebe gleichbleibend oder mehr investieren, 30 % planen allerdings eine Kürzung ihres Investitionshaushaltes. 78 % sprechen sich für klare, verbindliche Rahmenbedingungen über längere Zeiträume aus und finden dies wichtiger, als Subventionen für konkrete, bauliche Maßnahmen zu erhalten.
Kritisch gesehen wird auch die von einigen Fraktionen im Bundestag erhobene Forderung nach einer erneuten Erhöhung des Mindestlohns. Ebenso wird eine stärkere Lohndifferenzierung bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gefordert. Im vergangenen Jahr gaben 78 % der Unternehmen an, dass sich die Anzahl an Fehltagen ihrer Mitarbeiter signifikant erhöht habe.
Trump-Politik ist nicht vorhersehbar
Ernüchternd ist vor allem, dass bei den Mitgliedsunternehmen kaum Vertrauen vorhanden ist, ihre politischen Forderungen umzusetzen. Dies ist vor dem Hintergrund der tektonischen Verschiebungen in der Welt- und Handelspolitik besonders gravierend. Der Blick in die USA sorgt bei der Hälfte der Unternehmen für Sorgen. Die Folgewirkungen der aktuellen Trump-Politik sind nicht vorhersehbar. Die Strafzölle und die Art ihrer Implementierung gefährden das USA-Geschäft europäischer Unternehmen und auch die deutsche Konjunktur reagiert im Zuge einer angespannten Weltlage aufgrund der globalen Vernetzung meist sensibel. Insbesondere mit Blick auf den globalen Markt müssen neue EU-Regularien im Vorfeld auf Herz und Nieren geprüft werden, um unfaire Vorteile für Nicht-EU-Ländern auszuschließen und den eigenen Wirtschaftsraum zu stärken.
Starke Zurückhaltung bei Einstellungen
Wie kritisch die wirtschaftliche Zukunft gesehen wird, zeigt sich besonders bei der Personalpolitik der Branchenunternehmen. Jeder zweite Betrieb hat 2024 Personal entweder abgebaut oder hat freiwerdende Stellen nicht mehr nachbesetzt. Stattdessen wird zunehmend auf eine Umverteilung der Aufgaben auf die bestehende Belegschaft gesetzt. Keines der Mitgliedsunternehmen gab an, dass es 2024 seine Beschäftigtenzahl erhöht habe. Dennoch betont jeder zweite Betrieb, dass es einen spürbaren Fachkräftemangel gibt. Das steht im deutlichen Gegensatz zu 2023. Hier waren es lediglich 11 %, die einen signifikanten Mangel an geschultem Personal gemeldet hatten. Die aktuellen 50 % aus 2024 knüpfen allerdings an die Erhebung von 2022 an, wo auch schon 40 % der Mitglieder eine Verknappung der Personalressourcen spürten. Lässt man 2023 außen vor, dann ist klar sichtbar, dass sich dieser Trend leicht verlangsamt fortgesetzt hat.
Der Blick auf die Entwicklung der Ausbildungssituation verstärkt diese Einschätzung. Nur 38 % der Betriebe konnten alle ihre Ausbildungsplätze besetzen. Einige fanden keine adäquaten Auszubildende. Vor allem die Ausbildungsangebote in der Produktion wurden schlecht nachgefragt. Karsten Hunger zeigt Lösungen auf: „Aufgabe der Politik muss es sein, auch hier bürokratische Hürden für Arbeitswillige abzubauen und insgesamt Anreize für eine produktive Partizipation am Arbeitsmarkt zu schaffen. Die Besteuerung von Überstunden oder zu starre Arbeitszeitmodelle hält der Verband für falsch. Die Integrierung aller Bevölkerungsgruppen in den Arbeitsmarkt mag schwierig sein, ist aber alternativlos.“ Daher fordert der Verband eine stärkere Qualifizierung von Menschen, die in Deutschland leben und die Intensivierung einer qualifizierten Zuwanderung. Aufgrund des gefürchteten Fachkräftemangels lässt sich auch begründen, warum fast 90 % der Branchenbetriebe trotz einer lahmenden Konjunktur 2025 ihre Mitarbeiter betrieblich halten wollen.