neue verpackung: Nachhaltige Verpackungslösungen sind ein großes Thema, ganz besonders im Bereich Onlineversand. Amazon hat gerade Luftpolsterkissen aus Plastik durch 100 % recycelte und recycelbare, papierbasierte Lösungen ersetzt. Im Dezember 2021 hat Ihr Unternehmen bereits die Umstellung von Umverpackungen aus Einwegplastik auf recycelbare flexible Versandumschläge und -tüten aus Papier in Deutschland angekündigt. Setzt Amazon zukünftig wo immer möglich auf faserbasierte Verpackung und verbannt Plastik vollständig?
Zak Watts: Unsere Kundinnen und Kunden wünschen sich recycelbare Verpackungen in der richtigen Größe, die möglichst wenig Abfall verursachen – und die Produkte beim Transport trotzdem schützen. Das ist auch mit Blick auf die Umwelt der richtige Weg. Der Verzicht auf Umverpackungen und Luftpolsterkissen aus Plastik für Bestellungen, die aus unseren Logistikzentren in Deutschland versendet werden, ist ein wichtiger Meilenstein. Das schließt auch Artikel unserer Verkaufspartner ein, deren Bestellungen wir abwickeln. Wir nutzen nun stattdessen zu 100 % recycelbare Pappumschläge, Papiertüten und Packpapier.
Nur in einigen wenigen Fällen werden wir beim Verpacken weiterhin Plastik verwenden. Zum Beispiel, wenn eine Lieferung einen Inhalt enthält, der verschüttet werden könnte; oder wenn bestimmte Witterungsbedingungen eine zusätzliche Einweg-Plastiktüte erfordern. Wir denken stetig darüber nach, an welchen Stellen wir noch mehr Verpackungsmaterial einsparen, oder wie wir die Forschung zu vollständig kreislauffähigen Materialien vorantreiben können, die Plastik ersetzen oder verbessern. Dafür arbeiten wir mit Partnern wie dem US-amerikanischen Energieministerium zusammen. Es wird also noch einiges kommen.
neue verpackung: In der Vergangenheit beschwerten sich Verbraucher häufig über zu große Verpackungen. Wie wählen Sie die richtige Verpackungsgröße?
Zak Watts: Unser Sortiment umfasst Millionen von Artikeln – und ändert sich laufend. Da ist es zugegebenermaßen eine Herausforderung, immer die richtige Verpackungslösung parat zu haben – gerade bei sperrigen Produkten oder ungewöhnlichen Maßen. Aber unser Anspruch ist es, Lösungen zu finden.
In unseren Logistikzentren arbeiten wir mit einer Reihe verschiedener Kartons, Versandtaschen und -tüten. Für jede Sendung, die verpackt werden muss, nutzen wir wissenschaftsbasierte Systeme, um die optimale Verpackungsgröße und -art zu bestimmen. Maschinelles Lernen hilft uns, Produkte zu identifizieren, die mit weniger Material sicher zugestellt werden können. Und anhand von Algorithmen können wir feststellen, wann sich kleinere Produkte für flexible Verpackungen eignen, wie zum Beispiel gepolsterte Versandtaschen und -tüten, die bis zu 75 % leichter sind als Kartons ähnlicher Größe.
neue verpackung: Wann ist eine Umverpackung überflüssig, und wie können Sie den sicheren und produktschützenden Versand im Originalkarton gewährleisten?
Zak Watts: Eine unserer vielen Prioritäten ist es, sicherzustellen, dass Produkte ausreichend verpackt und geschützt sind – aber nicht alle Produkte benötigen einen Karton. Haben Sie schon einmal einen Artikel in seiner Originalverpackung statt in einem herkömmlichen Wellpappkarton bekommen? Das ist gewollt, wir nennen es „Ships in Own Container“. Wir kleben einfach nur das Etikett auf das Produkt und schicken es los. Um sicherzustellen, dass es über den gesamten Versandweg hinweg geschützt ist, unterziehen unsere Teams die Produkte verschiedenen Tests, die die gesamte Reise einer Sendung simulieren. Das ist eine von vielen Möglichkeiten, Innovationen vorzunehmen und weniger Material zu verwenden.
Um noch häufiger auf Umverpackungen verzichten zu können, identifizieren wir Schritte, mit denen Hersteller ihre Verpackungen verbessern können. Aber nicht alle Kundinnen und Kunden wollen, dass erkennbar ist, was sich in einer Lieferung befindet, etwa wenn es sich um ein Geschenk handelt. Daher können sie beim Bestellvorgang auswählen, ob sie eine Umverpackung bevorzugen.
neue verpackung: Wie sorgt das Frustration-Free-Packaging-Programm von Amazon für mehr Nachhaltigkeit? Was wurde erreicht und wo besteht noch Handlungsbedarf?
Zak Watts: Unsere Frustration-Free-Packaging-Programme (FFP) ermutigen Hersteller, ihre Produkte nachhaltiger zu verpacken, indem sie leicht zu öffnende Verpackungen in der richtigen Größe verwenden, die zu 100 % recycelbar sind und ohne zusätzliche Amazon-Kartons an Kundinnen und Kunden geliefert werden können. Indem wir Produkte in einem eigens dafür eingerichteten hochmodernen Labor in Seattle und in unseren Logistikzentren auf der ganzen Welt testen, identifizieren wir konkrete Schritte, die die Hersteller unternehmen können, um ihre Verpackungen zu verbessern. So können sie sicherstellen, dass die Produkte auf dem gesamten Weg bis zur Haustür der Kundinnen und Kunden geschützt sind. Bei Frustration-Free-Packaging geht es darum, Abfall zu verringern. Es geht aber auch um die Möglichkeiten des Onlinehandels, Abfall zu vermeiden, der beim Verkauf von Produkten in Ladengeschäften normalerweise entsteht.
Natürlich haben wir noch eine Wegstrecke vor uns. Aber es zeigen sich Erfolge: Wir haben zum Beispiel das Gewicht der Versandverpackungen seit 2015 um 38 % reduziert und mehr als 1,5 Millionen Tonnen Verpackungsmaterial eingespart.
neue verpackung: Verpackungsmaterialien sind knapp und teuer geworden. Wie meistern Sie Versorgungsengpässe und längere Lieferzeiten bei Packmitteln?
Zak Watts: Zweifellos stellen die derzeitigen Versorgungsengpässe Unternehmen weltweit vor Herausforderungen. Wir pflegen langjährige Beziehungen zu Lieferanten und beziehen Materialien von verschiedenen Unternehmen in ganz Europa. Zudem haben wir unseren Materialverbrauch bei Verpackungen stark reduziert und verwenden einen größeren Anteil an recycelbarem Material. Auf diese Weise wirken wir Versorgungsengpässen entgegen.
neue verpackung: Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Wie wird eine Amazon-Verpackung in zehn Jahren voraussichtlich aussehen?
Zak Watts: Durch Partnerschaften und Forschung werden wir auch im nächsten Jahrzehnt – und darüber hinaus – neue Technologien und erneuerbare Materialien entwickeln. Sie können in unseren eigenen Betriebsabläufen und in Industrien auf der ganzen Welt eingesetzt werden. Ein gutes Beispiel ist unsere Zusammenarbeit mit dem Bottle-Konsortium in den USA. „Bottle“ steht für „Bio-Optimized Technologies to keep Thermoplastics out of Landfills and the Environment“, also bio-optimierte Technologien zur Vermeidung von thermoplastischen Kunststoffen auf Deponien und in der Umwelt. Als Teil dieses Konsortiums ist unser wachsendes Team von Materialwissenschaftlern und -experten bestrebt, Technologien und Materialien zu entwickeln, die den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen kohlenstofffrei gestalten. Stellen Sie sich Materialien vor, die beim Recycling leichter zersetzt werden können und sogar biologisch abbaubar sind. In absehbarer Zeit könnte dies Realität werden.
Die Fragen stellte Eva Middendorf, Redakteurin neue verpackung
Zak Watts im Profil
Zak Watts ist seit über zehn Jahren in verschiedenen Funktionen bei Amazon in den USA und Europa tätig, unter anderem in Führungspositionen im Consumer-Geschäft. In seiner aktuellen Rolle arbeitet Zak von London aus mit Amazon-Teams in Europa und weltweit zusammen, um Amazons Nachhaltigkeitsagenda und -ziele in den Bereichen nachhaltige Betriebsabläufe und Produkte, Erneuerbare Energien und Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln und externe Partnerschaften auszubauen. Vor seiner Tätigkeit bei Amazon arbeitete Zak Watts bei dem britischen Online-Lebensmittelhändler Ocado.com. Er trägt einen Doktortitel in spätrömischer Geschichte von der Universität Cambridge.
Nachhaltige Verpackungen: der große Überblick
Sie wollen alles zum Thema nachhaltige Verpackungen wissen? Klar ist, dass der Bedarf an nachhaltigen Verpackungen in den kommenden Jahren stark steigen wird. Aber das Thema ist komplex: Wann gilt denn überhaupt eine Verpackung als nachhaltig und welche Kriterien müssen dabei künftig erfüllt sein? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.