Flasche mit Circular Liquid Resource

Endprodukt Circular Liquid Resource: So sieht das Produkt aus, wenn gemischte Kunststoffabfälle verflüssigt werden. (Bild: Südpack)

Johannes Remmele, Inhaber von Südpack
Johannes Remmele, Inhaber von Südpack (Bild: Südpack)

Warum engagiert sich ein Hersteller von Folien für das chemische Recycling?  Südpack ist ein führender Hersteller von High-Performance-Folien für das Verpacken von Lebensmitteln, Medizingütern und Non-Food-Produkten sowie für technische Anwendungen. Darunter befinden sich flexible Mehrschichtfolien, die nicht mechanisch recycelt werden können. Wie können also diese Folien im Kreislauf gehalten werden? Hier kommt das chemische Recycling ins Spiel.

„Bereits vor 20 Jahren hat mein Vater und Unternehmensgründer Alfred Remmele die Vision, dass das Chemische Recycling eine Zukunftstechnologie für die Verwertung von Kunststoffen sein könnte, die nicht mechanisch trennbar und rezyklierbar sind. Da der Stand der Technik damals noch nicht ausgereift war, blieb es zunächst nur bei dieser Vision“, erinnert sich Johannes Remmele, Inhaber von Südpack auf einer Pressekonferenz im münsterländigschen Ennigerloh. Hier steht die Pilotanlage von Kooperationspartner Carboliq, die am 15. Februar 2023 einer Gruppe von Fachjournalisten gezeigt wurde.

 

 

Verbundfolien sind häufig ohne Alternative

Dirk Hardow, Leiter Business Unit Functional Films & Compounds bei Südpack
Dirk Hardow, Leiter Business Unit Functional Films & Compounds bei Südpack (Bild: Südpack)

Zwar habe Südpack den Anteil an recyclingfähigen Monostrukturen stark ausgebaut, aber für viele Anwendungen seien Verbundfolien aus unterschiedlichen Polymeren auch künftig unverzichtbar.

„Zu diesen zählen beispielsweise Folien für die Herstellung von Reifepackungen, die hohe Barriere- und mechanische Eigenschaften aufweisen müssen, um einen entsprechenden Produktschutz zu gewährleisten. Diese Eigenschaften können nach heutigem Stand der Technik nicht materialeffizient durch Monostrukturen erzielt werden. Eben deshalb wird für diese Materialien eine geeignete Recyclingtechnologie benötigt, damit auch diese Fraktionen im Kreislauf geführt und nicht der thermischen Verwertung zugeführt werden müssen“, so Remmele weiter.

Nicht nur das Recycling selbst ist ein Hemmnis, auch der Einsatz von Rezyklaten in Lebensmittelverpackungen ist nur sehr beschränkt möglich.  „Betrachtet man das Produktportfolio von Südpack und die Einsatzgebiete für die Folien, dann kann aufgrund lebensmittelrechtlicher Rahmenbedingungen nur ein sehr geringer Anteil an Rezyklaten in sogenannten „kontaktsensitiven“ Lebensmittelverpackungen eingesetzt werden. Das heißt, dass für Südpack- Produkte nach heutigem Stand keine Kreisläufe auf der Basis von mechanischem Recycling geschlossen werden können. Ausnahme bildet der Werkstoff PET für die Produktion von Getränkeflaschen, für den es bereits seit vielen Jahren einen Wertstoffkreislauf gibt“ erläutert Dirk Hardow, Leiter Business Unit Functional Films & Compounds bei Südpack.

„Genau hier sehen wir das Chemische Recycling als komplementäre Technologie zum mechanischen Recycling“, ist Johannes Remmele überzeugt. Deshalb ging Südpack mit Carboliq eine strategische Kooperation ein.

 

Nachhaltige Verpackungen: der große Überblick

Grafik von Lebensmitteln im Supermarktregal
(Bild: sabelskaya - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema nachhaltige Verpackungen wissen? Klar ist, dass der Bedarf an nachhaltigen Verpackungen in den kommenden Jahren stark steigen wird. Aber das Thema ist komplex: Wann gilt denn überhaupt eine Verpackung als nachhaltig und welche Kriterien müssen dabei künftig erfüllt sein? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

 

Was ist anders an der Carboliq-Technologie?

Christian Haupts, CEO Carboliq
Christian Haupts, CEO Carboliq (Bild: Südpack)

Im Hinblick auf seine Anwendung als ein Verfahren zur Abfallbehandlung ist die Carboliq-Technologie den stofflichen Recyclingverfahren zuzuordnen. Es handelt es sich um ein fortgeschrittenes thermo-chemisches Verfahren und wird auch als Direktverölung bezeichnet.

Mit Verfahren zur Vergasung oder Pyrolyse hat Carboliq gemein, dass feste organische Einsatzstoffe (Kunststoffe und Biomasse) durch Teilung (Cracken) der Kohlenwasserstoffketten in Öle und Gase umgewandelt werden. Die Direktverflüssigung in einem einstufigen Verfahren ist durch den hohen Flüssiganteil charakterisiert, was auf die geringe Reaktions-Temperatur (unter 400°C) und hohe Verweilzeit zurückzuführen ist. So ist die Verkokung ausgeschlossen und es bilden sich keine giftigen Pyrolysegase. Die niedrige Temperatur, die Einstufigkeit des Verfahrens und die Einbringung der Energie über Friktion direkt ins Material ermöglichen die Stoffumwandlung bei relativ geringem Energieeinsatz. Wird der für den Anlagenbetrieb benötigte Strom künftig zudem aus regenerativen Quellen bezogen, ist das Verfahren vollständig klimaneutral. Weder das Verfahren noch die eingesetzte Energie emittieren CO2.

Der unter dem Namen CLR (Circular Liquid Ressource) von Carboliq vermarktete Sekundär-Rohstoff ähnelt dabei in vielen wesentlichen Eigenschaften fossilem Erdöl bzw. den daraus gewonnenen Produkten – und ist somit ein vollwertiges Substitut fossiler Ressourcen. Er kann in bestehenden Anlagen der Raffinerien/Petrochemie verarbeitet werden, ist mit fossilen Ölen mischbar und ebenso wie diese lagerfähig.

 

Welche Kunststoffabfälle können im Carboliq-Verfahren verflüssigt werden?

Die Carboliq-Pilotanlage in Ennigerloh.
Die Carboliq-Pilotanlage in Ennigerloh. (Bild: Südpack)

Die Technologie zeigt eine hohe Toleranz gegenüber Verunreinigungen und Sortenmischungen. Daher eignet sich das Verfahren für unterschiedlichste, auch verunreinigte, gemischte oder andere Kunststoffe. Ebenso wie für flexible Verpackungen und für die Wiederverwertung von hochkomplexen Mehrschichtfolien aus mehreren Kunststoffarten, die insbesondere in der Lebensmittelindustrie üblicherweise zum Einsatz kommen. Die Kunststoffabfälle müssen im Vorfeld also nicht aufwändig gesammelt und sortiert werden, um homogene Abfallströme und hochwertige Rohstoffe zu erhalten

„Es muss allerdings bekannt sein, welche Zusammensetzung der Infeed hat, um eine Anlage optimal zu fahren und am Ende Material erhalten zu können, welches sich in großchemischen Industrieanlagen wie einem Cracker verarbeiten lässt“, erklärt Christian Haupts, CEO Carboliq.

 

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Wie geht es weiter?

Die Pilotanlage in Ennigerloh hat eine Kapazität von 1500 t/a.. „Da wir hier Versuche fahren und Komponenten testen, liegt unsere tatsächliche Kapazität bei 1000 t/a. wir laufen aber seit 1,5 Jahren voll kontinuierlich“, betont Christian Haupts.

Das weitere Konzept sieht eine dezentrale Installation der Verölungsanlagen vor. Christian Haupts rechnet vor: „Die Module haben – bezogen auf hochkalorische Einsatzfraktionen und im vollkontinuierlichen Betrieb (7.200 Stunden/Jahr) – eine jährliche Ausbringung an Circular Liquid Resource von jeweils 10.000 t.“ Allein in Deutschland werden jedes Jahr mehr als 6 Mio. t Plastikmüll erzeugt und behandelt. (Basis: Conversio für 2019). Statistisch wird etwa die Hälfte energetisch und stofflich genutzt.

Wenn die zur Verbrennung vorgesehenen Kunststoffe auch nur die Hälfte mittels des neuen Verölungs-Verfahrens aufgearbeitet würden (entspricht 1.500 Modulen), dann

o   steigt die Recyclingquote für Kunststoffe um mehr als 50%

o   reduzieren sich die CO2-Emissionen durch Verbrennung um mehr als 40%

o   entsteht ein Ertragspotenzial aus dem Verkauf von CLR von mehr als 2 Mrd.€.

Im ersten Halbjahr 2023 soll noch eine Investitionsentscheidung für den Bau einer neuen Anlage mit einer Kapazität von 10.000 t/a in der Nähe von Köln getroffen werden. „2025 sollen dann erste Produkte aus dieser Anlage auf den Markt kommen“, so Haupts.

 

Chemisches Recycling und CO2-Bilanz

Valeska Haux, Vice President Strategic Marketing bei Südpack.
Valeska Haux, Vice President Strategic Marketing bei Südpack, führt durch die Pressekonferenz in Ennigerloh. (Bild: Südpack)


Wie wirkt sich das chemische Recycling auf die CO2-Bilanz von Kunststoffen aus?  „Mechanisch recycelte und zu Granulaten verarbeitete Kunststoffe haben einen um 98 Prozent geringeren CO2-Fußabdruck als Granulate, die aus Virgin Material hergestellt wurden“, erklärt Dirk Hardow. Stellt man die Herstellung von Granulaten aus Virgin Material dem Material aus Chemischem Recycling gegenüber, so ergebe sich eine CO2-Einsparung von über 20 Prozent. Bei diesen beiden Betrachtungen wurde allerdings nicht berücksichtigt, dass das Material, das aus dem chemischen Recycling gewonnen wird, andernfalls der thermischen Verwertung zugeführt und dadurch zusätzliches CO2 freigesetzt werden würde. Ein weiterer Vorteil: Je länger das Material im Kreislauf gehalten wird, d.h. je öfter das Material rezykliert wird, umso weiter sinkt der CO2-Fußabdruck.

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