Neuartige Verpackungslinie von Focke für Lorenz Snack-World
Automatisierung trifft Nachhaltigkeit – ein Blick ins „Phoenix Universe“
Mit "Phoenix Universe" realisieren Lorenz Snack-World und Focke & Co eine hochautomatisierte, modulare Verpackungslinie mit KI und AGV – für mehr Flexibilität, weniger Platzbedarf und höhere Nachhaltigkeit.
Die Anforderungen an die Verpackungstechnik in der Lebensmittelindustrie steigen: Kürzere Produktzyklen, wachsende Variantenvielfalt und volatile Nachfrage treffen auf begrenzte Flächen in bestehenden Werken. Der Snackhersteller Lorenz Snack-World und der Maschinenbauer Focke & Co haben darauf mit einem neuen Technologieprojekt reagiert. Das Ergebnis, die neue Verpackungslinie „Phoenix Universe“, vereint modulare Bauweise, fahrerlose Transportsysteme (AGVs) und Künstliche Intelligenz in einem skalierbaren Gesamtkonzept. Der Platzbedarf reduziert sich gegenüber konventionellen Anlagen um bis zu 50 % – bei gleichzeitiger Steigerung der Produktionsflexibilität und Automatisierungstiefe.
Strategischer Schulterschluss
Focke & Co, traditionell stark in der Tabakverpackung, hat sich mit einer strategischen Neuausrichtung auf drei Fokusbranchen positioniert: Food & Snacks, Hygieneprodukte und Tabak/Beyond. Im Rahmen dieser Neuausrichtung entstand die Partnerschaft mit Lorenz, die von Beginn an als Co-Development angelegt war. Gemeinsam verfolgten beide Unternehmen das Ziel, eine durchgängig automatisierte, zukunftsfähige Verpackungslinie für den Snackmarkt zu entwickeln: zugeschnitten auf bestehende Hallenstrukturen, aber mit Blick auf kommende Anforderungen.
„Unser Ziel war es, innerhalb der bestehenden Strukturen eine größere Anpassungsfähigkeit in der Produktion, im Sortiment und in der Kapazität zu erreichen“, erklärt Dr. Michael Holtschulze, Director Production International bei Lorenz. „Dies sollte uns ermöglichen, noch schneller auf die Bedürfnisse des Handels und der Verbraucher zu reagieren – sowohl in Bezug auf die Produktvielfalt, die Sortimentstiefe als auch die Menge.“
Die Zusammenarbeit wurde durch eine exklusive Vereinbarung abgesichert: Für die ersten zwölf Monate erhält Lorenz exklusiven Zugang zum System für die Lebensmittelindustrie. „Diese enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit hat letztlich zu einer Exklusivitätsvereinbarung geführt, in der beide Seiten von der jeweiligen Expertise profitieren“, erklärt Oliver Kuhls, Leiter Global Engineering bei Lorenz.
Funktionsorientiertes Anlagenkonzept
„Phoenix Universe“ ersetzt klassische Linienkonzepte mit hintereinandergeschalteten Einzelmaschinen durch kompakte Funktionseinheiten. Innerhalb eines Maschinenrahmens werden die Schritte von der Beutelprüfung über Kartonaufrichtung, Befüllung, Verschluss, Kontrollwaage bis zur Palettierung abgebildet. Diese Module lassen sich als Gesamtsystem oder einzeln in bestehende Linien integrieren. Die AGVs übernehmen den Materialfluss zwischen den Stationen und zur Lagerlogistik. Die Linie kommt dabei ohne herkömmliche Fördertechnik aus – was Stahl, Platz und Energie spart.
Technologisch setzt Focke auf eine offene Systemarchitektur mit standardisierten Schnittstellen zu MES- (Manufactoring Execution System) und Enterprise Resource Planning-Systemen (ERP-Systemen). Die Funktionseinheiten kommunizieren über OPC UA (Open Platform Communications Unified Architecture) und eine zentrale Steuerung. Produktionsdaten werden durchgängig erfasst, analysiert und zur Optimierung genutzt.
Flexibel im Einsatz, effizient im Betrieb
Die neue Linie wurde im ersten Schritt in einem Werk von Lorenz in Polen installiert. Der modulare Aufbau erlaubt die schrittweise Integration in bestehende Werke, ohne dass ein kompletter Austausch der Verpackungslinien erforderlich wäre. Im Betrieb bewährt sich das System insbesondere durch seine Agilität: Formatwechsel erfolgen automatisiert in wenigen Minuten, Paletten lassen sich sogar während des Palettierens austauschen. Das verkürzt Umrüstzeiten und verbessert die Reaktionsfähigkeit auf schwankende Marktanforderungen.
Die fahrerlosen Transportsysteme tragen wesentlich zur Effizienz bei. Jedes AGV verfügt über vier Palettenplätze: zwei für Leergut, zwei für Vollgut. Dadurch sinkt der AGV-Bedarf im Vergleich zu konventionellen Konzepten deutlich. Die Steuerung erfolgt über dynamisches Routing, das bei der Erstinbetriebnahme aufwendig war, sich künftig aber einfacher auf neue Standorte übertragen lässt.
Bedienung und Instandhaltung neu gedacht
Ein weiterer Vorteil liegt in der neu gestalteten Maschinenlogistik: Die Stranganordnung der Funktionseinheiten sorgt für kürzere Wege – für Personal, Packstoffe und Fertigprodukte. Das erleichtert nicht nur die Bedienung, sondern verändert auch das Rollenbild der Mitarbeitenden. Körperlich belastende Tätigkeiten wie Materialbeschickung entfallen, die Aufgaben verlagern sich Richtung Überwachung und Wartung. Die Plug-and-Produce-Fähigkeit ermöglicht den Austausch einzelner Module in unter einer Stunde, inklusive Strom, Netzwerk und Druckluftversorgung über einen zentralen Anschluss.
Ressourcenschonung als Designprinzip
Nachhaltigkeit ist integraler Bestandteil des „Phoenix Universe“-Konzepts. Durch den Verzicht auf konventionelle Fördertechnik werden laut Hersteller bis zu 50 % weniger Stahl benötigt. Auch der Platzbedarf pro Linie halbiert sich: Statt 24 m beansprucht die komplette Verpackung samt Palettierung nur noch 12 m. Neben dem reduzierten Flächenverbrauch entfallen Infrastrukturmaßnahmen wie Hallenumbauten oder Neubauten, was zusätzlich CO₂ einspart. Der Energiebedarf liegt rund 15 % unter dem von Einzelmaschinenlinien. Zusätzliche Einsparungen ergeben sich durch den Wegfall stromintensiver Fördertechnik.
KI-gestützte Qualitätssicherung
Ein zentrales Element der neuen Linie ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Produktionsüberwachung. Fehler werden in Echtzeit erkannt, das Bedienpersonal unmittelbar informiert und mit Lösungsvorschlägen unterstützt. Wiederkehrende Störungen werden analysiert und nachhaltig eliminiert. Damit leistet die Anlage einen Beitrag zur Ausschussvermeidung und erhöht die Prozesssicherheit. Gleichzeitig steigt die Transparenz über alle Produktions- und Verpackungsschritte hinweg.
Perspektive: Skalierbares Zukunftsmodell für die Branche
„Phoenix Universe“ ist mehr als eine neue Anlage – es ist ein systemischer Ansatz zur Transformation der Verpackungstechnologie in der FMCG-Industrie. Focke plant, die Lösung künftig auch standardisiert anzubieten. Bei Lorenz ist bereits der schrittweise Rollout an den fünf Produktionsstandorten in Deutschland und Polen vorgesehen. Das modulare Design erlaubt dabei eine anforderungsgerechte, wirtschaftlich skalierbare Implementierung.