Seit Monaten kritisieren die Hersteller von Kunststoffverpackungen die in ihren Augen diskriminierende und nicht nur für die eigene Branche schädliche neue EU-Verpackungsverordnung (PPWR). Auch nach einigen Änderungen, denen die Kommission am 15. März 2024 zugestimmt hat, sind Enttäuschung und Empörung groß angesichts der "nach wie vor zahlreichen unbegründeten Schlupflöcher", so das aktuelle Papier der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen. Zudem führten die ungerechtfertigten Privilegien zum Beispiel von Papier- und Kartonverpackungen bei Verboten, Rezyklateinsatz und Mehrwegpflichten zu mehr Verpackungsabfall, höheren CO2-Emissionen und weniger Recycling. Das sei ein Widerspruch zu den Zielen der Verordnung, heißt es.
Klare und rechtssichere Regelungen
Außerdem steuert die EU nach Ansicht der IK durch die kurzfristig eingefügte "Spiegelklausel“ auf massive Handelskonflikte zu. Die Klausel sieht vor, dass für den Herstellungsprozess von Kunststoff-Rezyklaten und damit für den Import von in Kunststoff verpackten Waren aus Drittstaaten die gleichen Umweltvorgaben wie in der EU gelten müssen, damit sie in der EU in Verkehr gebracht werden dürfen.
"Wir sind entsetzt, dass die PPWR zu einer Anti-Plastik-Verordnung umgestaltet werden soll“, kritisiert IK-Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Engelmann. "Dass die Kommission zu den Änderungen weiter schweigt, ist nicht hinnehmbar. Wir fordern die Kommission auf, ihre Bedenken insbesondere zu den Handelsbarrieren offenzulegen. Sie sollte außerdem klarstellen, dass die massive Ausweitung der Mehrwegquoten für Industrieverpackungen auf 100 % technisch in vielen Fällen nicht möglich und ökologisch unsinnig ist und einem Verbot vieler Verpackungstypen gleichkommt", so Engelmann.
Gefahr einer Klagewelle
Gleichzeitig fordert die IK unverändert gleiche Regeln für alle Verpackungsmaterialien, um ökologische Fehllenkungen zu vermeiden. In der Überprüfung des Kompromisses durch die Kommission sieht der Verband die Chance, klare und vor allem rechtssichere Regelungen zu treffen und damit auch eine Klagewelle zu vermeiden.
"Lebensmittelverpackungen aus Papier und Karton beispielsweise kommen meist nicht ohne Kunststoffbeschichtung aus, da unbeschichtete Fasern weder Feuchtigkeit noch Fett zurückhalten können. Im Vergleich zu reinen Kunststoffverpackungen sind sie aber deutlich schlechter recyclingfähig und sind überdies durchschnittlich 40 Prozent schwerer, was sich negativ auf den Energieverbrauch auswirkt. Dass sie aus vielen Regelungen ausgenommen werden, führt zu einer Fehlentwicklung am Markt und widerspricht dem Gleichbehandlungsgrundsatz der EU", kritisiert Dr. Isabell Schmidt, Geschäftsführerin Kreislaufwirtschaft in der IK.
Auf Unverständnis stößt beim Verband beispielsweise, dass kunststoffbeschichtete Verpackungen mit weniger als fünf Prozent Kunststoffanteil von den Rezyklateinsatzquoten ausgenommen würden, und die Anforderungen an ein großmaßstäbliches Recycling nicht erfüllen müssten. Auch kann in Fast-Food-Restaurants zukünftig weiter aus kunststoffbeschichteten Einwegverpackungen gegessen werden, während reine Kunststoffverpackungen verboten werden sollen.
Dramatische ökologische Fehllenkungen
Auf die dramatischen ökologischen Fehllenkungen durch materialdiskriminierende Regelungen haben die IK, ihre Mitglieder und weitere Verbände bereits mehrfach öffentlich hingewiesen. Unterstützt werden die Positionen durch Studien zu Materialeffizienz und Umweltauswirkungen sowie zuletzt durch ein Rechtsgutachten der Kanzlei Dentons zur rechtlich unbegründeten Ungleichbehandlung von Kunststoffverpackungen.