Taschenrechner mit Holzwürfel

Bei der Berechnung der CO2-Einsparungen durch Recycling gilt es, viele Faktoren zu beachten. (Bild: Kazy + Tamayura39 – stock.adobe.com)

Um die Auswirkung des werkstofflichen Recyclings auf den CO2-Fußabdruck zu berechnen, sind die jeweiligen Recyclingquoten der einzelnen Komponenten einer Verpackung erforderlich und ebenfalls, ob für die jeweiligen Teilmaterialien ein Closed-Loop- oder Open-Loop-System beim Recycling vorliegt. Bei einem Closed Loop wird das rezyklierte Material wieder für das gleiche Produkt eingesetzt, aus dem es hergestellt wurde, beispielsweise von der PET-Flasche zur PET-Flasche. Bei einem Open Loop wird das Rezyklat in einem anderen Anwendungsbereich eingesetzt als in dem, aus dem es gewonnen wurde. Ein Beispiel ist eine PET-Orangensaftflasche, aus der ein Textil hergestellt wird.

Nachhaltige Verpackungen: der große Überblick

Grafik von Lebensmitteln im Supermarktregal
(Bild: sabelskaya - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema nachhaltige Verpackungen wissen? Klar ist, dass der Bedarf an nachhaltigen Verpackungen in den kommenden Jahren stark steigen wird. Aber das Thema ist komplex: Wann gilt denn überhaupt eine Verpackung als nachhaltig und welche Kriterien müssen dabei künftig erfüllt sein? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

 

Bestimmung der Nutzmenge

Eine wertvolle Größe, um den quantitativen Nutzen von Recycling leicht nachzuvollziehen, ist die Nutzmenge. Die Nutzmenge gibt an, wieviel „nutzbares“ Material für Verpackungen tatsächlich zur Verfügung steht, wenn eine bestimmte Menge Ausgangsmaterial eingesetzt wird. Zur Bestimmung der Nutzmenge ist eine Unterscheidung zwischen Closed Loop und Open Loop erforderlich, da bei diesen unterschiedliche Nutzmengen durch das Recycling entstehen.

Im Closed Loop kann das rezyklierte Material immer wieder von Neuem verwendet werden. Durch dieses mehrfach wiederholte Recycling des Rezyklats lassen sich die Nutzmengen gewaltig steigern. Die wieder nutzbaren Mengen von Recyclingschritt zu Recyclingschritt errechnen sich bei einer Recyclingquote von 90 % wie folgt: Beim ersten Recycling entstehen aus 1 kg Virgin-Material noch 0,9 kg Rezyklat, dieses bildet nach Nutzung und wieder Rezyklieren 0,81 kg, dann 0,72 kg, usw.

Tabelle: CO2-Fußabdruck einer Wasserflasche für Verpackungen mit 90 % Recyclingquote bei Closed Loop im Vergleich zu Open Loop des Flaschenkörpers sowie ohne Recycling.
Tabelle 1: CO2-Fußabdruck einer Wasserflasche für Verpackungen mit 90 % Recyclingquote bei Closed Loop im Vergleich zu Open Loop des Flaschenkörpers sowie ohne Recycling. (Bild: Hochschule München)

Die gesamte Nutzmenge ist die gesamte Menge, die sich durch Aufsummieren des Ausgangsmaterials und aller Rezyklate ergibt. Bei einer Recyclingquote von 90 % wird aus 1 kg eingesetztem Rohmaterial eine Nutzmenge von 10 kg erhalten, es stehen also 10 kg Verpackungsmaterial zur Verfügung.

Im Fall eines Open Loop ist in aller Regel nur ein Recyclingschritt möglich, da beispielsweise ein aus Rezyklat hergestelltes Textil nicht erneut rezykliert wird. Es werden daher aus 1 kg Virgin-Verpackungsmaterial bei der gleichen Recyclingrate von 90 % nur noch 1,9 kg nutzbares Verpackungsmaterial erhalten.

Die Unterschiede zwischen den bei Open Loop und Closed Loop erzielten Nutzmengen sind bei kleinen Recyclingquoten bis 30 % gering. Die Unterschiede zwischen den Loops steigen aber ab 60 % stark an und werden ab 80 % sehr groß. Dies folgt aus der Tatsache, dass sich die Mengen beim Closed Loop exponentiell entwickelnden und die im Open Loop dagegen nur linear steigenden Nutzmengen in Abhängigkeit von der Recyclingrate entstehen.

Weil Closed-Loop- und Open-Loop-Recycling so unterschiedlich in der Höhe der erhaltenen Nutzmengen liegen können, sollte kein Material aus einem Closed-Loop- in ein Open-Loop-System überführt werden, wenn die Recyclingquoten > 70 % liegen und alles verfügbare Recyclingmaterial auch tatsächlich im Closed Loop eingesetzt wird. Ein Wechsel der Kreisläufe würde den Nutzen des Recyclings stark verringern und damit die insgesamt anfallenden CO2-Emissionen deutlich erhöhen. Ein konkretes Beispiel wäre, wenn aus PET-Wasserflaschen eine PET-Schale hergestellt wird.

Tabelle mit Nutzmengen aus 1 kg Ausgangsmaterial bei Open Loop und Closed Loop jeweils mit Recyclingquoten von 90 %.
Nutzmengen aus 1 kg Ausgangsmaterial bei Open Loop und Closed Loop jeweils mit Recyclingquoten von 90 %. (Bild: Hochschule München)

Berechnung der eingesparten Emissionen

Die durch Recycling eingesparten CO2-Emissionen können mit einem CO2-Verpackungsrechner wie dem an der Hochschule München entwickelten Verpackungsrechner SPOC ermittelt werden.

In SPOC müssen dazu bei einer mehrteiligen Verpackung für jede einzelne Komponente eingegeben werden, mit welcher Recyclingquote diese jeweils rezykliert werden wird, und ob ein Closed Loop oder Open Loop vorliegt. Die Abschätzung, mit welcher Quote eine Kunststoffkomponente einer Verpackung rezykliert wird, erfordert Kenntnisse des Recyclingprozesses. Wie sich die Recyclingfähigkeit auf die Höhe des CO2-Fußabdrucks der Verpackung auswirkt, wird anhand einer 1,5-l-PET-Wasserflasche mit Deckel und Etikett gezeigt.

Dabei werden bei der 1,5-l-PET-Flasche verglichen: Recyclingquoten für den Flaschenkörper von 90 % im Closed Loop, 90 % im Open Loop und ohne Recycling (0 %). Der HDPE-Deckel wird mit 40 % Recyclingquote im Open Loop und die Papieretiketten mit 72 % Recycling in diese Berechnung mit einbezogen.

In Tabelle 1 ist zu erkennen, dass eine Einsparung durch Recycling von circa 50 g CO2eq. im Open Loop schon gut, aber mit 97 g CO2eq. im Closed Loop deutlich höher ausfällt.
Bei der CO2-Berechnung sind die Einsparungen, die insgesamt durch Recycling erzielt werden, in Abhängigkeit von der Recyclingquote eindeutig berechenbar. Nicht klar festgelegt ist dagegen, welche CO2-Lasten der einzelnen Prozessschritte Herstellung, Recycling und Entsorgung dem Virgin-Material und welche dem Rezyklat zugewiesen werden. In der Ökobilanzierung wird die Art der Zuordnung von Lasten und Gutschriften mit dem Begriff Allokation beschrieben.

Es gibt unterschiedliche Auslegungen bei den Allokationen und je nach Blickwinkel und Zuordnung kommt es für das Virgin- und Recyclingmaterial zu verschiedenen Ergebnissen. Das ist ein Grund, warum sich CO2-Fußabdruckberechnungen unterscheiden können.

Im Verpackungsrechner SPOC werden die Lasten auf alle Nutzmengen gleichmäßig verteilt, gemäß dem Handbuch International Reference Life Cycle Data System (ILCD Handbook). Das hat den Vorteil, dass alle Mengen und Lasten eindeutig nachvollzogen werden können und es insgesamt mathematisch klar umsetzbar ist. Die Werte, die über diesen Weg berechnet werden, geben an, welche Entlastungen sich für das „Gesamtsystem Erde“ ergeben, wenn eine Verpackung rezykliert wird. Ein Verpackungsentwickler kann damit gut nachvollziehen, was durch Verbesserung der Rezyklierbarkeit seiner Verpackungslösung insgesamt eingespart wird. Als Nachteil des Ansatzes nach dem ILCD Handbuch kann betrachtet werden, dass Rezyklat und Virgin-Material gleiche Werte erhalten.

Infrastruktur macht den Unterschied

Beim Recycling spielt die Infrastruktur eines Landes eine sehr große Rolle. Daher ist eine Angabe zum Land, wo die Entsorgung erfolgt, von Bedeutung. Wenn die Verpackung in einem Land entsorgt wird, das keine Recyclinginfrastruktur aufweist, sollten bei der Berechnung der CO2-Emission nicht die Vorteile durch Recycling eingerechnet werden, da dies die Realität einfach nicht abbildet.

Wenn die Unterschiede in den Recyclingquoten von verschiedenen Ländern bei Packmaterialien wie Papier, Glas, Aluminium, die im Closed Loop rezykliert werden, in die Berechnung der gesamten Umweltwirkung mit einbezogen werden, liefert die Bildung des einfachen Mittelwertes über die Recyclingquoten der verschiedenen Länder keine korrekten Ergebnisse. Es sind detailliertere Rechnungen notwendig, was aber ein Rechenprogramm leisten kann.

Die Ergebnisse der CO2-Berechnungen belegen klar, dass mit Recycling die Umweltwirkungen deutlich reduziert werden können. Bei Papier, Metall und Glas ist das Recycling auch bereits auf einem sehr hohen Niveau. Bei Kunststoffen ist das Recycling deutlich komplexer, es lohnt sich aber, diese weiter zu steigern.

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