Variabel und schnell: Warum Cobots mehr als nur helfen können

Robotik im Verpackungsprozess

Ein humanoider Roboter, stehend mit sechs Armen, die jeweils ein Paket halten.
Vielseitig und heute unverzichtbar: Roboter. Auch wenn diese in der Realität anders aussehen.

Von Robotern kursieren viele Vorstellungen. Die wenigsten davon treffen auf die industrielle Realität zu. Wer hier nach der humanoiden Variante mit zwei Beinen, zwei Armen und einem rudimentären Gesicht sucht, wird nie fündig. Dabei wimmelt es bei den Herstellern nur so von Robotern.

So viel vorweg: Suchen muss man nach den Robotern nicht lange. Sie verrichten überall dort ihre Dienste, wo es auf hohe Qualität, Flexibilität und schonende Prozesse ankommt. In der Lebensmittel-, Süßwaren- oder Kosmetikindustrie ist das so ziemlich überall der Fall. Aufgaben wie Gruppieren, Transportieren, Aufrichten und Verschließen fallen deshalb allerlei wendigen Konstruktionen zu, die Produkte erkennen, greifen, platzieren oder transportieren können: innerhalb wie außerhalb von Verpackungslinien. Entsprechend unterschiedlich sehen sie aus und gehen ihrer Arbeit an unterschiedlichen Orten nach.

Beispiel Keksproduktion: Einmal gebacken, verlassen knusprige Cookies oder Biskuits den Ofen. Über breite Transportbänder geht es meist schnurstracks in den Verpackungsprozess, wo recht schnell die erste Begegnung mit der besonderen Maschinenart ansteht. Kekse kommen selten als lose Ware in Tüten. Am Markt dominieren Verpackungen, die Trays und Schlauchbeutel kombinieren. Wie kommt der Keks nun in das Tray? Ganz einfach: Ein Roboter, meist ein sogenannter F4 oder T4, hebt jedes Gebäckstück einzeln auf und platziert es exakt in die Kavität eines Trays, meist im „Team“ mit anderen Robotern gleichen Typs.

Als Grundlage für die Steuerung des Cobots Tog.519 nutzt Schubert eine selbst entwickelte, KI-gestützte Bildverarbeitung.
Als Grundlage für die Steuerung des Cobots Tog.519 nutzt Schubert eine selbst entwickelte, KI-gestützte Bildverarbeitung.

Königsklasse Pick-and-Place

Zum Spezialgebiet dieser Verpackungsroboter gehört das schonende wie schnelle Aufnehmen und Ablegen von Produkten jeglicher Form oder Konsistenz, aber auch das Verarbeiten von Packmitteln. F2- und F3-Roboter beispielsweise leisten in dieser Hinsicht Großes: Für verschiedenste Verpackungsformate können sie Flachzuschnitte präzise aufrichten, vorgruppierte Produkte in Karton- oder Kunststoffverpackungen platzieren und diese sicher verschließen.

Den Grundstein dafür legte Schubert 1981 mit dem ersten vierachsigen Roboter SNC-R1, auch „Roby“ genannt: Die Maschine hatte Firmengründer Gerhard Schubert für das Verpacken stückiger Einzelprodukte in Trays oder Schachteln konzipiert. 1984 automatisierte das Modell erstmals eine Pralinenpackstraße und legte den Grundstein für weitere Entwicklungen, von denen eine noch im selben Jahr Maßstäbe setzte. Mit dem SNC-F2 begann 1984 die erfolgreiche Automatisierungsreise einer Technologie, die weltweit in tausenden Installationen erfolgreich Produkte zahlreicher Branchen verpackt. Dank diesem Fortschritt ließen sich erstmals mit ein- und demselben Roboter und entsprechenden Werkzeugen Schachteln aufrichten, befüllen und verschließen.

F-Roboter basieren auf dem Scara-Prinzip. Das Akronym steht für „Selective Compliance Assembly Robot Arm“ und bezeichnet vereinfacht gesagt „einarmige“ Roboter. Durch ihre besondere Armgeometrie bieten sie hohe Steifigkeit in vertikaler Richtung, bleiben in der horizontalen Ebene aber nachgiebig. Dadurch benötigen sie wenig Platz und haben einen großen Aktionsradius, der ihnen vor allem bei breiten Transportbändern zugutekommt.

Stichwort Platzbedarf: Besonders kompakt sind zudem T3/T4- und T5-Roboter, die auf dem Delta-Robotertyp beruhen. Findige Ingenieure entwickelten diesen in den 1980er-Jahren an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL). Klassische Delta-Roboter haben mindestens drei parallele Arme, die oben im Gestell befestigt und mit einem Motor verbunden sind; am unteren Ende der Arme befinden sich Greifer. Weil die dreieckige Anordnung der Arme dem griechischen Buchstaben Delta (Δ) ähnelt, kam der Typus zu seinem Namen.

Cobot nimmt Produkt auf.
Durch die KI-gestützte Bildverarbeitung ist der Cobot auch in der Lage, Produkte aus der Unordnung aufzunehmen.
F4-Knickarm-Roboter bei der Arbeit.
Mit dem F4-Knickarm-Roboter können sehr breite Produktbänder abgearbeitet werden.
T4-Roboter in Delta-Bauweise
T4-Roboter in Delta-Bauweise lassen sich platzsparend einsetzen.
Auf diesem Transmodul geht es für die Blechdosen zum Füllroboter.
Auf diesem Transmodul geht es für die Blechdosen zum Füllroboter.

Schienentransport durch die Vielfalt

Der SNC-F2, ein „Knickarmroboter“ der ersten Stunde.
Der SNC-F2, ein „Knickarmroboter“ der ersten Stunde, richtete Schachteln auf, befüllte und verschloss sie.

Verpackungslinien laufen allerdings auch deshalb so zuverlässig, weil zwischen Robotern für unterschiedliche Schritte – etwa Zuschnitte aufrichten, beleimen und verschließen – eine unscheinbare Konstruktion vermittelt, die wenig mit den bisherigen gemein und nicht einmal Arme hat. Ohne die Lösung stünde jedoch der gesamte Prozess still. Schließlich müssen befüllte Trays oder andere Packmittel zu den entsprechenden Anlagen gelangen.

Wer hier an Transportbänder denkt, irrt. Vor allem in Kartonier- und Multipack-Linien dieser Welt fährt eine kompakte Plattform auf einer Schiene zwischen den Anlagenkomponenten hin und her. Im Gepäck: mal aufgerichtete Schachtelböden, aber auch Metalldosen sowie erstverpackte Einzelprodukte oder fertig konfektionierte Zweitverpackungen – kurzum alles, was innerhalb der Linie den Ort wechseln muss. Die Rede ist vom Transmodul, einer weiteren Entwicklung aus Crailsheim.

Ein kontinuierlicher Kreislauf

Seit 2009 bewegt sich der Transportroboter in Verpackungslinien auf einer durchgehenden Schiene. Sein Einsatzort: Linien, die mehrere Verpackungsformate fahren – also neben unterschiedlichen Schachtelformaten beispielsweise auch Blechdosen oder Kunststoffkisten. Dies erfordert Flexibilität, die das wendige Transmodul bietet. Ein Vakuumgebläse hält Packmittel oder Produkte sicher an Ort und Stelle. Dafür sorgen nicht zuletzt produktspezifische Formatplatten auf der Transportfläche. Um ein neues Verpackungsformat einzurichten, genügt es, die Formatplatte zu tauschen.

Auch bei der Prozesssicherheit hat das Transmodul einen Trumpf im Ärmel, der klassischen Transportketten fehlt: Sollte ein Transmodul ausfallen, lässt es sich schnell gegen ein anderes auswechseln – oder die Linie verpackt weiter mit einem Transmodul weniger. Still steht sie dabei nie. Am Ende ihrer Strecke angekommen, geschieht etwas Faszinierendes: Entladene Transmodule kippen seitlich weg und fahren auf der Unterseite der Schiene zurück zum Startpunkt. So entsteht ein kontinuierlicher Kreislauf.

Über den Linienrand hinaus

Natürlich tut sich innerhalb der Linie noch viel mehr. Ein Blick nach außen lohnt jedoch genauso. Roboter übernehmen hier vorgelagerte Aufgaben und führen etwa leichte Produkte per Pick-and-Place zu. Cobots – kurz für kollaborative Roboter – arbeiten dabei meist in unmittelbarer Nähe zum Menschen; je nach Geschwindigkeit und Bewegungsradius stehen sie innerhalb einer Schutzzelle, damit sich Mensch und Maschine nicht in die Quere kommen.

Was den Cobot besonders macht: Er kombiniert modernste Robotertechnik mit KI-gestützter Bildverarbeitung. Das vorab mit Bildern „trainierte“ Vision-System erlaubt Cobots wie dem Tog.519 von Schubert, einzelne Produkte selbst innerhalb ungeordneter Massen schnell zu finden, zu greifen und an einen anderen Ort zu legen. Selbst Produkte, die der Tog.519 zum ersten Mal sieht, kann er dank intelligenter Bilderkennung direkt aufnehmen. Als völlig autarkes System ist es dem mobilen Cobot möglich, nahezu überall zu stehen: statt vor auch hinter einer Maschine, als eigenständige Roboterlinie oder als Automatisierung zwischen zwei Stationen.

Sachte zugepackt

Ein Cobot, ein F4 oder T4 wären jedoch nur halb so beeindruckend, wenn sie nicht auch schonend arbeiten würden. Wie alle Roboter, die Produkte aufnehmen und ablegen, haben sie dazu sogenannte Endeffektoren. Bei Verpackungsrobotern kommen auf das Produkt abgestimmte Greif- oder Saugwerkzeuge infrage. Greifwerkzeuge halten Objekte durch mechanische Finger oder Backen fest. Der direkte physische Kontakt erlaubt es ihnen, selbst schwere oder ungleichmäßig geformte Produkte festzuhalten – ganz gleich, welche Oberfläche diese haben. Der Nachteil: Sie können empfindliche Produkte beschädigen.

Backwaren zum Beispiel nehmen Roboter deshalb meistens mit Saugwerkzeugen auf. Dabei bleibt ihnen wortwörtlich die Luft weg: Die Saugwerkzeuge schaffen einen kontrollierten Unterdruck, durch den insbesondere leichte Produkte mit glatten, luftundurchlässigen Oberflächen an den Werkzeugen haften. Schubert ermittelt den Durchfluss im Vakuumsystem laufend über Sensoren. So lässt sich feststellen, ob Saugwerkzeuge Produkte führen oder nicht: eine wichtige Voraussetzung für eine exakte, vollständige Produktion. Einmal angesaugt oder gegriffen, lassen sich Produkte, Zuschnitte oder Teile schonend weiterverarbeiten – so sachte, wie es eben nur ein Roboter kann.

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