Stellen nachhaltige Verpackungen für Verbraucher einen Mehrwert dar, den sie auch bereit sind zu bezahlen?

Stellen nachhaltige Verpackungen für Verbraucher einen Mehrwert dar, den sie auch bereit sind zu bezahlen? (Bild: OpenAI / Dall-E)

Trotz eines politischen und wirtschaftlichen Umfelds, das vor allem für Konsumenten viele Herausforderungen mit sich bringt, bleiben die wichtigsten Treiber für nachhaltige Verpackungen laut Studie weitgehend unverändert. Vor allem wiederverwertbare, recycelte und biologisch abbaubare Materialien spielen in der Nachhaltigkeitswahrnehmung eine wichtige Rolle.

Auf die Frage nach den Verpackungsvorlieben nannten die Verbraucher zudem unverpackte Produkte am zweithäufigsten. Für viele Verpackungshersteller kann dies ein Risiko darstellen. Bei einigen Produkten ist aber auch schlichtweg eine bessere Kommunikation der Vorteile einer guten, nachhaltigen Verpackung in Bezug auf Produktsicherheit und Haltbarkeit notwendig.

Die CO2-Bilanz spielt interessanterweise für die Konsumenten seit Jahren nur eine untergeordnete Rolle, wenn es um nachhaltige Verpackungen geht. Insbesondere im Vergleich zu anderen Branchen, wie der Mobilitäts- und Logistikbranche oder dem Baugewerbe, in denen die CO2-Bilanz als ein Hauptkriterium für Nachhaltigkeit angesehen wird.

Verpackung im E-Commerce wichtig

Hingegen ist es im E-Commerce nach wie vor sehr wichtig, wie gut ein Produkt „verpackt“ ist: 42 % der Befragten bevorzugen hier Wellpappe aus recyceltem Papier für ihre Online-Bestellungen, gefolgt von wiederverwendbaren Hartplastikbehältern (18 %) und Plastiktüten (nur 6 %). Nur 14 % sehen bemerkenswerterweise keine Umverpackung als die nachhaltigste Variante. Nachhaltige Verpackungen spielen dagegen für nur 20 % der Befragten so gut wie keine Rolle – ein klares Signal an die Online-Händler, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit und Verpackungen intensiv zu beschäftigen.

Gute, wirtschaftliche und nachhaltige Lösungen im Online-Handel sind also wichtig, denn in den nächsten Jahren ist mit einem steigenden Bedarf zu rechnen. Hier ist es notwendig, ein stimmiges Gesamtkonzept zu entwickeln, um Produkte nachhaltig zu versenden und auch als nachhaltiger E-Commerce-Anbieter wahrgenommen zu werden. Einfluss des Einwegpfandes auf Plastik-Milchverpackungen

Interessante Ergebnisse liefert die Studie auf die lenkende Wirkung des Einwegpfands: Die Einführung des Einwegpfandes auf ausgewählte Materialien hat möglicherweise einen geringeren Einfluss auf das Einkaufsverhalten der Verbraucher als erwartet. So fühlen sich 80 % der Befragten durch das neu eingeführte Pfand in ihrem Einkaufsverhalten nicht beeinflusst.

Dies kann einerseits so interpretiert werden, dass sich die Konsumenten an das Einwegpfand gewöhnt haben. Andererseits kann dies aber auch darauf hindeuten, dass einige Maßnahmen eine geringere Steuerungswirkung haben als erwartet. So haben nur 6 % der Befragten aufgrund des Pfandes vermehrt Milchgetränke in Einwegplastikflaschen gekauft. Nur 14 % der Konsumenten versuchen, das Pfand möglichst zu vermeiden.

Sinkende Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Verpackungen

Zwar ist die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher für nachhaltige Verpackungen noch immer hoch. Ein Blick auf die Vorjahresergebnisse der Studie zeigt allerdings: Die Entwicklung ist rückläufig.

Der Anteil der Verbraucher, die bereit sind, für nachhaltige Verpackungen mehr zu bezahlen, ist deutlich gesunken: Waren es im Jahr 2021 noch 83 % der Konsumenten, die bereit waren, zumindest einen geringen Mehrpreis für eine nachhaltige Verpackung zu bezahlen, waren es 2022 nur noch 72 % und im letzten Jahr nur noch 62 %. Im Jahr 2024 ergab die Befragung einen leicht gestiegenen Anteil von 64 % der Konsumenten, die bereit sind, einen höheren Preis für ein Produkt zu bezahlen, wenn es nachhaltig verpackt ist. Das sind noch immer fast zwei Drittel der deutschen Konsumenten.

Die durchschnittliche Mehrzahlungsbereitschaft für ein nachhaltig verpacktes Produkt bewegt sich in den letzten Jahren zwischen 6 und 7 % – bezogen auf das verpackte Endprodukt. Das bedeutet, dass es für Einkäufer von nachhaltigen Verpackungen einen gewissen Spielraum gibt, um einen eventuellen Mehrpreis für eine nachhaltige Verpackungen auch auf dem Konsumentenmarkt durchzusetzen. Dies kann auch darauf zurückgeführt werden, dass nachhaltige Verpackungen immer mehr zum Standard werden.

Schnelles Handeln ist gefragt

Für Konsumenten sind nachhaltige Verpackungen bereits heute eine Voraussetzung, jedoch bevorzugen sie kostengünstige Lösungen. Die gesetzlichen Regulierungen zur Nachhaltigkeit sind bisher auf positive Resonanz gestoßen – die Frage ist jedoch, ob dies in Zukunft so bleibt.

Umso mehr kommt es darauf an, Nachhaltigkeit im Sinne der Umwelt und die Wünsche der Kunden in Einklang zu bringen. Hersteller müssen jetzt handeln, um effiziente Lösungen zu entwickeln und dem Trend sowie den Regulierungen immer einen Schritt voraus zu sein. Gelingt dies, wird eine Win-Win-Situation für Hersteller nachhaltiger Verpackungen, Produzenten, Konsumenten und nicht zuletzt für die Umwelt geschaffen.

Über die Studie

Die repräsentative Endkonsumentenstudie „Sustainable Product Packaging“ wurde von Simon-Kucher im Mai 2024 in Zusammenarbeit mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Yougov durchgeführt. 2.035 Konsumenten in Deutschland wurden zu ihrer Einstellung und Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Verpackungen befragt.

Interview mit Dr. Daniel Bornemann

Dr. Daniel Bornemann, Senior Partner bei Simon-Kucher
Dr. Daniel Bornemann, Senior Partner bei Simon-Kucher (Bild: Simon-Kucher)

neue verpackung hatte die Gelegenheit, die Ergebnisse der Studie vorab einzusehen und diese mit Dr. Daniel Bornemann, Senior Partner bei Simon-Kucher und einer der Autoren der Studie, zu diskutieren.

neue verpackung: Die Studie zeigt, dass die Bereitschaft der Verbraucher, mehr für nachhaltige Verpackungen zu bezahlen, im Vergleich zu den Vorjahren gesunken ist. Welche Faktoren haben Ihrer Meinung nach zu diesem Rückgang geführt?

Dr. Daniel Bornemann: Die sinkende Bereitschaft der Verbraucher, für nachhaltige Verpackungen mehr zu bezahlen, dürfte wahrscheinlich auf mehrere Faktoren zurückzuführen sein: Hierzu zählen die gestiegene wirtschaftliche Unsicherheit in Deutschland, eine Verschiebung der Prioritäten nach der Pandemie in Richtung Urlaub, Events und Ähnliches schmälern das Haushaltsbudget. Darüber hinaus kann ich mir auch vorstellen, dass die Verbraucher heute einen gewissen Grad an Nachhaltigkeit schlichtweg voraussetzen. Die EU schreitet mit der PPWR voran und in den Supermärkten tut sich – beispielsweise mit der Zunahme von Sustainability-Kampagnen – einiges. Zudem muss man anmerken, dass sich der Rückgang zuletzt nicht mehr drastisch fortgesetzt hat.

neue verpackung: Gab es bemerkenswerte Unterschiede in der Zahlungsbereitschaft und den Vorlieben für nachhaltige Verpackungen zwischen verschiedenen demografischen Gruppen?

Bornemann: Zunächst lässt sich feststellen: Es gibt keine Unterschiede in der Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Verpackungen zwischen den männlichen und weiblichen Konsumenten. Sowohl die Gesamt-Mehrzahlungsbereitschaft von circa 6 % als auch die Bereitschaft überhaupt einen Aufpreis für nachhaltige Verpackungen zu bezahlen, liegt bei jeweils 64 % der Befragten. Anders sieht es bei der Altersverteilung aus: Interessant ist, dass die über 45-Jährigen mit 48 % deutlich weniger bereit sind, für nachhaltige Verpackungen einen Aufpreis zu bezahlen als die 18- bis 44-Jährigen mit 74 %. Dies ist ein signifikanter Unterschied, der aber auch zeigt, dass das Thema nachhaltige Verpackungen für die jüngere Generation eine deutlich größere Rolle spielt und hier auch eine Zahlungsbereitschaft erkennbar ist. Dies spiegelt sich auch in der Mehrzahlungsbereitschaft wider. Diese liegt bei den unter 44-Jährigen bei 8 % und bei den über 45-Jährigen nur bei 4 %. Bemerkenswert ist auch, dass die Zahlungsbereitschaft ab einem Einkommen von 1.500 Euro keinen Einfluss mehr auf die Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Verpackungen hat. Hier ist es wichtig, nicht nur die durchschnittliche Zahlungsbereitschaft zu betrachten, sondern auch markt- und kundensegmentspezifische Details zu beachten und zu adressieren.

neue verpackung: Würden Sie sagen, dass der festgestellte Rückgang der Zahlungsbereitschaft der Beginn eines langfristigen Trends ist – oder nur eine kurzfristige Reaktion auf aktuelle Rahmenbedingungen?

Bornemann: Die Zahlungsbereitschaft schwankt in den letzten Jahren zwischen 6 und 7 %. Trotz des Rückgangs in diesem Jahr kann noch nicht von einem Trend gesprochen werden. Positiv ist auch, dass insbesondere die jüngeren Konsumenten deutlich mehr Wert auf Nachhaltigkeit legen, was sich langfristig positiv auswirken sollte. Hier ist es wichtig, die richtigen Verpackungsmaterialen mit nachhaltigen Vorteilen und einer guten Kommunikation zu verbinden, um die Konsumenten entsprechend zu informieren.

neue verpackung: Wenn die Verbraucher (und der Gesetzgeber) nachhaltige Verpackungen fordern, aber immer seltener einen Mehrpreis zahlen wollen, die Markenartikler aber wohl ungern auf ihre Marge verzichten werden – wird nun der Preisdruck auf die Packmittelhersteller steigen?

Bornemann: Ja, der Preisdruck auf die Packmittelhersteller könnte steigen. Wenn Verbraucher und Gesetzgeber nachhaltige Verpackungen fordern, aber nicht bereit sind, dafür höhere Preise zu zahlen, könnten Markenartikler versuchen, die Kosten entlang der Lieferkette zu senken, was den Druck auf die Hersteller erhöht. Diese müssen dann effizientere und kostengünstigere Lösungen finden, um wettbewerbsfähig zu bleiben und gleichzeitig die Nachhaltigkeitsanforderungen zu erfüllen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch nachhaltige Verpackungslösungen, die nicht unbedingt teurer sind. Und zu guter Letzt ist es auch ein Stück weit normal, dass mit zunehmender Reife im Lebenszyklus ein Preispremium nicht mehr in gleichem Maße erzielbar ist.

neue verpackung: Sie haben es selbst im Beitrag herausgestellt: Die CO2-Bilanz spielt für Verbraucher in vielen Branchen eine wich-tige Rolle – nur nicht bei Verpackungen. Haben Sie eine Erklärung hierfür?

Bornemann: Die geringere Bedeutung der CO2-Bilanz bei Verpackungen im Vergleich zu anderen Branchen könnte mehrere Gründe haben. Zum einen steht bei Verpackungen für Konsumenten eher Recyclingfähigkeit beziehungsweise das Recyclingmaterial und die Abfallvermeidung im Vordergrund. Zum anderen ist die CO2-Bilanz von Verpackungen im Vergleich zu anderen Gütern wie Autos, Strom oder Haushaltsgeräten deutlich weniger sichtbar. Dies könnte auch an mangelnder Information und Aufklärung über die CO2-Bilanz von Verpackungen liegen.

Nachhaltige Verpackungen: der große Überblick

Grafik von Lebensmitteln im Supermarktregal
(Bild: sabelskaya - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema nachhaltige Verpackungen wissen? Klar ist, dass der Bedarf an nachhaltigen Verpackungen in den kommenden Jahren stark steigen wird. Aber das Thema ist komplex: Wann gilt denn überhaupt eine Verpackung als nachhaltig und welche Kriterien müssen dabei künftig erfüllt sein? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

 

Sie möchten gerne weiterlesen?