Interview mit Michael Tausch, Domino Deutschland, und Claudia Rivinius, STI Group

STI setzt auf Serialisierung mit Lack und Laser

Smarte Verpackung mit Lack-Codierung
Vorteile der Lasercodierung sind unter anderem geringe Verbrauchskosten, geringer Energieverbrauch und geringere Wartungskosten.

Mit einem lasersensitiven Lack im Offsetdruck und einer CO₂ Laserkennzeichnung im Abfüllprozess bringt die STI Group serialisierte GS1 Digital Link QR-Codes direkt auf Karton- und Wellpappverpackungen auf - ohne Etiketten und Tinten.

neue verpackung: Herr Tausch, für welche Branchen und Verpackungstypen ist das Verfahren besonders geeignet?
Michael Tausch: Dieses Verfahren ist für nahezu alle Verpackungstypen geeignet. Es gibt keine generellen Einschränkungen, sondern im Gegenteil viele Vorteile. Gerade im Bereich der Lebensmittel-, Kosmetik- und Pharmaindustrie, denn durch den Farbumschlag werden die Eigenschaften der Kartonage mit Blick beispielsweise auf Feuchtigkeit oder Kühlhäuser nicht beeinträchtigt.

neue verpackung: Gibt es Verpackungsgrößen oder Liniengeschwindigkeiten, bei denen das System seine Vorteile besonders ausspielt?
Tausch: Bei einfachen Kennzeichnungen bietet die Lasercodierung keine Geschwindigkeitsvorteile gegenüber einem Drop-on-Demand-Tintensystem, sei es Thermal- oder Piezo-Inkjet. Ein großer Vorteil der Lasercodierung sind jedoch die geringen Verbrauchskosten, der geringere Energieverbrauch und die deutlich geringeren Wartungskosten, wodurch weniger Abfallprodukte entstehen.

Michael Tausch, Domino
Michael Tausch ist Vertriebsleiter mit dem Schwerpunkt Food & Beverage bei der Domino Deutschland GmbH, einem Hersteller industrieller Kennzeichnungssysteme. Darüber hinaus ist er Mitglied des Expertenkreises 2D-Migration der GS1 Germany GmbH zur Implementierung des GS1 Digital Link.

neue verpackung: Wie flexibel lässt sich das System an bestehende Produktionslinien anpassen?
Tausch: Die Systeme lassen sich nahezu in alle Anlagen integrieren. Die Einbaumaße sind zwar nicht unerheblich, jedoch können durch Solution-Strahlumlenkungen am eigentlichen Kennzeichnungsort diese kompakt mit nur dem Scanner dargestellt werden, etwa 150 x 150 mm. Aufgrund der kontaktlosen Kennzeichnung befindet sich der Scanner 150 – 250 mm vom Produkt entfernt. Wichtig ist in jedem Fall, dass der Ort, an dem gekennzeichnet wird, eine Einhausung erhält, sodass der Strahl nicht nach außen dringen kann. In dem Fall mit dem lasersensitiven Lack wird ein CO2-Laser eingesetzt, der sehr einfach mit günstigem Makrolon erfolgen kann. Im Gegensatz dazu benötigen andere Laser, wie Festkörper- oder UV-Laser,

neue verpackung: Frau Rivinius, welche Anforderungen müssen Offsetdruck und Lackauftrag erfüllen, damit der Farbumschlag optimal funktioniert?
Claudia Rivinius: Beim Offsetdruck ist ein homogener Lackauftrag entscheidend für die Code-Qualität. Auch die Homogenität des Kartons - Primär- oder Sekundärfaser, Strickdicke - hat einen Einfluss auf die Code-Qualität. Im Beispiel der Promotionsverpackung, die von der STI Group auf der Fachpack 2025 präsentiert wurde, konnte eine Code-Grade A, also die höchste Qualität, erzielt werden.

neue verpackung: Wie lässt sich das Laserkennzeichnungssystem in bestehende Liniensteuerungen und Track-&-Trace-Systeme integrieren?
Tausch: Es lässt sich leicht in alle Linien integrieren. Wichtig ist, dass die Kennzeichnung in der Bewegung über einen Drehimpulsgeber erfolgt, damit der Laserstrahl immer weiß, wo er sich auf dem Produkt befindet. Im Gegensatz zum Tintensystem verfolgt ein Laser das Produkt während der gesamten Kodier-Zeit. Das hat zur Folge, dass das Produkt während des gesamten Prozesses sehr sauber geführt werden muss. QR-Codes sind deutlich unempfindlicher in der Kodierung als herkömmliche Barcodes. Die Code-Lesbarkeit würde dabei direkt an der Linie überprüft.

Track & Trace kann entweder über die Domino-Software „Domino Automation” oder über ein Schnittstellenprotokoll des jeweiligen Maschinenbauers mit Dynamark komplett verwaltet werden. Dies ist zwingend notwendig und gehört zum Tagesgeschäft von Domino bzw. dem Maschinenbauer.

neue verpackung: Wie wirkt sich die Technologie auf Gesamtbetriebskosten und ROI im Vergleich zu klassischen Etikettierlösungen aus?
Tausch: Die Betriebskosten sind sehr gering, da der Laser nichts aufträgt und somit keine Verbrauchsmittel erforderlich sind. Ein Laser hat eine Verfügbarkeit von weit über 99 % somit einen positiven Einfluss auf den Gesamt-OEE. Eine Absaugung für entstehende Dämpfe ist erforderlich, ein jährlicher Filterwechsel wir empfohlen. Bei Etiketten sind die Verbrauchskosten für Etiketten, Trägerband, Farbband und Druckleiste sehr erheblich. Beim klassischen Etikettieren entsteht zudem in erheblichem Maße Prozessabfall. Beim Etikettieren sind zudem immer wieder Eingriffe erforderlich (Rollenwechsel, Farbbandwechsel etc.). Aufgrund dieser Eingriffe entstehen Stillstands Zeiten, die bei der Lasermarkierung komplett entfallen würden.

neue verpackung: Welche Investitionshürden bestehen, und wie schnell amortisieren sich Anlagen mit dieser Technologie?
Tausch: Bei der Lasermarkierung in Verbindung mit lasersensitiven Lacken ist nur eine geringe Laserleistung erforderlich. Die Laserleistung ist der Preistreiber. Vergleicht man diese mit ein klassisches DOD-Tintenverfahren oder einen Etikettendruckspender, liegen die Investitionskosten somit maximal doppelt so hoch. Die Amortisation erfolgt in der Regel innerhalb von ein bis zwei Jahren, wenn ausschließlich die Verbrauchsmittel gegengerechnet werden. Nimmt man die Stillstandzeiten hinzu, kann sich diese bereits nach wenigen Monaten amortisieren.

Q&A

Warum Farbumschlag statt Farbabtrag?

  • Effizient: Spart Laserleistung – ideal für energieoptimierte Produktionslinien.
  • Sauber: Kein Materialabtrag = keine Partikel, keine Fremdstoffe – perfekt für sensible Verpackungen.
  • Schnell: CO2-Laser ermöglichen High-Speed-Codierung direkt in der Linie.
  • Wirtschaftlich: Keine Verbrauchsmaterialien, minimaler Wartungsaufwand.

Was leistet der Code?

  • Serialisierung auf Packungsebene: Seriennummer, Charge, Produktions- und MHD-Datum.
  • Echtzeitprüfung: Automatische Verifikation von Echtheit, MHD und Rückrufstatus.
  • Ein QR-Code für alles: Ein Code für Verbraucherkommunikation, Handel und interne Rückverfolgbarkeit.

Welche digitalen Inhalte sind möglich?

  • Mehrsprachig & kontextsensitiv: Inhalte wie Anwendung, Recycling oder Herkunft passen sich automatisch an Sprache und Region an.
  • Zentral verwaltet & rechtskonform: Digitale Labels über info.link GS1-konform steuern, versionieren und freigeben – inklusive Green Claims.

Wie unterstützt das System Nachhaltigkeit?

  • Materialreinheit: Kein Etikett, keine Kleber – Monomaterial bleibt vollständig sortierbar.
  • Ressourcenschonend: Weniger Prozessschritte, weniger Abfall, effizienter Betrieb.
Clautdia rivinius, STI Group
Claudia Rivinius ist Marketing Director der STI Group, einem europäischen Anbieter faserbasierter Verpackungen. Sie ist Expertin rund um Fragen des European Green Deals und dessen Relevanz für Verpackungen und ebenfalls Mitglied des Expertenkreises 2D-Migration der GS1.

neue verpackung: Gibt es Praxisbeispiele oder Pilotkunden, die bereits mit dem System arbeiten?
Rivinius: In der STI Group haben wir bereits vor über 20 Jahren erste Projekte für Kunden umgesetzt. Durch die neuen Möglichkeiten von 2D-Codes und vor allem dem GS1 Digital-Link, die quasi einen digitalen Zwilling der Verpackung erzeugen, ist das Kundeninteresse aktuell sehr hoch.

neue verpackung: Welche Rolle spielt das Verfahren im Hinblick auf künftige Anforderungen an Digital Product Pässe oder Kreislaufwirtschaftsvorgaben der EU?
Rivinius: Der digitale Produktpass sieht vor, dass Informationen zu Produkten digital zur Verfügung gestellt werden müssen. Dies ist mit dem GS1 Digital Link problemlos realisierbar. Da er auf der GTIN aufsetzt reduziert das den Pflegeaufwand für Inverkehrbringer. Mit der Serialisierung des Codes sind vor allem Chargenverfolgung, Produktrückrufe und Echtheitsprüfung jederzeit möglich – und zwar durch alle Beteiligten in der Prozess-Kette. Werden dann Partner wie Info Link mit ihrer Plattform integriert können die Daten zudem um weitere Informationen angereichert und auch in Landessprache zur Verfügung gestellt werden. Hiervon profitieren in erster Linie die Verbraucher.

neue verpackung: Wie trägt der Verzicht auf Etiketten und Tinten zur Verbesserung der Recyclingfähigkeit nach Sortierrichtlinien bei?
Rivinius: Die Recyclingfähigkeit von etikettierten Verpackungen hängt in erster Linie davon ab, ob Etikett und Verpackung aus demselben Material bestehen. Wird beispielsweise ein Kunststoff-Etikett auf eine Kartonfaltschachtel appliziert muss der Etikettenanteil für den Ausweis der Recyclingfähigkeit abgezogen werden. Auch der Klebstoff-Eintrag beeinträchtigt die Recyclingfähigkeit.

neue verpackung: Können über GS1 Digital Link künftig auch CO2- oder Recyclinginformationen transparent kommuniziert werden?
Rivinius: Ja, dies ist heute bereits möglich, wenn die entsprechenden Daten vorliegen. Bei den CO2-Daten ist es sehr wichtig, die Berechnungsmethodik transparent zu machen und auch aufzuweisen, ob sich diese auf Produkt, Verpackung oder Produkt und Verpackung beziehen. Bei den Recyclinginformationen können durch die Geolokalisierung die Trenn- und Entsorgungsweise sogar spezifisch für Regionen oder Länder angezeigt werden.

Vielen Dank fürs Gespräch.