Nachhaltige Verpackungen als Herausforderung und Chance

Verbraucherstudie 2025 von Simon-Kucher

Eine Frau mit Produktverpackung in der Hand, vor einem Supermarktregal.
Auch in diesem Jahr führte Simon-Kucher eine repräsentative Konsumentenstudie über Wahrnehmung und Zahlungsbereitschaft im Bereich nachhaltiger Verpackungen durch.

Nachhaltigkeit ist kein Trend mehr – sie wird von Konsumenten als neuer Standard erwartet. Die aktuelle Simon-Kucher-Verbraucherbefragung 2025 zeigt, wie sich diese Haltung auf Verpackungslösungen, Markenwahrnehmung und die Zahlungsbereitschaft auswirkt.

Ein zentrales Ergebnis der neuesten repräsentativen Simon-Kucher-Studie mit über 2.000 Konsumenten: Müllvermeidung steht für 66 % der Befragten im Zentrum nachhaltiger Verpackungen, gefolgt von recycelbaren, recycelten und biologisch abbaubaren Materialien – jeweils mit Zustimmungswerten von über 60 %. Damit wird deutlich: Verbraucher bevorzugen Verpackungen, die insgesamt möglichst wenig Material nutzen und umweltfreundlich hergestellt sind. Komplett unverpackte Produkte sind dabei eine von mehreren Lösungen.

Im Gegensatz dazu spielt eine gute CO₂-Bilanz weiterhin nur für etwa ein Drittel der Befragten eine bedeutende Rolle, obwohl sie in anderen Branchen als zentraler Nachhaltigkeitsindikator gilt. Der Wert stagniert seit Jahren auf vergleichsweise geringem Niveau.

Grafik
In der Wahrnehmung strahlen vor allem möglichst wenig verpackte Produkte Nachhaltigkeit aus, während die CO2-Bilanz die geringste Rolle spielt.

Nachhaltige Verpackung als Markenbooster

Die Studienergebnisse zeigen auch die emotionale Komponente nachhaltiger Verpackungen: 63 % der Konsumenten verbinden damit eine positive Markenwahrnehmung, lediglich 11 % äußern sich negativ. Das Thema Greenwashing ist deutlich in den Hintergrund getreten (nur noch 4 %) – viele Konsumenten fühlen sich heute insgesamt besser informiert. Für Hersteller ergibt sich daraus die Chance, durch glaubwürdige und konsequente Kommunikation ihre Marke gezielt zu stärken.

Zwischen Regulierung und Innovationsdruck

Die seit Februar 2025 geltende EU-Verpackungsverordnung, die auf eine Reduzierung unnötiger Verpackungen bis 2030 abzielt, trifft auf große Zustimmung: 74 % der Befragten begrüßen gesetzliche Vorgaben zur Verpackungsvermeidung. Gleichzeitig bedeutet das für Hersteller einen erhöhten Innovationsdruck – insbesondere durch die Notwendigkeit, bestehende Verpackungskonzepte neu zu denken.

Grafik
Die Bereitschaft, mehr für eine nachhaltig verpackte Variante zu bezahlen, ist erkennbar vom Alter abhängig.

Funktionalität vor Design

62 % der Konsumenten akzeptieren optische Einbußen, wenn dafür nachhaltige Verpackungen zum Einsatz kommen. Doch die Toleranz endet bei funktionalen Aspekten: Bei Haltbarkeit und Hygiene besteht deutlich geringere Kompromissbereitschaft. Hersteller müssen daher Verpackungen entwickeln, die ökologische Vorteile mit funktionaler Qualität vereinen.

Zahlungsbereitschaft: Weniger Breite, mehr Tiefe

Obwohl Verpackungen in der Regel nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten eines Produkts ausmachen, zeigen die Ergebnisse, dass sie einen überproportional hohen Einfluss auf die Zahlungsbereitschaft für das Gesamtprodukt haben. Dies unterstreicht die hohe Wertigkeit, die Konsumenten nachhaltigen Verpackungen beimessen.
Natürlich ist davon auszugehen, dass die reale Zahlungsbereitschaft an der Kasse tendenziell etwas unter den in der Befragung geäußerten Werten liegt. Doch insgesamt sind mit 54 % der Konsumenten immer weniger bereit, einen Aufpreis für nachhaltige Verpackungen zu bezahlen. Dies verfestigt einen seit 2021 anhaltenden Trend. Auf Basis der hohen Zustimmung zu Müllvermeidung, Recyclingfähigkeit, Materialwahl und Produktionsprozessen muss jedoch angenommen werden, dass immer mehr Konsumenten Nachhaltigkeit heutzutage schlichtweg erwarten.

Die weiterhin zahlungsbereiten Konsumenten akzeptieren jedoch im Durchschnitt einen Aufpreis von 8 % – bezogen auf das Endprodukt. Diese variierende Zahlungsbereitschaft bei gleichzeitig hoher Nachhaltigkeitspräferenz erfordert differenzierte Produkt- und Preisstrategien für nachhaltige Verpackungen.

Gerade auch zwischen den Generationen ließ sich eine deutliche Kluft identifizieren: Jüngere Konsumenten zeigen eine deutlich höhere Zahlungsbereitschaft als ältere Zielgruppen. Diese Gruppen kaufen häufig andere Produkttypen – hier besteht für Hersteller die Möglichkeit, gezielte und zielgruppengerechte Ansprache mit nachhaltigen Verpackungslösungen zu verbinden.

Konsumenten wünschen sich weniger oder sogar gar keine Verpackung. Das ist ein Trend, der sich durchaus auch über die nächsten Jahre fortschreiben könnte – und Hersteller nachhaltiger Verpackungen zum Aufwachen ermahnt. Es gilt im nächsten Schritt vor allem jene Marktsegmente zu identifizieren, in denen nachhaltige Verpackungen unabdingbar bleiben – und hier mit den richtigen Produktinnovationen aufzuwarten, die kostengünstig und variabel einsetzbar sind.

Denn die zweite wichtige Tatsache bleibt bestehen: Die richtigen nachhaltigen Verpackungen können das Image eines Endprodukts oder einer Marke erheblich steigern. Diese Erkenntnis, richtig eingesetzt, bietet Herstellern ausgezeichnete Chancen, die Nachhaltigkeitspräferenzen der Konsumenten auch in Zukunft zu monetarisieren.

Über die Studie

Die repräsentative Endkonsumentenstudie „Sustainable Product Packaging“ wurde von Simon-Kucher im Mai 2025 in Zusammenarbeit mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Yougov durchgeführt. 2.031 Konsumenten in Deutschland wurden zu ihrer Einstellung und Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Verpackungen befragt.

INTERVIEW

Dr. Daniel Bornemann
Dr. Daniel Bornemann ist einer der Autoren der diesjährigen Konsumentenstudie.

Kurzinterview mit Dr. Daniel Bornemann

neue verpackung hatte die Gelegenheit, Dr. Daniel Bornemann, Senior Partner bei Simon-Kucher und einer der Autoren der Studie, Fragen zu den Ergebnissen der aktuellen Verbraucherstudie zu stellen.

neue verpackung: Herr Dr. Bornemann, wie unterscheidet sich die Zahlungsbereitschaft nach Produktkategorie beziehungsweise demografischen Gruppen?
Dr. Daniel Bornemann:Die Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Verpackungen unterscheidet sich deutlich je nach Produkt und Zielgruppe. Bei Lebensmitteln, insbesondere frischen Produkten, und bei Kosmetik ist sie besonders hoch, da Verpackung hier mit Qualität, Gesundheit oder Pflege assoziiert wird. Haushaltswaren hingegen haben meist eine geringere Relevanz für Konsumenten, wenn es um nachhaltige Verpackung geht. Demografisch betrachtet zeigen vor allem jüngere Generationen wie Gen Z und Millennials sowie Menschen mit höherem Einkommen oder in urbanen Räumen eine größere Bereitschaft, mehr zu zahlen – insbesondere, wenn Nachhaltigkeit Teil ihrer persönlichen Werte ist.

neue verpackung: Welche Branchen oder Produktgruppen bieten aus Ihrer Sicht das größte (unausgeschöpfte) Potenzial, um mit nachhaltigen Verpackungen den eigenen Markenwert aufzubauen?
Bornemann:Ein besonders großes Potenzial liegt in Branchen, in denen Verpackung als Teil des Markenerlebnisses wahrgenommen wird. Dazu zählen Kosmetik, Baby- und Kinderprodukte sowie To-go-Lebensmittel. In diesen Bereichen sind Nachhaltigkeit und Vertrauen eng miteinander verknüpft, doch viele Unternehmen nutzen dieses Potenzial noch nicht voll aus. Wer hier konsequent auf nachhaltige, sichtbare Verpackungslösungen setzt, kann sich klar vom Wettbewerb abheben und Markenbindung stärken.

neue verpackung: Welche Rolle spielt die Transparenz über Nachhaltigkeitsmerkmale auf der Verpackung für das Konsumentenverhalten? Gibt es hier Trends oder Erwartungen?
Bornemann: Transparenz ist für viele Konsumenten inzwischen ein zentrales Entscheidungskriterium. Es reicht nicht mehr aus, „umweltfreundlich“ zu behaupten – Informationen müssen nachvollziehbar, glaubwürdig und im besten Fall zertifiziert sein. Besonders gefragt sind klar erkennbare Labels, QR-Codes mit Zusatzinformationen oder standardisierte Kennzeichnungen. Inzwischen fühlen sich die meisten Konsumenten allerdings gut informiert über Nachhaltigkeit.

neue verpackung: Wie schätzen Sie die Bedeutung alternativer Materialien wie Biopolymere oder Mehrwegverpackungen in der zukünftigen Konsumentenpräferenz ein?
Bornemann: Alternative Verpackungsmaterialien wie Biopolymere oder Mehrwegkonzepte gewinnen zunehmend an Bedeutung, vor allem in stark konsumierten Produktkategorien wie Lebensmitteln oder Getränken. Biopolymere gelten als interessante Lösung, sind aber hinsichtlich Recyclingfähigkeit und Infrastruktur noch nicht flächendeckend etabliert. Mehrwegverpackungen haben Potenzial. Allerdings müssen Rückgabe und Wiederverwendung einfach gestaltet sein. In beiden Fällen ist entscheidend, dass Konsumenten verstehen, wie das System funktioniert – und welchen konkreten Umweltvorteil es bietet.