Erfolgreiche Strategie im Verpackungsmaschinenbau

"Weniger Material ist heute technologisch möglich"

Thomas Blümel
Seit gut sieben Jahren Geschäftsführer bei Ulma: Thomas Blümel.

Ein Gespräch mit Thomas Blümel, Geschäftsführer der Ulma Packaging GmbH, über die Herausforderungen und Chancen der PPWR, zukunftsfähige Verpackungstechnologien und die strategische Partnerschaft mit Rama Packaging & Automation.

neue verpackung: Herr Blümel, welche Verpackungstechnologien werden derzeit besonders stark nachgefragt?

Thomas Blümel: Das ist sehr unterschiedlich – je nachdem, aus welchem Sektor unsere Kunden kommen. Über alle Branchen hinweg stellen wir allerdings eine gleichmäßige Nachfrage nach Thermoformern, Traysealern und Flowpackern, sowohl horizontal als auch vertikal, fest. Wir fertigen das komplette Spektrum an Maschinen.

neue verpackung: Gibt es dennoch einen Trend in Richtung bestimmter Technologien?

Blümel: Ja, besonders zukunftsträchtig sehen wir aktuell Schlauchbeutelanwendungen, horizontal wie vertikal. Diese bieten aus unserer Sicht im Moment die beste Lösung im Hinblick auf Flächenverbrauch, Materialeffizienz und Nachhaltigkeit. Gerade in Anbetracht der neuen Verpackungsverordnung PPWR ist das sicher ein großer Vorteil.

neue verpackung: Die neue EU-Verpackungsverordnung PPWR ist für viele noch Neuland. Ist sie für Sie eher Chance oder Herausforderung?

Blümel: Ganz klar eine Chance. Wir beschäftigen uns schon seit fast zehn Jahren mit den Zielen, die nun über die PPWR verbindlich werden. Die Diskussion um Monomaterialien und Recyclingfähigkeit ist für uns nichts Neues. Materialvermeidung war und ist für uns das wichtigste Thema – und da ist der Schlauchbeutel aktuell unschlagbar. Ein gutes Beispiel ist die Verpackung von Hackfleisch: Statt in Trays lässt sich Hackfleisch inzwischen auch im Beutel verpacken – das spart bis zu 85 % Kunststoff.

neue verpackung: Können Ihre Maschinen diese neuen Anforderungen problemlos abbilden?

Blümel: Ja. Alle Technologien in unserem Haus sind inzwischen in der Lage, Monomaterialien zu verarbeiten. Die Maschinen wurden in den letzten Jahren konsequent weiterentwickelt, sodass wir heute ein sehr hohes Niveau erreicht haben. Der Ball liegt mittlerweile eher bei den Folienherstellern, die nun ihre Multilayer-Konzepte überdenken müssen.

neue verpackung: Wie gelingt es, Kunden für neue Verpackungslösungen zu gewinnen?

Blümel: Indem wir ihnen Visionen aufzeigen. Wir haben über 100 verschiedene Verpackungslösungen bei uns im Haus, viele davon sind noch gar nicht auf dem Markt. Wenn ein Kunde zu uns kommt, zeigen wir ihm konkrete Beispiele – was technisch möglich ist, wie sich seine Produkte anders und nachhaltiger verpacken lassen. Das können wir auch direkt beim Kunden vor Ort demonstrieren, unsere Außendienstler haben entsprechendes Equipment dabei.

Soll dem Handel etwas Neues vorgestellt werden, so machen wir das gemeinsam mit dem Kunden. Wir haben hier in Memmingen das technische Equipment, mit dem das Produkt eins zu eins reproduziert wird und in der neuen Verpackung haltbar und ohne Zeitdruck präsentiert werden kann. Ein weiterer kostenloser Service für unsere Kunden.

neue verpackung: Ist die PPWR also vor allem ein Impulsgeber?

Blümel: Absolut. Die PPWR ist eine Vision mit einem mittel- und langfristigen Ziel – und wir nehmen sie ernst. Klar ist aber auch: Die Unsicherheit ist groß. Viele wissen gar nicht, was da auf sie zukommt. Darf meine heutige Maschine in fünf oder zehn Jahren noch eingesetzt werden? Lässt sie sich umrüsten? Unsere Antwort darauf ist: Ja. Unsere neuesten Maschinen sind bereits heute bei entsprechender Konfiguration auf Monomaterialien ausgelegt.

neue verpackung: Aber nicht nur Maschinen müssen sich verändern – auch die Verbraucher. Wie gelingt es, Akzeptanz für neue Verpackungsformen zu schaffen?

Blümel: Indem man sie informiert. Wir haben beispielsweise mit einer produzierenden, regionalen Supermarktkette zusammengearbeitet, die über Monate hinweg ihre Kundschaft auf neue Verpackungen vorbereitet hat. Sie hat erklärt, warum sich das Hackfleisch künftig in einem Beutel befindet und nicht mehr im Tray. Dabei geht es nicht nur um 75 % weniger Plastik, sondern auch um effizientere Logistik – eine Folienrolle statt sperriger Schalen kann leicht 100 Lkw-Fahrten weniger pro Jahr bedeuten. Das ist ein echter Hebel.

neue verpackung: Wie reagieren Konsumenten auf solche Umstellungen?

Blümel: Zögerlich, was verständlich ist. Die neue Verpackung sieht anders aus, fühlt sich anders an. Besonders beim Fleisch denken viele beim Anblick eines aufgeblähten Beutels: Das kann nicht gut sein. Dabei handelt es sich schlicht um Schutzgas. Diese Unsicherheit muss man adressieren – durch Kommunikation mit dem Konsumenten. Leider passiert das noch viel zu wenig.

neue verpackung: Ist der Umstieg auf nachhaltige Verpackungen auch wirtschaftlich sinnvoll?

Blümel: Langfristig ja. Am Anfang ist es oft teurer, weil die Mengen gering sind. Aber sobald ein Upscaling erfolgt, können auch Preisvorteile entstehen. Und wir sprechen hier nicht nur über ökologische, sondern auch über wirtschaftliche Nachhaltigkeit.

neue verpackung: Ein weiteres zentrales Thema der PPWR ist der Einsatz von Rezyklaten. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?

Blümel: Die Verarbeitung von Rezyklat ist herausfordernd. Monomaterialien erfordern ohnehin sehr präzise Maschinenparameter. Kommt dann noch Rezyklat ins Spiel – dessen Qualität möglicherweise anders ist – wird es nicht einfacher. Die Verwendung von Recyclingmaterial ist eine sehr gute Möglichkeit die Nachhaltigkeit zu erhöhen. Vieles wird aber downgecycelt, beispielsweise zu Blumentöpfen oder Parkbänken.

neue verpackung: Wäre der Einsatz von Rezyklat in Lebensmittelverpackungen denkbar?

Blümel: Prinzipiell ja – wenn Lebensmittelsicherheit und Konstanz sichergestellt sind. Dann könnte Rezyklat auch in sensiblen Anwendungen eingesetzt werden. Aktuell ist das wohl noch ein Stück Weg, aber die Entwicklung könnte in diese Richtung gehen.

neue verpackung: Welche Rolle spielt Automatisierung in Anpassung ihrer Maschinen an unterschiedlichen Verpackungsmaterialien?

Blümel: Mit Blick auf das Verpackungsmaterial sehen wir gar keine. Der Ansatz ist anders. Automatisierung ist ein unglaublich stark wachsender, ich sage mal, Prozess innerhalb fast aller Branchen – wenn auch unterschiedlich stark ausgeprägt. Ulma hat vor vielen Jahre dafür eine eigene Sparte gegründet, die Ulma Packaging Automation. Es ist ein Werk, das ausschließlich Automatisierungsprojekte umsetzt. Wir stellen nicht nur die die Stand-alone-Maschinen her, sondern komplette Verpackungslinien. Es ist ein stark wachsender Bereich bei Ulma.

Über Ulma Packaging

Ulma Packaging ist einer der führenden Anbieter von Verpackungslösungen, der seinen Hauptsitz in Spanien (Onati) hat und den deutschen sowie österreichischen Markt von Memmingen im Allgäu aus bearbeitet. Angeboten wird eine breite Palette an Maschinen und Anwendungen, einschließlich Flow Pack (HFFS), Thermoforming, Traysealing, Vertical (VFFS), Shrink Wrapping und Stretch Film Verpackungstechnologien. Ulma Packaging agiert international und verfügt über ein Netzwerk von 24 Niederlassungen und zahlreichen lokalen Vertriebspartnern in über 130 Ländern. Das Unternehmen ist Teil der Ulma-Industriegruppe mit über 5.000 Mitarbeitern in neun diversen Geschäftsbereichen.

neue verpackung: Sie haben angedeutet, dass Ulma wirtschaftlich stark wächst. Können Sie das konkretisieren?

Blümel: In Deutschland wachsen wir im zweistelligen Prozentbereich – das kann ich klar sagen. Auch international stehen wir sehr gut da. Viele Unternehmen aus unserer Branche stehen vor Herausforderungen, wir nicht. Ich glaube, das liegt daran, dass wir frühzeitig auf die richtigen Themen gesetzt haben. Die PPWR ist eine europäische Initiative – und als europäisches Unternehmen, das global tätig ist, verstehen wir, wie der Markt tickt.

neue verpackung: Ein aktueller Schritt war der Einstieg bei Ihrem langjährigen Partner Rama. Was war die strategische Überlegung dahinter?

Blümel: Ulma ist seit über 60 Jahren im Markt und sehr erfahren in der Primärverpackung, Rama bringt Expertise in der Sekundär- und Tertiärverpackung mit – etwa bei Kartonierern. Wir arbeiten seit über 15 Jahren in vielen Projekten erfolgreich eng zusammen. Durch die Beteiligung von 40 % wollen wir die Kooperation vertiefen und Innovationen schnell voranbringen.

neue verpackung: Ist eine Mehrheitsübernahme denkbar?

Blümel: Dazu gibt es zur Zeit von Unternehmensseite keine offizielle Stellungnahme.

neue verpackung: Ulma ist eine Genossenschaft. Wie wirkt sich diese Struktur auf die Unternehmenskultur aus?

Blümel: Das spürt man deutlich – vor allem in der personellen Stabilität. Die Mitarbeitenden sind oft über Generationen hinweg mit dem Unternehmen verbunden. Die Fluktuation ist extrem gering. Das ist ein Riesenvorteil, weil wir in einem technologiegetriebenen Geschäft arbeiten, das auf langfristigem Know-how basiert. Dieses Wissen bleibt bei uns im Haus.

neue verpackung: Wie wichtig ist es, dieses Wissen mit neuen Impulsen zu ergänzen?

Blümel: Wachstum ist der Schlüssel. Wenn ein Unternehmen stagniert, kann es sich schwer weiterentwickeln. Aber wir wachsen – deutlich und weltweit. Das gibt uns die Möglichkeit, kontinuierlich frische Ideen hereinzuholen, ohne unsere innere Stärke zu verlieren.

neue verpackung: Vielen Dank für das Gespräch.