Die Keynote zur Eröffnung der Packaging Machinery Conference von Richard Clemens, VDMA

„Da steckt unwahrscheinlich viel Zukunftspotenzial drin“

Richard Clemens während seiner Keynote auf der Packaging Machinery Conference 2025.
Richard Clemens während seiner Keynote auf der Packaging Machinery Conference 2025.

In seiner Eröffnungs-Keynote zur Packaging Machinery Conference 2025 am 04. Juni zeichnete Richard Clemens, Geschäftsführer des Fachverbands Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen des VDMA, ein differenziertes Bild des Maschinenbaus, setzte in Summe aber einen optimistischen Startschuss für die Veranstaltung.

Die konjunkturelle Gesamtlage sei insgesamt angespannt im deutschen Maschinenbau, kommentierte Clemens gleich zu Beginn: „Ein Produktionsminus von sieben Prozent in 2024, das ist schon ’ne Hausnummer.“

Auch die aktuelle Prognose von -2 % für das Gesamtjahr 2025 „klingt nicht wirklich gut“. Der Auftragseingang im Maschinenbau insgesamt zeige zwar erste Erholungstendenzen – „ein Plus von vier Prozent im ersten Quartal“ – doch „eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“.

Verpackungsmaschinenbranche bleibt stabil

Im Vergleich zu anderen Teilbranchen des Maschinenbaus sind Geschäftslage und -aussicht im Verpackungsbereich an der Spitze.
Im Vergleich zu anderen Teilbranchen des Maschinenbaus sind Geschäftslage und -aussicht im Verpackungsbereich an der Spitze.

Ganz anders sieht es im Verpackungsmaschinenbau aus: „Uns geht es eigentlich ganz gut“, so Clemens. Einige Mitgliedsunternehmen berichten von vollen Auftragsbüchern bis Mitte 2026. Auch die Exportentwicklung zeige kontinuierlich nach oben. Laut VDMA-Statistik liegt der Exportrückgang bei Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen 2024 bei nur -1,8 % – was Clemens vor allem auf das sehr hohe Niveau der Zahlen von 2023 zurückführte. Für 2025 prognostiziert der Verband ein Plus von mindestens 3 %.

Globale Verschiebungen: Märkte im Wandel

Die Wachstumspotentiale sind weltweit gut, vor allem im Mittleren Osten.
Die Wachstumspotentiale sind weltweit gut, vor allem im Mittleren Osten.

Clemens betonte die sich verändernde Struktur der Absatzmärkte. Während Europas Anteil am Export kontinuierlich sinke (aktuell 42 %), gewinnen Regionen wie Asien, Afrika und Lateinamerika an Bedeutung. Besonders hob er Mexiko, Kolumbien und Indien hervor. Letzteres sei nach Jahren des Stillstands inzwischen ein echter „Boom-Markt“ geworden: „Ich hoffe, es ist kein Hype, sondern es bleibt so.“

Gleichzeitig mahnte Clemens zur realistischen Bewertung der Lage des Verpackungsmaschinenbaus: „Der Maschinenbau besteht aus sehr, sehr vielen einzelnen Untergruppen. Wenn in der FAZ steht, dem Maschinenbau gehe es schlecht, muss man genau hinschauen.“

Internationaler Wettbewerb: Chancen und Bedrohungen

Während der Abstand zwischen Deutschland und Italien im langfristigen Mittel etwa gleich blieb, holt China immer mehr auf.
Während der Abstand zwischen Deutschland und Italien im langfristigen Mittel etwa gleich blieb, holt China immer mehr auf.

Während die Emerging Markets den deutschen Verpackungsmaschinenbauern als Absatzmärkte durchaus Freude bereiten, erwächst auf der internationalen Bühne aber auch Konkurrenz: Als strategische Bedrohung nannte Clemens klar die Entwicklung in China. Während sich die Servicequalität chinesischer Anbieter derzeit laut Erfahrungsberichten noch auf niedrigem Niveau bewege – „Die bauen auf und sind weg“ –, warnte er: „Das wird sich ändern.“ Auch die Exportanteile deutscher und italienischer Hersteller seien in den letzten 15 Jahren von über 60 % auf unter 50 % zurückgegangen.

Die neue Wettbewerbsrealität fasste Clemens darum wie folgt zusammen: „Früher haben wir vor Italien gewarnt – heute vor China.“ Die Anmeldezahlen chinesischer Aussteller bei internationalen Leitmessen wie Interpack oder Drinktec belegen laut Clemens deutlich den globalen Expansionswillen.

Rückblick und Ausblick: Was wurde aus der Zukunftsstudie 2000?

Mit einem Rückgriff auf eine eigene VDMA-Studie aus dem Jahr 2000 zeigte Clemens, dass viele der damals empfohlenen Maßnahmen – etwa Modularisierung, Softwarekompetenz und Mechatronik – heute Standard seien: „Damals hieß es noch: Wir sind Sonderanlagenbauer, keine Softwarebude.“ Heute sei Softwarekompetenz ein Muss.

In der neuen Strategiestudie des VDMA in Kooperation mit Munich Strategy wurden nun neue strategische Themenfelder identifiziert:

  • Betreibermodelle
  • Neue Formen der Regionalität
  • Digitalisierung als Teil des Geschäftsmodells
  • Services und Dienstleistungen
  • Modularität
  • Applikationsverständnis

Zukunft gestalten: Vom Maschinenbauer zum Lösungsanbieter

Clemens plädierte dafür, die anstehenden, nötigen Transformationsprozess ernst zu nehmen und nicht zu unterschätzen: „Es geht nicht mehr nur um das Stückchen Edelstahl oder Blech.“ Vielmehr gehe es um den systemischen Ansatz: „Nicht die Maschine verkaufen, sondern das Gesamtsystem mit digitalen Dienstleistungen.“

Dazu gehöre auch die Fähigkeit, Prozessdaten zu analysieren und dem Kunden nutzerfreundlich zu präsentieren. „Erhebung von Daten ist einfach, Interpretation ist die Königsdisziplin.“ Der Fokus müsse auf Predictive Maintenance, Performance Monitoring und Mehrwert für den Kunden liegen. Zitat eines Mitglieds: „Wir müssen es hier ganz, ganz anders anpacken als in der Vergangenheit.“

Strategische Regionalisierung und Kooperation

Die preisliche Wettbewerbssituation ist das größte Risiko für deutsche Verpackungsmaschinenbauer.
Die preisliche Wettbewerbssituation ist das größte Risiko für deutsche Verpackungsmaschinenbauer.

Vor dem Hintergrund hoher Kosten in den USA, seien alternative Exportstrategien gefragt. Clemens berichtete von der Überlegung, regionalisierte Hubs aufzubauen – auch in Kooperation mit anderen Mittelständlern. Italienische Unternehmen hätten hier bereits erfolgreiche Modelle etabliert. „Mexiko wird strategisch interessant – die Zölle mit den USA sind hier bereits geklärt, das Lohnniveau ist moderat.“

Neue Modularität und Applikationsverständnis

Ein zentraler Punkt sei die neue Modularität. Es gehe weniger um modulare Bauweise im klassischen Sinn, sondern um die Fähigkeit, mit einer Maschine vielfältige Formate, Produkte und Verpackungen zu verarbeiten – Skalierbarkeit, Flexibilität, Komplexitätsreduktion. Clemens: „Nicht höher, schneller, weiter – sondern flexibler.“

In diesem Zusammenhang mahnte er: „Was ist eigentlich eure Wertschöpfung in der Verpackungsmaschine?“ Die Integration von verfahrenstechnischem Know-how, Kundenprozessverständnis und die Fähigkeit, Prozesse beim Kunden zu unterstützen, seien künftig entscheidend.

Vision und Appell

Am Ende seiner Keynote zeigte Clemens eine Vision, die im Mitgliederkreis des VDMA entwickelt wurde, und die die Frage beantworten soll: „Was ist unsere Kernkompetenz heute und was muss sie künftig sein – und was muss ich heute tun, damit ich diese Ziele in 10 Jahren auch erreicht habe?“

Sie lautet: „Aus Europa heraus stellen wir unseren Kunden weltweit flexible, modulare und gleichzeitig langlebige Produktionsabläufe bzw. Produktionskapazitäten zur Verfügung. Über die Flexibilität unserer Anlagen, digitale Dienstleistungen sowie umfassende Services differenzieren wir uns dabei vom Wettbewerb.“

Das abschließende Plädoyer von Richard Clemens fiel klar und positiv-emotional aus: „Es ist eine geile Branche, da steckt unwahrscheinlich viel Zukunftspotenzial drin. Und diesen Claim sollten wir verteidigen.“ Verpacken wir es an!