Graspapier ist Papier, bei dem ein Teil des Zellstoffs, der normalerweise aus Holz und Altpapier stammt, durch Gras ersetzt wird. Ein Papier aus 100 % Gras ist aktuell nicht möglich, verschiedene Quellen sprechen von einem Grasanteil von 30 bis 50 %. Als Rohstoff dient Grasschnitt, also das, was beim Mähen im Beutel des Rasenmähers landet. Dabei stammt das Gras häufig von ökologischen Ausgleichsflächen sowie Brachland und steht nicht in Konkurrenz zur Heuproduktion als Tierfutter.
Herstellung ohne zusätzliche chemische Behandlung
Um Papier aus Gras herzustellen, liefert beispielsweise das Unternehmen Creapaper Papierherstellern Graspellets, die diese dann für ihre Papierproduktion einsetzen können. Damit das Gras für Papier verwendet werden kann, wird es nach dem Mähen mechanisch aufbereitet, im Gegensatz zu Holz benötigt es keine zusätzliche chemische Behandlung. Denn Gras enthält weniger Lignin als Holz, weshalb Grasfasern nicht erst durch Säuren aufgeweicht werden müssen.
Die Grashalme werden luftgetrocknet, gereinigt und zerkleinert, bis sie eine Faserlänge von etwa einem Millimeter haben und im Anschluss zu Pellets gepresst. Die Pellets können dann dem Papierbrei in der Papierfabrik zugegeben werden, eine Umstellung der Maschinen ist dafür nach Angaben des Pelletherstellers nicht nötig. Das entstandene Graspapier hat dieselben Eigenschaften wie herkömmliches Papier und kann genauso verarbeitet und bedruckt werden.
Warum eigentlich Gras statt Holz?
Warum sollte das Holz im Papier denn nun, zunächst in Teilen, von Gras ersetzt werden? Dafür gibt es mehrere Gründe. Holz, welches in Deutschland zu Papier verarbeitet wird, stammt zu rund 80 % aus anderen Ländern. Die Bäume stehen teils in tropischen Regionen wie Brasilien, wo sie in Urwäldern abgeholzt werden. In manchen Regionen werden aufgrund des hohen Holzbedarfs außerdem schnell wachsende Baumarten in Monokulturen angebaut, die unter anderem die Böden schädigen.
Der nächste Punkt ist, dass die Papierherstellung aus Holz sehr ressourcenintensiv ist, es werden große Mengen Chemikalien und Wasser benötigt, um zunächst Zellstoff und dann Papier herzustellen. Weiterhin ist die Produktion energieintensiv: Um eine Tonne Papier aus frischen Holzfasern zu produzieren, wird so viel Energie benötigt wie für eine Tonne Stahl.
Der Einsatz von Altpapier senkt den Ressourcenverbrauch; etwa 70 % weniger Wasser und 60 % weniger Energie werden dann benötigt. Technisch möglich ist bisher ein Anteil von 80 % Altpapier im gesamten Papierkreislauf. Im Jahr 2016 wurden in Deutschland auch bereits 75 % des Papiers aus Altpapier hergestellt. Allerdings ist der Altpapieranteil der in Deutschland verbrauchten Produkte nicht so hoch wie der der produzierten Produkte. Deutschland exportiert über die Hälfte der Recyclingpapier-Produkte und importiert dafür Papier aus Frischfasern.
Gras ist in der Produktion weniger ressourcenintensiv als Holz. Das fängt schon beim Anbau an, es ist anspruchslos und wächst nach dem Mähen nach. Zudem wächst Gras im nahen Umland der Papierfabriken, benötigt also keine weiten Transportwege. Für eine Tonne Graspapier werden zwei Liter Wasser und 137 kWh Energie verbraucht, bei Papier aus Holzfasern sind es 6.000 Liter und 5.000 kWh.
Anwendungsbeispiele von Graspapier im Alltag
Damit die Papierproduktion weniger Ressourcen benötigt, kann ein Teil der Holzfasern durch Gras ersetzt werden. Denn Graspapier kann bei vielen Anwendungen herkömmliches Papier ersetzen, beispielsweise im Bürobedarf, bei Eierkartons oder Schalen für Obst und Gemüse. Einige Anbieter haben bereits Graspapier im Sortiment. Mondi bietet unter dem Namen IQ Grass+Packaging, ein Graspapier für Einkaufstaschen und Verpackungen an. Das Unternehmen Pohl-Scandia hat eine Produktserie von Versandverpackungen aus Grasfasern im Sortiment. In Stuttgart gibt es sogar eine Druckerei, die sich auf Graspapier spezialisiert hat, mit dem passenden Namen “Die Grasdruckerei”. Ratioform hat ebenfalls verschiedene Graspapiere im Angebot von Versandverpackungen bis zum Packpapier.
Nachhaltige Verpackungen: der große Überblick
Sie wollen alles zum Thema nachhaltige Verpackungen wissen? Klar ist, dass der Bedarf an nachhaltigen Verpackungen in den kommenden Jahren stark steigen wird. Aber das Thema ist komplex: Wann gilt denn überhaupt eine Verpackung als nachhaltig und welche Kriterien müssen dabei künftig erfüllt sein? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.
All diese Angebote würde es nicht ohne eine entsprechende Nachfrage geben. Dazu gehören global agierende Konzerne wie McDonald’s, der seine Burger mittlerweile in Graspapier verpackt und Coca-Cola, welcher das Material für die Etiketten des Eistees Honest-Tea nutzt. Außerdem verwenden Discounter wie Aldi und Lidl Graskarton für Schalen für Obst und Gemüse.
Graspapier ist schon jetzt in vielen Bereichen eine Alternative zu herkömmlichem Papier und Karton. Da der Bedarf für Karton durch den angestiegenen Online-Versandhandel steigt und viele Rohstoffe – unter anderem Holz – knapper und dadurch teurer werden, wären Alternativen sinnvoll. Beispielsweise Karton und Papier mit Grasanteil.
Welche Einschränkungen gibt es für Graspapier?
Obwohl Graspapier einige Vorteile bietet, gibt es auch bestimmte Einschränkungen im Bereich Verpackung. Hierzu zählen die folgenden Punkte:
- Feuchtigkeitsbeständigkeit: Im Vergleich zu herkömmlichem Papier hat Graspapier eine geringere Feuchtigkeitsbeständigkeit. Es kann leichter durch Feuchtigkeit oder Wasser beschädigt werden, was es für bestimmte Anwendungen, die eine hohe Feuchtigkeitsbeständigkeit erfordern, weniger geeignet macht.
- Barriereeigenschaften: Graspapier hat von Natur aus eine niedrigere Barrierefähigkeit gegenüber Sauerstoff und anderen Gasen sowie gegenüber Fett und Öl. Daher kann es für Verpackungen, die eine hohe Barrierefunktion erfordern, beispielsweise für Lebensmittel mit längerer Haltbarkeit oder für den Schutz vor Oxidation, weniger geeignet sein.
- Festigkeit: Die Festigkeit von Graspapier ist im Vergleich zu herkömmlichem Papier etwas geringer. Es kann weniger widerstandsfähig gegenüber mechanischer Beanspruchung sein, insbesondere bei dünnen oder leichten Anwendungen. Das kann die Verwendung von Graspapier in bestimmten Verpackungsanwendungen einschränken, bei denen eine hohe Festigkeit erforderlich ist.
- Verfügbarkeit und Kosten: Obwohl Graspapier eine umweltfreundliche Option ist, ist es derzeit noch nicht so weit verbreitet wie herkömmliches Papier. Die Verfügbarkeit von Grasfasern kann begrenzt sein, und die Produktionskosten für Graspapier können höher sein als für herkömmliches Papier. Dies kann den Einsatz von Graspapier in großem Umfang und zu wettbewerbsfähigen Preisen einschränken.
Gibt es Kritik am Einsatz von Graspapier?
Einige Kritiker bemängeln, dass der verstärkte Anbau von Gras zur Herstellung von Graspapier zu Konflikten mit der Landnutzung führen kann. Grasflächen für den Anbau von Papier können also Landflächen beanspruchen, die für die Nahrungsmittelproduktion oder den Schutz der Biodiversität genutzt werden könnten. Außerdem erfordert die Herstellung von Graspapier den Einsatz von Chemikalien und verbraucht Energie.