Praxisbeispiel für Sonderverpackungen aus China

Lianwang Xiang, Geschäftsführer von Weixian Kechuang Light Industrial Equipment Co. Ltd., weiß genau, wann in seinem Unternehmen die Highend-Bewegungssteuerung in den Mittelpunkt des Interesses rückte. Es war das Jahr 2017, als er in München eine Verpackungsmesse besuchte und plötzlich eine klare Vorstellung davon hatte, in welche Richtung er mit seinem Team gehen wollte. Erst sechs Jahre zuvor war Weixian Kechuang in der nordchinesischen Provinz Hebei als kleines Hightech-Unternehmen gegründet worden. Es sollte sich in der Folge zu einem Spezialisten für die Entwicklung unterschiedlicher Produktionsanlagen entwickeln, von Produktionslinien für abgefülltes Wasser bis zu Kartonverpackungsmaschinen.

Nach einer erfolgreichen Startphase stellte Lianwang Xiang fest, dass es seinem Unternehmen an Fokus mangelte, und er suchte eine Möglichkeit, die Firma entscheidend voranzubringen. Er fand sie in Form der Spezialisierung auf Innovationen im Bereich Sonderverpackungen – mithilfe der Antriebstechnik von Siemens.

Highend-Lösungen statt manuelles Verpacken

„In München habe ich viele neue Verpackungsmaschinen und innovative Konstruktionen gesehen, die sich deutlich von den Maschinen unterschieden, die wir damals in China eingesetzt haben“, erzählt Lianwang Xiang. Er erkannte, dass sich mithilfe der Highend-Antriebslösungen, die er gerade gesehen hatte, selbst komplizierte Aufgaben erfolgreich automatisieren ließen. „Die auf unserem Markt erhältlichen Standardmaschinen waren beispielsweise nicht in der Lage, Trennwände zwischen Flaschen in einen Karton einzusetzen, um Oberflächenkratzer zu verhindern. Also mussten diese speziellen Aufgaben in der Regel manuell ausgeführt werden. Deshalb haben wir begonnen, maßgeschneiderte Maschinen zu fertigen, die diese Vorgänge automatisieren können.“

Diese Entscheidung fiel in eine Zeit, in der Innovation und technologischer Fortschritt in kleinen und mittleren Unternehmen besonders staatlich gefördert wurden. Weixiang Kechuang stellte sich der Herausforderung und erhielt den Status eines SRDI-Unternehmens (für Specialized, Refined, Differential and Innovative – spezialisiert, weiterentwickelt, differenziell und innovativ) aufgrund seiner Ausrichtung auf innovative Lösungen für die Verpackung von unregelmäßig geformten Flaschen und der in China so beliebten Geschenkboxen.

Die Wahl des Partners macht den Unterschied

„Wir haben direkt nach unserer Rückkehr von der Messe in München mit der Arbeit daran begonnen und ein eigenes Forschungs- und Entwicklungsteam aufgebaut, um die komplette mechanische Konstruktion für unsere neuen Kartonverpackungs- und Palettiermaschinen zu entwickeln“, erinnert sich Lianwang Xiang. „Allerdings brauchten wir für die Softwarekomponenten einen internationalen Partner – und fanden ihn in Siemens.“

Diese Wahl lag nahe, denn auch bei den Neukonstruktionen hatte sich Lianwang Xiang für Siemens-Hardware entschieden, angefangen bei den PLC vom Typ Simatic S7-1511T zur Steuerung des mehrachsigen Aufbaus und der für die Maschinen notwendigen komplexen Kinematik bis hin zu den schnellen und präzisen Antrieben, die aus Sinamics-Frequenzumrichtern und entsprechenden Simotics-Servomotoren bestanden. „Wir haben im Grunde eine komplette Siemens-Lösung verwendet, weil uns Standardisierung und hohe Leistung sehr wichtig waren“, sagt Lianpeng Xiang, Leiter des Bereichs Verpackungsmaschinen bei Weixian Kechuang.

Genau das war die Herausforderung, die sich in den Jahren nach der Covid-19-Pandemie ergab. In dieser für die weltweite Logistik schwierigen Phase entschied sich Weixian Kechuang, lokal produzierte Antriebe eines anderen Herstellers in Kombination mit Siemens-Steuerungen einzusetzen. Diese provisorische Lösung erwies sich als praktikabel für den normalen Einsatz, war aber für Lianwang Xiang nicht befriedigend: „Bei niedrigen Geschwindigkeiten gab es keine Probleme, aber in Situationen mit großer Trägheit und hoher Geschwindigkeit verzögerte sich die Reaktion, und das führte zu Problemen. Mit einer reinen Siemens-Lösung erreichten unsere Kartonverpackungsmaschinen Geschwindigkeiten bis zu 30 Kartons pro Minute, aber in der Situation mit gemischten Marken sank der Ausstoß auf nur 20 oder 25. Das bedeutete, dass wir keine Spitzenleistung mehr garantieren konnten, und das wirkte sich auf das Kernkonzept unseres Geschäfts aus.“

Neubeginn mit Servo-Antriebssystem

Für dieses Problem gab es mit der Markteinführung des Sinamics S200 im Jahr 2023 eine Lösung. Dadurch dass die Umrichter in China produziert wurden und schnell lieferbar waren, konnte das Team von Weixian Kechuang seinen Kunden wieder die angefragten kurzen Projektlaufzeiten bieten. Und die Systeme ermöglichten eine Lösung für ein weiteres Problem, das bei gemischten Marken aufgetreten war, wie Jianjun Wang, Elektroingenieur bei Weixian Kechuang, erläutert: „Die Motorgeber, die wir früher eingesetzt hatten, waren Single-turn-Absolutwertgeber. Sie brauchten Batterien, die nur ein oder zwei Jahre hielten. Wenn die Batterie leer war, gingen die Positionsinformationen verloren und der Nullpunkt musste neu bestimmt werden. Das bedeutete in der Folge viel Arbeit bei der Maschinenwartung.“

Für die Absolutwertgeber aus dem Sinamics-S200-System werden keine zusätzlichen Batterien mehr benötigt, was die Betriebsrisiken und Wartungskosten reduziert. Vor allem aber bieten die Siemens-Umrichter nicht nur eine Geschwindigkeit und Genauigkeit, die die Kapazitätsanforderungen der Kunden erfüllt, sondern außerdem die entscheidende Leistungsreserve, mit der Weixian Kechuang die Kundenerwartungen übertreffen konnte.

Straffer Zeitplan, überzeugende Ergebnisse

Das System mit dem neuen Sinamics S200 wurde gleich auf die Probe gestellt, als Weixiang Kechuang im Februar 2024 einen Auftrag von einem großen chinesischen Online-Händler für Snacks erhielt. Die Aufgabe lautete, eine Maschine zu entwickeln, die zwölf Kartons mit Walnussmilch in eine Geschenkbox packen und dann sechs der Geschenkboxen in einen großen Versandkarton legen konnte. Dies musste in einem nahtlosen Prozess erfolgen, in dem etwa 9.000 Milchkartons pro Stunde verpackt werden konnten, auch wenn die Montage der Geschenkbox einige sehr knifflige Schritte erforderte, etwa das Einführen von Kartonlaschen in bestimmte Schlitze beim Verschließen der Box. Und als wäre dies nicht genug, hatte Weixiang Kechuang für die Konstruktion der neuen Maschine gerade einmal acht Wochen Zeit.

Siemens lieferte schnell die benötigten Umrichter und erstellte außerdem kundenspezifische Funktionsbausteine im TIA-Portal. Durch diese Zusammenarbeit konnten die Ingenieure bei Weixian Kechuang den mechanischen Konstruktionsprozess beschleunigen, die Frist einhalten und die gewünschte Leistung im Hochgeschwindigkeitsbetrieb der Maschine erzielen. „Mit der Hardware und dem technischen Support von Siemens verlief der gesamte Prozess vom Projektstart bis zur Inbetriebnahmephase absolut reibungslos“, so Xiaolong Sun, Maschinenbauingenieur bei Weixian Kechuang. Lianwang Xiang ergänzt: „Obwohl wir mit der Konstruktion bei null anfangen mussten, brauchten wir nur zwei Monate statt der üblichen zwölf Wochen, um eine Maschine zu liefern, die bis zu 20 Personen ersetzen konnte. Für unseren Kunden war es der erste Versuch, den Verpackungsprozess von Geschenkboxen zu automatisieren, und er war mit dem Ergebnis sehr zufrieden.“

Enge Zusammenarbeit für optimierte Leistung

Erfolgreiche Projekte wie dieses helfen bei der Akquisition neuer Aufträge, und so baut das Team von Weixian Kechuang derzeit seine Produktion aus. Die meisten Maschinen sind jedoch keine Duplikate früherer Entwicklungen. Stattdessen sind oft hochgradig kundenspezifische Lösungen gefordert. „Wir arbeiten zum Beispiel gerade an einem Roboterarm, bei dem elf verschiedene Achsen koordiniert werden müssen“, berichtet Lianpeng Xiang. „Dabei versuchen wir in intensiven Gesprächen mit den Siemens-Experten herauszufinden, wie wir die Leistung des Roboterarms optimieren können. Unser Entwicklungsziel lautet: auch dann die höchste Produktionskapazität und -stabilität zu liefern, wenn der Kunde sie gerade nicht benötigt. Aber mit der höheren Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit werden wir in der Lage sein, auch den künftigen Anforderungen des Kunden gerecht zu werden.“ Ein gutes Beispiel für diese Philosophie ist ein neu entwickelter Palettierer, der derzeit im Verpackungsmaschinen-Bereich von Weixian Kechuang gebaut wird.

Der Kunde, ein Pharmahersteller aus Kaifeng, Provinz Henan, forderte einen Produktionszyklus von vier Sekunden und Prozessstabilität bei hohen Geschwindigkeiten. Die Ingenieure von Weixian Kechuang hatten dies bereits in der Vergangenheit mit ihrem System aus unterschiedlichen Marken realisiert, waren aber mit der Leistung nicht zufrieden. Also implementierten sie eine reine Siemens-Lösung und sahen sofort Ergebnisse: Das Sinamics-S200-System schnitt bei den Tests hervorragend ab und erreichte einen stabilen Produktionszyklus von drei Sekunden. Doch war dies längst nicht alles, wie sich Maohong Lu, Technical Sales Specialist bei Siemens, erinnert: „Nach der Testphase haben wir in intensiver Zusammenarbeit mit den Ingenieuren von Weixian Kechuang die mechanische Konstruktion verbessert. Unser gemeinsames Debugging war so erfolgreich, dass der neue Palettierer mit den optimal kalibrierten Umrichtern jetzt einen Zyklus von 2,5 Sekunden erreicht.“

Interview über Robotik-Trends im Verpackungsprozess

Markt

“Es geht darum, Insellösungen aufzubrechen“

Auf den Verpackungstagen, die Sick und Siemens gemeinsam am 01. und 02. Juli 2025 veranstalteten, standen Automatisierung und Robotik im Fokus. neue verpackung war vor Ort und hatte Gelegenheit zum Interview mit einem der Referenten, Christian Gehrhardt, Leiter Business Development Robotics and Flexible Conveyance bei Siemens.Erfahren Sie hier mehr

Weltweiter Auftritt mit neuer Marke

Um seinen Highend-Ansatz noch sichtbarer zu machen, hat Weixian Kechuang in diesem Jahr begonnen, alle seine Maschinen für Sonderverpackungen unter dem neuen Markennamen Ipaik zu vermarkten. Damit wird auch signalisiert, dass das Unternehmen neue Märkte im Ausland ins Visier nimmt: „Wir wollen global agieren und mit unseren Maschinen Kunden in den verschiedensten Branchen erreichen, zum Beispiel in der Branche für Alltagschemikalien“, erklärt Lianwang Xiang. „Wir haben festgestellt, dass der Markt für Sonderverpackungen sogar noch größer ist, als wir dachten. Und solange wir konsequent auf Innovation setzen und mit Partnern wie Siemens Highend-Lösungen entwickeln, werden wir uns immer erfolgreich von der Konkurrenz abheben können.“