Matt Sieverding auf der Packaging Machinery Conference 2025
"Die USA bleiben unser wichtigster Markt“
Auf der Packaging Machinery Conference sprach Matt Sieverding, CEO der Kiefel GmbH, über die strategische Bedeutung der Vereinigten Staaten für den Verpackungsmaschinenbau. Sein Fazit: Wer sich langfristig engagiert, wird belohnt – trotz politischer Unsicherheiten und wachsendem Wettbewerbsdruck.
Die Vereinigten Staaten sind für die Kiefel GmbH, ein Unternehmen der Brückner Group, seit Jahren der wichtigste Einzelmarkt. In manchen Jahren erwirtschaftet das Unternehmen dort bis zu 60 % seines Gesamtumsatzes. „Die USA sind für uns klar die Nummer eins“, betonte Sieverding in seinem Vortrag. Kiefel mit Sitz in Freilassing ist spezialisiert auf Polymer- und Faserverpackungen, Medizintechnik sowie Thermoformen und beschäftigt weltweit rund 900 Mitarbeitende.
Demografie, Konsum und Unternehmergeist als Wachstumstreiber
Die USA bieten aus Sicht des Maschinenbauers gleich mehrere strukturelle Vorteile: eine wachsende Bevölkerung, eine konsumfreudige Gesellschaft und ein unternehmerfreundliches Klima. Seit dem Jahr 2000 ist die US-Bevölkerung von 282 auf rund 340 Mio. Menschen gestiegen – ein Zuwachs von fast 60 Mio. Neben einer stabilen Geburtenrate ist vor allem die hohe Immigration ein Treiber. „Allein im letzten Jahr sind 2,5 Mio. Menschen zugewandert“, so Sieverding. Hinzu kommt: Die US-Wirtschaft ist zu 70 % konsumgetrieben – deutlich mehr als etwa in China, wo die Sparquote dominiert.
Diese Konsumfreude wirkt sich direkt auf die Nachfrage nach Verpackungslösungen aus. Während in vielen Märkten das Verpackungsvolumen stagniert oder rückläufig ist, bietet der US-Markt weiterhin Wachstumspotenzial, vor allem für Unternehmen, die bereit sind, sich vor Ort zu engagieren.
Investitionen als Vertrauensbeweis
Kiefel ist seit über 30 Jahren in den USA aktiv. Der jüngste Meilenstein: ein neues Headquarter in New Hampshire, nördlich von Boston. „Wir haben über 30 Mio. Dollar investiert, die Fläche verdreifacht und die Mitarbeiterzahl verdoppelt“, berichtet Sieverding. Besonders bemerkenswert: Die Zahl der Kundenbesuche stieg von zwei pro Jahr auf zweieinhalb pro Woche. „Das zeigt, wie wichtig es ist, Präsenz zu zeigen. Wer investiert, wird ernst genommen.“
Das neue Technologiezentrum bietet Raum für Vorführungen, Kundenentwicklungen und Veranstaltungen. „Wir können dort innerhalb kürzester Zeit 200 Gäste empfangen – das ist ein echter Wettbewerbsvorteil.“ Die Investition sei nicht nur ein Bekenntnis zum Markt, sondern auch ein Signal an die Kunden: „Wir bleiben – auch wenn der Dollar schwankt oder sich die politische Lage ändert.“
China als ernstzunehmender Wettbewerber
Ein zentrales Thema des Vortrags war der zunehmende Wettbewerbsdruck aus China. „Die Qualität chinesischer Maschinen hat sich in den letzten Jahren massiv verbessert“, räumte Sieverding ein. „Früher konnte man sie auf 50 m Entfernung erkennen – heute sind sie technisch und optisch auf Augenhöhe.“ Gleichzeitig seien die Preise gesunken, was den Druck auf europäische Anbieter erhöht. Besonders im Bereich Kunststoffmaschinen sei China inzwischen führend – mit wachsender Exportquote und klarer Internationalisierungsstrategie.
Zölle: Ärgerlich, aber verkraftbar
Die jüngsten US-Zölle auf Maschinenimporte, aktuell 20 %, wirken sich laut Sieverding weniger dramatisch aus als befürchtet. „Der Maschinenanteil an den Produktkosten liegt oft nur bei fünf bis acht %. Selbst bei 20 % Zoll steigen die Gesamtkosten nur um ein bis zwei %.“ Schwerer wiege die Unsicherheit: „Wenn keiner weiß, ob die Zölle morgen wieder verschwinden, hemmt das Investitionen.“ Gleichzeitig profitieren US-Kunden von den Zöllen auf asiatische Produkte, die deren Preise um bis zu 145 %, so für China, steigen lassen. „Das erhöht die Wettbewerbsfähigkeit unserer Kunden – viele begrüßen die Zölle sogar.“
Lokale Fertigung? Nur begrenzt möglich
Auf die Frage, ob es sinnvoll sei, Maschinen in den USA zu fertigen, antwortete Sieverding differenziert. Zwar sei die Idee aus Zollgründen nachvollziehbar, doch es fehle an Zulieferern und Fachkräften. „Viele Drehereien und Gießereien haben sich auf die Rüstungsindustrie spezialisiert – da spielt der Preis keine Rolle.“ Hinzu komme ein massiver Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. „Die USA haben jahrzehntelang auf College-Ausbildung gesetzt und das Handwerk vernachlässigt. Heute fehlen die Leute.“
Zwar könnten deutsche Unternehmen durch eigene Ausbildungsinitiativen gegensteuern, doch das sei aufwendig – und die Konkurrenz um gut ausgebildete Fachkräfte groß. „Wer bei uns in der Ausbildung ist, bekommt oft schon im zweiten Lehrjahr Angebote von außen – mit deutlich höheren Gehältern.“
Ein Markt mit unternehmerischem Geist
Trotz aller Herausforderungen bleibt Sieverding optimistisch. „Die USA haben Platz, Rohstoffe, Innovationsgeist – und eine Kultur, die Scheitern nicht stigmatisiert.“ Auch politische Turbulenzen wie neue Zölle oder ein möglicher Regierungswechsel könnten daran nichts ändern. „Die Amerikaner probieren alles aus – und machen am Ende doch das Richtige“, zitierte er augenzwinkernd Winston Churchill.
Sein Fazit: „Wer sich auf den US-Markt einlässt, ihn ernst nimmt und bereit ist zu investieren, wird belohnt. Ich würde jederzeit wieder investieren.“