Bedeutung, Ziele und Auswirkungen der neuen Normen aus China

GB-Standards: Chinas Spielregeln für den globalen Verpackungsmarkt

Die GB-Standards reguliert China künftig den Zugang zum eigenen Binnenmarkt.
Die GB-Standards reguliert China künftig den Zugang zum eigenen Binnenmarkt.

Die neuen GB-Standards der Volksrepublik China sind mehr als technische Vorgaben – sie sind ein strategisches Signal. Ein Überblick über Ziele, Inhalte und die konkreten Auswirkungen auf die Verpackungsindustrie.

Die Einhaltung der relevanten GB-Standards ist künftig entscheidend für den Marktzugang in China. Produkte, die den GB-Standards nicht entsprechen, können vom Markt ausgeschlossen oder beschlagnahmt werden. Dies kann zu erheblichen finanziellen Verlusten und Imageschäden für Unternehmen führen.

Was genau sind die GB-Standards?

Die sogenannten GB-Standards („Guobiao“, 国家标准) sind nationale Normen der Volksrepublik China, die technische Anforderungen, Prüfmethoden, Sicherheitsvorgaben und Kennzeichnungsrichtlinien für Produkte und Dienstleistungen festlegen. Sie unterteilen sich in:

  • GB (Mandatory): Verbindliche Standards, deren Einhaltung gesetzlich vorgeschrieben ist.
  • GB/T (Recommended): Empfohlene Standards, die jedoch in der Praxis oft als de facto verpflichtend gelten.

Diese Standards decken nahezu alle Industriezweige ab – von Maschinenbau über Lebensmittel bis hin zu Verpackungen.

Welche Ziele verfolgt China mit den GB-Standards?

Die chinesische Regierung verfolgt mit den GB-Standards mehrere strategische Ziele:

  1. Produktsicherheit und Verbraucherschutz: Einheitliche Anforderungen sollen die Qualität und Sicherheit von Produkten gewährleisten.
  2. Marktregulierung: Die Standards dienen als Instrument zur Kontrolle des Binnenmarkts und zur Abwehr minderwertiger Importprodukte.
  3. Technologische Souveränität: Durch eigene Normen will China internationale Abhängigkeiten reduzieren.
  4. Förderung der Digitalisierung: Neue Standards beinhalten zunehmend Anforderungen an digitale Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit.

Aktuelle Entwicklungen: GB 7718-2025

Ein aktuelles Beispiel ist der Standard GB 7718-2025, der am 27. März 2025 veröffentlicht wurde und am 16. März 2027 in Kraft tritt. Er betrifft die Kennzeichnung von vorverpackten Lebensmitteln, hat aber auch Auswirkungen auf Verpackungstechnologien und -materialien.

Hierzu zählen:

  • Pflicht zur Allergenkennzeichnung
  • Verbot irreführender Begriffe wie „nicht hinzugefügt“
  • Einführung digitaler Etiketten
  • Klar definierte Angaben zu Produktions- und Haltbarkeitsdaten
  • Erweiterte Anforderungen an Inhaltsstoffangaben

Relevanz für die Verpackungsindustrie

Die GB-Standards wirken sich auf die Verpackungsindustrie gleich in mehrfacher Hinsicht aus:

  1. Technologische Anpassung: Verpackungsmaschinen müssen künftig in der Lage sein, digitale Etiketten zu erzeugen und variable Datenformate (z. B. QR-Codes, RFID) zu verarbeiten. Das betrifft insbesondere Etikettier-, Codier- und Inspektionssysteme.
  2. Materialanforderungen: Neue Standards können spezifische Anforderungen an Verpackungsmaterialien stellen – etwa in Bezug auf Migration, Recyclingfähigkeit oder Barriereeigenschaften. Hersteller von Packmitteln müssen ihre Produkte entsprechend anpassen.
  3. Dokumentation und Rückverfolgbarkeit: Die Anforderungen an Produktkennzeichnung und Rückverfolgbarkeit steigen. Maschinen und Softwarelösungen müssen in der Lage sein, Produktionsdaten zu erfassen, zu speichern und zu exportieren – oft in standardisierten Formaten.
  4. Marktzugang und Zertifizierung: Für den Export nach China wird die Einhaltung der GB-Standards zur Voraussetzung. Unternehmen müssen ihre Maschinen und Verpackungen ggf. zertifizieren lassen oder technische Nachweise erbringen.

Chancen und Herausforderungen für den deutschen Maschinenbau

Die neuen Spielregeln aus China sind – wie bei allen Regularien – erst einmal mit zusätzlicher Arbeit verbunden. Wer schnell adaptiert und sich einen Vorsprung sichert, kann aber auch durchaus profitieren.

Chancen:

  • Technologievorsprung nutzen: Deutsche Hersteller können mit innovativen Lösungen für digitale Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit punkten.
  • Wettbewerbsvorteil durch Compliance: Wer frühzeitig GB-konforme Maschinen anbietet, sichert sich Marktanteile.

Herausforderungen:

  • Hoher Anpassungsaufwand: Die Implementierung neuer Standards erfordert Investitionen in Entwicklung, Schulung und Zertifizierung.
  • Regulatorische Unsicherheit: Änderungen erfolgen oft kurzfristig und mit begrenzter Übergangsfrist.

Fazit

Die GB-Standards sind mehr als nur technische Normen; sie sind vielmehr ein strategisches Instrument der chinesischen Industriepolitik. Für die Verpackungsindustrie und den exportorientierten deutschen Maschinenbau bedeutet das: Wer in China erfolgreich sein will, muss die GB-Standards verstehen, umsetzen – und als Innovationschance begreifen.

Praxisbeispiel für die Auswirkungen der GB-Standards

Ausgangssituation

Ein deutscher Hersteller von Fruchtsäften möchte seine Produkte nach China exportieren. Bisher wurden Etiketten mit klassischen Nährwerttabellen und Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) aufgebracht.

Auswirkungen des GB 7718-2025

1. Erweiterte Kennzeichnungspflichten
• Allergenkennzeichnung: Muss nun optisch hervorgehoben (z. B. fett oder farbig) auf dem Etikett erscheinen.
• Verbot irreführender oder unwissenschaftlicher Begriffe.
• Produktionsdatum & Haltbarkeit: Müssen in einem einheitlichen Format angegeben werden, z. B. „YYYY-MM-DD“.
• Zutatenliste: Muss vollständig und in absteigender Reihenfolge nach Gewicht angegeben werden – inklusive Zusatzstoffe mit Funktionsbezeichnung.

2. Einführung digitaler Etiketten
• Die Verpackung muss einen QR-Code enthalten, der auf eine digitale Produktseite verweist. Diese enthält:
• Herkunft der Rohstoffe
• Produktionscharge
• Nährwertangaben
• Recyclinghinweise

3. Technologische Anpassungen an der Linie
• Die Etikettiermaschine ggf. muss umgerüstet werden, um:
• QR-Codes dynamisch zu drucken
• variable Daten wie Produktionszeit und Chargennummer inline zu integrieren
• Drucksysteme (z. B. Inkjet oder Thermotransfer) müssen mit der Software zur Rückverfolgbarkeit verknüpft werden.
• Qualitätskontrolle: Kamerasysteme prüfen, ob alle Pflichtangaben korrekt und lesbar sind.

4. Dokumentation & Compliance
• Der Hersteller muss eine technische Dokumentation vorhalten, die die Einhaltung des GB 7718-2025 nachweist.
• Bei der Einfuhr nach China kann eine Inspektion durch chinesische Behörden erfolgen – inklusive Prüfung der Etiketten und digitalen Inhalte.

Fazit

Die Umsetzung des GB 7718-2025 erfordert mehr als nur ein neues Etikett – sie betrifft die gesamte Verpackungslinie, von der Software über die Drucktechnik bis zur Qualitätssicherung. Für deutsche Maschinenbauer ergibt sich daraus ein klarer Auftrag: Lösungen anzubieten, die GB-konforme Verpackungen ermöglichen – flexibel, automatisiert und rückverfolgbar.