Nachbericht: Barriere-Verbundfolien – Der Expertentreff 2025
Minimalverpackungen sind die Zukunft
Die Fachtagung Barriere-Verbundfolien in der SKZ-Modellfabrik Würzburg bot am 01./02. Juli 2025 einen Einblick in aktuelle Entwicklungen und Trends. Im Mittelpunkt standen neue Materiallösungen und Herstellungsverfahren von Monomaterialien.
Die Veranstaltung bot Impulse zu aktuellen Trends in der Folienextrusion sowie nachhaltige Verpackungskonzepte mit Polyolefin-Folien. Die zweitägige Veranstaltung bot zudem die Möglichkeit zum Austausch mit Experten der Verpackungsbranche. Im Folgenden finden Sie eine Auswahl der Highlights des von Karsten Schröder moderierten Expertentreffs.
PPWR und ihre Auswirkungen auf Barriereverpackungen
Dr. Thomas Gröner von TG Pack Solutions beleuchtete in seiner Präsentation die kommende EU-Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR) und deren tiefgreifende Folgen für die Verpackungsindustrie.
Die PPWR ist Teil des European Green Deals mit dem Ziel, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Die Verordnung trat am 22. Januar 2025 in Kraft und gilt ab dem 12. August 2026 verbindlich in allen EU-Mitgliedsstaaten. Zentrale Anforderungen betreffen die Recyclingfähigkeit, Mindestrezyklatanteile, Materialeinschränkungen und Designkriterien.
Zunächst ging Gröner auf die Verantwortung von Erzeuger und Hersteller ein. Der Erzeuger fertigt die Verpackung und ist für deren Konformität verantwortlich, während der Hersteller verpackte Produkte auf den Markt bringt und gegenüber den Behörden verantwortlich ist. Zentrale Herausforderungen ergeben sich durch die generelle Anforderung an die Recyclingfähigkeit von Verpackungen. Ab 2030 müssen alle Verpackungen mindestens zu 70 % recyclingfähig sein, wobei drei Recyclingklassen (A: 95 %, B: 80 %, C: 70 %) eingeführt werden. Ab 2038 dürfen nur noch Verpackungen der Klassen A und B in Verkehr gebracht werden.
Einwegkunststoffverpackungen für bestimmte Anwendungen (beispielsweise Obst, Horeca, Hotels) werden ab 2030 verboten. Verpackungen müssen zukünftig gekennzeichnet sein (Materialart, Wiederverwendbarkeit, Kompostierbarkeit). Für Kunststoffverpackungen werden verpflichtende Rezyklat Anteile eingeführt (beispielsweise 30 % bei Einwegflaschen ab 2030). Auch der Einsatz biobasierter Kunststoffe und die Begrenzung als schädlich eingestufter Stoffe wie PFAS werden geregelt.
Die PPWR schafft damit neue Herausforderungen, aber auch Chancen für Innovationen im Verpackungsdesign. Sie verlangt technische Anpassungen, neue Materialien sowie Transparenz entlang der Lieferkette und stellt insbesondere hohe Anforderungen an Barriereverpackungen, die künftig recyclingfreundlich und konform sein müssen.
Recyclingfähigkeit beschichteter Papierverpackungen
Marco Schmidt von Bobst Meerbusch präsentierte in seinem Vortrag „Wet and vacuum coating of paper for highly functional & recyclable flexible packaging“ das Bobst Onebarrier-Konzept. Es behandelt eine nachhaltige Lösung für flexible Verpackungen auf Papierbasis mit hoher Barrierewirkung und basiert auf drei Säulen:
- Monomaterialien (PP/PE),
- bio-basierte/kompostierbare Kunststoffe
- und faserbasierte Materialien (Papier).
Papier, das naturgemäß eine geringe Barrierewirkung gegen Sauerstoff (OTR > 400.000 cm³/(m²·d)) und Wasserdampf aufweist, erhält durch die Kombination von Primer und Barriereschichten wie AlOX beziehungsweise AluBond (Metallisierung), ergänzt durch ein Heat-Seal-Coating, eine effektive Sauerstoff- und Wasserdampfsperre. Sie kann metallisierte Polyester- und sogar Aluminiumfolienstrukturen ersetzen und erreicht OTR-Werte von ≤ 0,1 cm³/(m²·d) und WVTR-Werte unter 1 g/(m²·d), bei gleichzeitig hoher mechanischer Beständigkeit. Das Barrierematerial ist recyclingfähig gemäß CEPI, Aticelca und PTS-Normen und erreicht bis zu 95 % Wiederverwertbarkeit. Die verwendeten Materialien sind kompatibel mit existierenden Papier-Recyclingströmen. Durch zusätzliche Schichten wie Heat-Seal oder OPV kann die Barriere auch unter hoher Luftfeuchtigkeit stabilisiert werden. Anwendungsbeispiele sind Verpackungen für Lebensmittel und Haushaltsprodukte, die recyclinggerecht und zugleich funktional sind.
In ihrem gemeinsamen Vortrag zeigten Thomas Lunz, Mondi Functional Paper & Films, und Marissa Schwinn, Traceless Materials, welche Möglichkeiten recyclingfähige Barrierepapiere heute bereits bieten und was als Perspektive zu erwarten ist.
Mondi verfügt über alle relevanten Technologien, von Extrusions- und Dispersionsbeschichtungen bis zur Metallisierung, um funktionale, mechanisch belastbare Barrierepapiere herzustellen. Diese bieten bruchsichere Alternativen zu Aluminiumverbunden und sind – je nach Region – im Papier- oder Leichtverpackungsstrom recyclingfähig.
Die Materialien von Traceless Materials sind Biomaterialien, die aus pflanzlichen Reststoffen der Agrarindustrie gewonnen werden. Sie sind heimkompostierbar, biozirkulär und weisen eine negative CO₂-Bilanz auf. Da die verwendeten Biopolymere nicht chemisch modifiziert sind, gelten die Materialien als plastikfrei und sind entsprechend zertifiziert.
In Zusammenarbeit mit Mondi wird eine Papierbeschichtung entwickelt, die Wasserdampf- und Sauerstoffbarrieren sowie Heißsiegelfähigkeit bietet – ohne den Papierrecyclingprozess zu beeinträchtigen. Mit seinen Eigenschaften stellt die traceless-Beschichtung eine neue Generation der ganzheitlichen nachhaltigen Papierbeschichtungen dar.
Bakterien als Sauerstoffabsorber
Andreas Dietrich, Weber Food Technology befasste sich in seiner Präsentation mit dem Einsatz natürlicher Bakterienkulturen, speziell Bactoferm Rubis als biologischer Sauerstoffabsorber für in Mono-PET verpackte Wurstwaren. Er zeigte zunächst auf, wie Sauerstoff trotz moderner Verpackungstechnik in die Verpackung gelangt. Dies geschieht über den Verpackungsprozess selbst, aus dem Produkt (gebundener Sauerstoff) oder durch die Verpackungsfolie (Barriereverlust) hindurch. Gerade recyclingfähige Mono-Materialien wie Mono-PET haben oft eine unzureichende Barriere gegenüber Sauerstoff. Die Folge ist ein steigender Sauerstoffgehalt in der Packung was zur Farbveränderung der Produkte und schnellerem Verderb führen kann.
Ziel des Einsatzes natürlicher Bakterienkulturen ist die Vermeidung von Vergrauung und Qualitätseinbußen durch Photooxidation, verursacht durch Rest- oder eindringenden Sauerstoff in Verbindung mit Licht, insbesondere bei lichtempfindlichen Produkten wie Brühwurst oder Kochschinken.
Bactoferm Rubis ist ein spezielles Milchsäurebakterium, das Sauerstoff auf natürliche Weise bindet, ohne Säurebildung oder sensorische Beeinträchtigung des Produkts. Der gezielte Auftrag per Sprühsystem ermöglicht eine effiziente und hygienische Integration in bestehende Produktionsprozesse. Vergleichstests zeigten deutlich, dass behandelte Produkte länger farbstabil und frisch bleiben – selbst in lichtdurchfluteten Supermarktregalen.
Die Anwendung unterstützt Clean-Label-Ziele, da auf chemische Absorber oder Zusatzstoffe verzichtet werden kann. Für die Deklaration genügt die Angabe als „Kultur“ oder „natürliche Kultur“. Damit bietet die Technologie eine nachhaltige, verbraucherfreundliche Alternative zur klassischen Barrierefolie und leistet gleichzeitig einen Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung und Ressourcenschonung.
Fazit
Karsten Schröder schloss die Fachtagung mit einer Zusammenfassung aller Vorträge. Es sei an der Zeit, bei Verpackungen materialunabhängig zu denken. Je nachdem, für welche Anwendung ein Verpackungsmaterial besser geeignet ist, kann dies Papier sein, für eine andere Anwendung hingegen (Verbund-)Folie oder möglicherweise auch Biomaterial. Es gelte, das jeweils am besten geeignete Material einzusetzen und nicht ideologisch in eine Richtung zu denken. Das fordere die PPWR und der große Slogan darüber heiße Minimieren.
In ihrer Kompaktheit zeigte die Fachtagung, Minimalverpackungen sind kein Trend, sondern die Zukunft. Innovation, Austausch und Zusammenarbeit treiben nachhaltige Lösungen voran und gestalten die Verpackungswelt von morgen.